Der Mann zweier Welten
ich bestimmt, daß Elta mit ihnen Verbindung aufgenommen hat. Ich würde viel darum geben, wenn ich wüßte, wo sie ist. Vielleicht kann man ihn zum Sprechen zwingen.«
»Pah! Der weiß doch nichts. Er ist wie alle andern durchgestolpert. Wir haben wichtigere Dinge zu tun. Die letzten drei Projektoren sind testbereit.«
Ketan stand reglos da. Er starrte Javins an. Dieser Mann mit den grausamen Augen war Eltas Vater – ein Statiker …
Aber ein Teil des Gesagten ermutigte ihn auch. Sie wußten nicht, wo Elta war. Hieß das, daß sie hier noch nicht aufgetaucht war? Oder war ihr etwas zugestoßen? Auf alle Fälle war es noch nicht zu spät, durch das Tor zu gehen – wenn ihn die Statiker freiließen.
Aber er hatte noch eine ungeahnte Möglichkeit. Er sollte den Direktor sehen! William Douglas hatte ihm unglaubliche Geschichten über diesen Menschen erzählt, der die Statiker mit Härte und Grausamkeit regierte.
Während er noch dastand, erhoben sich die beiden und brachten ihn zur Tür. Sie gingen den Korridor zurück und verließen das Gebäude durch eine Seitentür.
»Komm mit.« Bocknor schob ihn zu einem wagenähnlichen Ding hin, das am Fuß einer Treppe stand. Mit einem Blick sah Ketan, daß es weit primitiver als die Fahrzeuge von Kronweld war. Statt eines Atomantriebs wurde es von einem Verbrennungsmotor bewegt. Die Maschine rauchte und brummte.
Der Wagen steuerte auf den zentralen Teil Danfers zu. Ketan war ziemlich eingeengt, aber er konnte überall den Verfall in der Stadt sehen.
Und dann waren sie vor der Zitadelle, dem wichtigsten Bauwerk von Danfer. In ihr befand sich die große Ausscheidemaschine.
Ein dünner, aber beständiger Strom von Elternpaaren schob sich durch ein gewölbtes Portal. Die meisten trugen ein Kind.
Keiner der Statiker hatte ein Wort gesprochen, seit sie den Flughafen verlassen hatten. Jetzt blieb der Wagen stehen, und Bocknor stieg schnaufend aus.
»Schnell«, knurrte er. »Der Direktor erwartet dich. Er wird sich nicht lange gedulden.«
Als Ketan aus dem Wagen stieg und die hohe Mauer der Zitadelle vor sich sah, wurde er unwillkürlich an den Großen Rand erinnert. Nur waren hier die aufragenden Wände grau anstatt schwarz.
Er versuchte einen Plan zu fassen, aber das war unmöglich. Er kannte weder die Stärke noch das Vorgehen der Opposition. Er mußte noch warten.
Im Halbdunkel der großen Marmorhalle war die Luft kühl. Sanfte Musik spielte. Kronweld, dachte Ketan.
Sie durchquerten die Halle und bestiegen einen elektrischen Wagen, der sie durch die Gänge beförderte. Schließlich hielten sie vor einer großen, reich verzierten Tür.
Der Raum, den sie betraten, war riesig. Ketan sah niemanden. Entlang der hohen Decke verliefen Kabel. Zu seiner Rechten sah Ketan eine Ebenholzplatte, die die ganze Wand einnahm. Meßgeräte, Schalter und Spiralen in Glasgehäusen wechselten sich auf ihr ab. Darüber glühten und pulsierten Röhren in gelblichem und blauem Licht.
Als seine Blicke die Röhren streiften, sah er das andere Ding unter der technischen Ausrüstung. Es war eine lange Glasröhre von Mannesgröße, die quer in der Platte eingelassen war. In die Röhre führten viele Kabelstränge.
Und innerhalb der Röhre lag die reglose Gestalt eines Menschen.
Ketan trat unwillkürlich einen Schritt nach vorne. Bocknor packte ihn an der Schulter. »Warte, bis er spricht«, fauchte er.
»Ich bin bereit. Er soll nur kommen. Der Direktor spricht.«
Die Stimme, die den Raum erfüllte, war ruhig und dunkel. Es war die Stimme eines jungen Mannes, der keine Furcht kannte.
Langsam kam Ketan näher. Seine Haut prickelte. Er warf einen Blick auf das Wesen in der Röhre.
Früher einmal war es vielleicht ein Mensch gewesen. Jetzt wirkte das Gesicht wie ein Stück Leder. Der Mund war eingesunken, und der haarlose Schädel hatte eine gelbliche Farbe. Zwei schwarze Halbkugeln ruhten in den Augenhöhlen.
»Kein besonders erhebender Anblick«, sagte die Stimme.
Ketan erkannte, daß sich die Lippen nicht bewegt hatten. Sie schwiegen sicher seit vielen Tara. Aber die Stimme pulsierte vor Leben.
Ketan ging weiter, bis er an eine unsichtbare Wand stieß.
»Das ist nahe genug«, sagte die Stimme. »Vorsichtsmaßnahmen, du verstehst. Wir sehen einander deutlich genug.«
»Wer sind Sie?« keuchte Ketan. »Wie …?«
»Wie ich leben kann? Eigenartig …« Er schien sich an die anderen Statiker zu wenden. »Alle diese jungen Sucher aus Kronweld stellen die gleiche Frage. Man sollte
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