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Der Mann von Nebenan

Der Mann von Nebenan

Titel: Der Mann von Nebenan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelie Fried
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daß sie ihre Werk statt abreißen sollte. Als sie sich einigermaßen gefaßt hatte, rief sie Olga an.
    »Fax mir den Wisch rüber«, forderte sie Kate auf.
    »Ich habe kein Fax.«
    »Es gibt doch ein Postamt in deinem famosen Dorf, versuch’s da.«
    Kate gehorchte. Wenig später hatte sie Olga erneut an der Strippe.
    »Also, wie ich das verstehe, ist der Schuppen auf deinem Grund ein Schwarzbau, der zum Teil auf dem Grund von Mattuschek steht. Vielleicht hängt auch nur das Dach über, das macht keinen Unterschied. Offenbar gibt es irgendeine Vereinbarung zwischen ihm und dem Vorbesitzer, also Nellis, daß dieser Zustand von ihm geduldet wird. Tja, und nun zieht er diese Duldung zurück.«
    »Davon hat mir Nellis kein Wort gesagt«, wunderte sich Kate.
    »Muß er ja auch nicht; das steht alles im Grundbuch und im Kaufvertrag. Hast du den Kram denn nicht gelesen?«
    »Nicht so richtig. Ich verstehe dieses Juristenkauderwelsch ja sowieso nicht.«
    »Du hättest mich vielleicht mal ein bißchen früher zu Rate ziehen sollen«, rügte Olga.
    »Muß ich wirklich meine Werkstatt abreißen?« fragte Kate.
    »Keine Angst, so schnell schießen die Preußen nicht. Ich brauche erst mal alles, was es an Papierkram dazu gibt.«
    »Ich habe eine ganze Kiste davon.«
    »Schick sie mir. Oder, noch besser, bring sie vorbei.«
     
    »Was für ein Chaos!« stöhnte Olga.
    Sie saßen zusammen in ihrer Wohnung und versuchten, den Wust aus Papieren zu ordnen, den Nellis hinterlassen hatte. Die Unterlagen reichten zurück bis ins Baujahr des Hauses, 1932. Kate studierte die alten Stempel, verblaßten Schriftzüge und altertümlichen Formulierungen, bis Olga sie aus ihren Gedanken riß.
    »He, hallo, wo bist du? Wir suchen etwas, erinnerst du dich?«
    »O ja, entschuldige bitte.«
    Die Frauen nahmen die Schriftstücke nacheinander in die Hand, überflogen sie und hefteten sie in chronologischer Reihenfolge ab.
    »Heureka«, sagte Olga schließlich und schwenkte ein Papier.
    »Duldungsvereinbarung« stand da, und darunter befanden sich fünf eng beschriebene Absätze sowie das Datum 24.1. 85 und die Unterschriften von Nellis und Mattuschek.
    Olga vertiefte sich in den Text. »Mmh, mmh«, murmelte sie zwischendurch, und Kate versuchte, aus ihren Gesichtszügen eine Botschaft zu lesen.
    »Und?« wollte Kate wissen.
    »Ich kann dazu noch nichts sagen. Ich muß mich erst mal in die Thematik einarbeiten. Grenzstreitigkeiten sind ein eigenes Gebiet, darüber gibt es endlos Literatur.«
    »Und was soll ich inzwischen machen?«
    »Gar nichts. Oder versuchen, mit dem Typen zu reden. Vielleicht kannst du ihn ja umstimmen, wenn du ihn zu einem netten Abendessen einlädst. So, wie du es dargestellt hast, ist er doch nur beleidigt, weil du seine Liebe nicht erwiderst.«
    Kate schaute zweifelnd.
    »Nach meinem Ausbruch neulich wird er sich wohl kaum versöhnen lassen.«
    »Laß es auf einen Versuch ankommen. Männer lieben es, wenn man zu Kreuze kriecht.«
     
    Kate suchte die Nähe zu Malise. Sie war sicher, daß ihre Nachbarin etwas über Mattuschek wußte. Vielleicht etwas, das ihr nutzen könnte.
    »Hilf mir, Malise«, bat sie. »Ich weiß nicht, was ich machen soll.«
    »Ich hab’ dich gewarnt«, sagte Malise in einem Tonfall, als sei sie es leid, Kate immer wieder von neuem zu belehren.
    »Erst hast du ihm Hoffnungen gemacht, jetzt ist er natürlich beleidigt.«
    »Ich? Hoffnungen?« Kate war empört.
    »Warst du nicht bei ihm zum Essen? Und hing er nicht ständig bei dir rum, hat dir den Garten gemacht und was weiß ich noch alles?«
    »Also, was-weiß-ich-noch-alles schon gar nicht«, sagte Kate heftig. »Und wenn er sich jemals irgendwas eingebildet hat, dann bestimmt nicht, weil ich ihn dazu ermutigt hätte.«
    »Ich hab’ dich gewarnt«, wiederholte Malise.
    Jetzt platzte Kate der Kragen. »Was sollen diese ewigen Andeutungen? Warum sagst du mir nicht, was du über ihn weißt? Man könnte denken, du hättest was mit ihm gehabt!«
    Malise schnaubte verächtlich auf.
    Dann wurde ihre Stimme plötzlich weich. »Was tust du, wenn eine Ratte in deinem Keller ist? Du sperrst sie in einen Raum, kümmerst dich nicht um sie und hoffst, daß sie verhungert. Oder du legst Gift aus.«
    »Du spinnst«, sagte Kate.
    Malise nahm Kates Hand und sah ihr in die Augen.
    »Was kann er dir tun?«
    »Na ja, er kann erreichen, daß meine Werkstatt abgerissen wird.«
    »Und das macht dir solche Angst?«
    »Das macht mir keine Angst«, widersprach Kate, »das macht

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