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Der Mann zweier Welten

Der Mann zweier Welten

Titel: Der Mann zweier Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond F. Jones
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aufwachte, fühlte er sich wunderbar frisch. Nur zwischen den Schultern hatte er ein steifes Gefühl. Er zog die Einweihungsrobe mit grotesk unweiblichen Bewegungen aus und gewöhnte sich vor dem Spiegel erst wieder einmal an seine weiblichen Formen. Ein Glück, daß er schon früh angefangen hatte, seine Gesichtshaare zu entfernen. Sonst wäre er jetzt in ernsthafte Schwierigkeiten geraten.
    Er nahm eine Brause und trocknete sich unter dem Warmluftspender. Dann zog er die richtigen Kleider an und nahm eine vernünftige Mahlzeit.
    Irgendwie hatte er ein seltsames Gefühl, wenn er an Matra dachte. Er hatte sie bestimmt noch nie zuvor gesehen, und doch zog ihn ein starkes Band zu ihr hin. Vielleicht waren sie bekannt gewesen, bevor er nach Kronweld kam. Hier war alles möglich.
    Eine verborgene Glocke klingelte und schreckte ihn auf. Dann hörte man eine Stimme:
    »Die neuangekommenen Dienerinnen sollen sich sofort im Korridor sammeln. Sie werden in die Geburtskammer geführt.«
    Er aß schnell fertig und ging hinaus. Nelan wartete bereits auf ihn. Sie nickte ihm ausdruckslos zu und schwieg. Die Dienerinnen setzten sich in Bewegung.
    Ketan konnte seine Erregung nicht ganz unterdrücken. Jetzt kam der Gipfelpunkt. Er würde die Wahrheit erfahren. Er würde der Schöpfung des Lebens beiwohnen.
    Aber in ihm war noch mehr als Erregung. Er hatte Angst. Alles schien so anders, als er es erwartet hatte. Er hatte bis jetzt keinen einzigen Mann im Tempel gesehen. Gab es noch andere Mittel, Leben zu schaffen?
    Während er in der Reihe mitging, suchte er nach Elta. Er hatte bisher noch nicht entdeckt, in welchem Zimmer sie wohnte. Nun sah er sie ein Dutzend Türen weiter vorn. Sie wirkte in ihren Kleidern schlank und zerbrechlich.
    Sie bewegten sich durch endlose Gänge. Einmal hörte er einen Schmerzensschrei. Aller Augen wandten sich um, aber es war nichts zu sehen. Und so vergaß man es eben wieder. Nur Ketan erinnerte sich an die Entstehung des neuen Lebens bei den Bors.
    Und dann blieben sie stehen. Eine Bewacherin machte sich an einer verschlossenen Tür zu schaffen. Langsam, fast widerwillig glitten die Flügel zur Seite. Erwartungsvoll und ängstlich starrten die Dienerinnen in die Kammer.
    Stumpfes, grünes Licht fiel in einen kahlen Raum. Es herrschte völliges Schweigen. Der Raum war eine Miniaturausgabe des Tempels selbst. Ketan hatte das Gefühl, daß sie sich im Mittelpunkt des Gebäudes befinden mußten.
    Und dann, als sich seine Augen an das Dämmerlicht gewöhnten, sah er zwei Gestalten reglos vor einer Nische in der Wand stehen. Die Nische selbst war eine flache, halbrunde Öffnung von Mannshöhe. Dunkle Schatten lagen in ihrer Tiefe. Die beiden Mädchen drehten sich nicht um. Sie starrten ins Innere der Nische.
    Und dort stand Matra. Ihre Augen schienen zu glühen. Mit einer fahrigen Bewegung deutete sie auf einen niedrigen Marmorsims an der gekrümmten Wand der Kammer. Die Neuankömmlinge setzten sich. Sie wagten kaum zu atmen.
    Ketans Gedanken waren wirr. Er wußte selbst nicht recht, was er erwartet hatte. Vielleicht ein Sucherlabor. Aber keinesfalls diesen kahlen Raum. Was konnte er mit der Entstehung des Lebens zu tun haben?
    Es war alles still. Man gewann den Eindruck, daß sich hier die Energie sammelte, um eine eindrucksvolle Demonstration abzugeben. Die anderen schienen es auch zu spüren.
    Er befand sich fast im Mittelpunkt des Raumes und konnte gut in die Nische blicken. Aber er sah nichts.
    Die Mädchen bewegten sich unruhig, als ihre Glieder allmählich steif wurden. Aber die beiden Beobachterinnen vor der Nische hatten sich bis jetzt nicht gerührt. Sie saßen wie Steinsäulen da.
    Matra lachte leise. Die Neuankömmlinge fuhren herum.
    »Ihr müßt Geduld lernen, meine Damen. Es gibt Tage, an denen ihr vergeblich dasitzen werdet, an denen ihr zum Gott um neues Leben beten werdet. Denn Kronweld muß untergehen, wenn es kein neues Leben bekommt. Fast die Hälfte der Hallen und Räume dieses Tempels sind unbenutzt. Lernt Geduld.
    Vielleicht ist es eine von euch, die hier wartet, bis sich der Staub ansetzt und die Türen für immer verschlossen werden.«
    Ein kühler Hauch schien durch den Raum zu wehen.
    Sie saßen da, zuerst hoffnungsvoll und dann müde. Schließlich wünschten sie, daß die Wache zu Ende gehen möge.
    Ketan sah die Veränderung vielleicht als erster.
    Er starrte wie hypnotisiert in die Dunkelheit der Nische. Und dann war die Dunkelheit plötzlich verschwunden. Ein pulsierendes,

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