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Der Mantel - Roman

Der Mantel - Roman

Titel: Der Mantel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frankfurter Verlags-Anstalt
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Körper herausrutscht. Nur das Biest vertreiben, wenn es noch in dem Sack sein sollte. Nichts Lebendiges kommt hervor, nur ein helles Hinterbein zeigt sich langsam. Als streckte sich der Hund nach einem Nickerchen. Wie er es immer tat, den Kopf nach hinten überstreckt, die Augen starr nach oben gerichtet, bis das Weiße zu sehen war. Schmidt schaut mit Grausen auf das herausgerutschte Bein. Er geht um den Sack herum und hebt ihn an seiner Öffnung an. Das Bein gleitet in das Innere zurück. Erleichtert und ermattet betrachtet er den groben Leinensack. Keine Ratte, jedenfalls nicht drin. Vielleicht draußen. Oder eine Täuschung.
    Er ist erschöpft, atmet schwer. Aber ein Blick auf die kleine Grube zeigt ihm, dass er noch gut die Hälfte vor sich hat. Vielleicht vierzig Zentimeter ist der Aushub jetzt tief. Mehrere Wurzeln hat er durchtrennt, noch mehr Steine, Schutt und klumpige Erde zutage gefördert. Wenn nur der Regen aufhören wollte. Aber er schützt ihn bei seinem unerlaubten Tun, denkt er. Der Regen ist immer noch so dicht, dass die Parkflächen wie umzäunt sind von den Wasserwänden. Wie ein undurchdringlicher Vorhang, hinter dem er sein einsames Ritual vollbringt.
    Ihm ist, als finge er leise an zu zittern. Durch die lange Anstrengung im nächtlichen, ertrunkenen Dunkel ist er sich seiner Zustände nicht mehr sicher. »So wollte ich es doch«, murmelt er in das eintönige Rauschen. Ein Zeichen setzen. Graben. Am Ende des Grabens muss die Ruhe von allen jagenden Gedanken liegen, beschwört er sich selbst. Er packt fest den Spaten, Stich für Stich gegen den Widerstand. Während die Gliedmaßen die ungewohnte Arbeit verrichten, kann das Gehirn sich frei bewegen. Gespeichertes sichten. Und verstehen.
    ***
    Der weitere Abend mit seiner Mutter war nicht gut verlaufen. Vielleicht, dachte Schmidt, hätten sie keinen Wein trinken sollen. Zu viel Wahrheit kann auch schmerzlich sein. Warum er seit nun drei Jahren allein lebe, hatte seine Mutter scheinbar beiläufig wissen wollen. Damit hatte es angefangen. Was er so allein, nur mit diesem Hund, mache. Sie wollte Privates von ihm hören. Sie mache sich Sorgen. »Sorgen?«, hatte er zurückgefragt, »dass ich keine Frau mehr habe? Dass ich langsam bin? Oder meinst du, ich wäre schwul? Nein, ich bin nicht schwul. Keine Anzeichen. Obwohl man das bei einer intensiven Mutterbeziehung ja immer im Auge behalten sollte, oder nicht?« Ihre Fragen wurden verletzend intim. Es ging nicht mehr um seine Herkunft, sie hatte den Spieß umgedreht. Er musste sich verteidigen, sagen, dass sein Leben ausgefüllt genug sei. Er Shiva als Gefährten habe. Dass ihm das im Moment reiche, die Ehe nicht so viel besser war, sondern oft schlechter. Ja, gelegentlich traf er Frauen. Die leise flackernden Kerzen schickten Lichtschwaden über das schmale, vornehme Gesicht seiner Mutter, als sie leise sagte: »Ulrich, willst du etwas zerstören?«
    Ihre Stimme klang nun besorgt, fast flehentlich. »Nein, ich kann nur mit all dem noch nicht umgehen. Ich will meinen Vater nicht kennenlernen. Was ich wissen muss, weiß ich. Was ich kennen muss, kenne ich und trotzdem muss ich mich mit ihm befassen. Schon weil ich sehe, welche Rolle er für dich heute spielt. Das kann auch nur mir passieren, dass ich so etwas wie Eifersucht gegenüber meinem eigenen Vater empfinde. Grässlich, er kommt in mein Leben wie ein Naturereignis. Und nun belastet er mein Verhältnis zu meiner Mutter. Wie lächerlich!« Seine Stimme war laut geworden. Shiva war aufgesprungen, hatte den Kopf wie in Angriffsposition unter die Schultern gezogen. Schmidt legte ihm die Hand auf den Nacken, um ihn und sich selbst zu beruhigen.
    »Mein Gott, mein Junge, ich habe nicht geahnt, wie extrem du dich mit allem auseinandersetzt. Aber es ist doch alles gut. Meine Beziehung mit Tomas´ ist so viele Jahre alt. Und er wird, nachdem Karl gestorben ist, auch nicht hier einziehen, falls du das befürchtest. Ich habe ihn immer geliebt, aber diese Beziehung auszuleben lag nicht auf meinem Lebensweg. Und so habe ich sie immer irgendwo in mir geführt. Aber sie braucht keine tägliche Begegnung mehr. Die habe ich nun so lange in meinen Gedanken herstellen können. Die Wirklichkeit wäre nicht besser. Vielleicht sogar viel enttäuschender.« Die Flammen spiegelten sich in ihren Augen wie Bernsteine. Ihre Augen waren weit offen, als sähe sie das verpasste Leben im Kerzenlicht. Sie ergänzte nur ganz langsam: »Ich wüsste nicht einmal, ob Tomas´ das

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