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Der Mann von Anti

Der Mann von Anti

Titel: Der Mann von Anti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ekkehard Redlin (Hrsg)
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schrecklicher Anblick. Vier Menschen, zwei Frauen und zwei Männer, lagen regungslos auf dem Boden.
Noch im Laufen bereiteten die Äskulaps ihre Geräte vor, Meßfühler, Tastsonden, Medizinpulsatoren, noch im Niederknien setzten sie die Instrumente an. In solchen Augenblicken zahlte sich das Training aus.
Nur der Menschenkundler stand, stand mit verschränkten Armen, und neben ihm fummelte der Instrumenten-Assi in der Bereitschaftstasche. Bereit sein und nicht dürfen, dachte er, was für ein Zustand. Da lagen vier Menschen. Hilflos. Vielleicht schon ohne Atem, vielleicht gar…
Der Klärer, der sich im Suggestivblick das Bild des Raumes einprägen wollte, schob die beiden unwillig beiseite. Erst als er sich das lebendige Bild fest ins Gehirn geprägt hatte, ließ er sich vom Instrumenten-Assi eine Magnetomera geben und zeichnete Raumbild und -ton auf.
Längst hatte er angefangen, seine Gedanken zu sortieren und die Eindrücke zu kombinieren. Warum lagen die vier am Boden? Warum nicht auf den bequemen Rundumbänken? Wer eine Intimklause aufsucht, legt sich doch nicht auf den Boden! Überhaupt waren die Rundumbänke völlig unbenutzt. Keine Eindrücke in den Polstern. Der Raum war aufgeräumt und gesäubert, wie man ihn vorfindet, nachdem er von anderen verlassen wurde. Oder wollten die vier vielleicht gerade aufbrechen? Dem widersprachen die Sessel, die rund um den Tisch gerückt waren.
Der Klärer klappte den Abfallsauger auf. Leer, wie vermutet; nicht einmal eingeschaltet. Also hatte die Begegnung, das Treffen, oder was die vier auch immer vorhatten, gerade erst angefangen.
Dann traten ihm fast die Augen aus dem Kopf. Auf dem Tisch lag… Er ließ sich vom Instrumenten-Assi eine Lupe geben. Der Struktur nach waren das Krümel von etwas Gebackenem. Brot oder ähnliches. Aber der Geruch! Jetzt, wo er seine Nase dicht darüber hatte, spürte er ihn intensiv. Wie Schokolade. Er erinnerte sich, daß ihn dieser Geruch schon beim Betreten der Klause irgendwie gestört hatte. Er winkte dem Instrumenten-Assi. Der saugte die bräunlichen Krümel mitsamt der Schokoladenluft in ein Vakuröhrchen.
Jetzt war auch der Klärer tätigkeitslos. Er stand herum wie der Menschenkundler und der Instrumenten-Assi, und sie blickten erwartungsvoll auf die Äskulaps.
Aber die hatten noch zu tun.
Zur Zeit tauschten sie ihre Meinungen untereinander aus, wobei sie sich der Äskulapsprache bedienten. Kauderwelsch nannte es der Klärer, und der Menschenkundler meditierte über die jahrtausendealten Riten der Medizinmänner. Bis es dem Klärer zuviel wurde. Hier lagen vier Menschen in Lebensgefahr, und die Heilfritzen nuschelten sich untereinander aus!
»Was ist denn nun?« rief er.
Endlich bequemte sich der turnushabende Äskulap. Er begann mit einem bedeutungsschweren Zucken der Achseln. Dann rückte er seine randlose Brille zurecht. Hernach hörte er aufmerksam seinem Räuspern nach.
»Mirakulös!« sagte er schließlich und ließ das Wort schwingen. »Absolut mirakulös! Akutmomentaner Spannkraftverlust. Ohne direkte Gefahr indes, total, chronisch oder agonistisch zu werden. Nach Blutbahntest A-4-88 verstärkte Blutzufuhr via Magen. Vermutlich dadurch bedingt: Blutabzug vom Hirn. Testfühler ermittelt Schwellungen in Bauchlage.«
»Aha!« sagte der Klärer, dem sofort die braunen Kügelchen einfielen. »Krümel analysieren lassen – mit dem Maßstab der Molekülgenauigkeit«, sagte er zum Instrumenten-Assi. Er zögerte. »Vielleicht eine Vergiftung?«
Die Äskulaps schüttelten den Kopf, nahezu synchron.
»Wir werden sie ins Regenerationshaus schaffen«, sagte der Turnushabende. »Jemand«, und er rückte an der randlosen Brille, »müßte vier Luftkissen zum Transport anfordern.«
»Schon geschehen«, meldete sich der Menschenkundler. »Es gehört zwar nicht zu meinem Aufgabengebiet, aber mir war langweilig. Sie müssen gleich hier sein.«
»Bitte«, sagte der Turnushabende zum Klärer gewandt. »Bitte, jetzt dürfen Sie!«
»Danke!« Der Klärer trat auf die vier immer noch am Boden liegenden Personen zu und entnahm von deren Armbandinformatoren die Identitätskoordinaten. Man sah ihm interessiert zu, denn man stand herum. Gefahr für das Leben der vier Bewußtlosen bestand nicht, die Äskulaps hatten das eindeutig festgestellt. Es war das einzige brauchbare Ergebnis ihrer Untersuchung. Eine Schande für alle Denkenden und Fühlenden, dachte der Klärer und sagte gedämpft: »Ganz schöne Blamage mit euch…«
»Ein Äskulap ist auch nur

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