Der Marktmacher
unterschiedlich. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht. Lassen Sie es einige Zeit langsam angehen, wenn Sie möchten. Oder stürzen Sie sich in die Arbeit, wenn es Ihnen lieber ist, um sich abzulenken. Tun Sie das, wonach Ihnen zumute ist. Wir haben viel Geduld.«
Bis ihr die brasilianischen Zeitungen lest, dachte ich. Luís hatte gesagt, die Geschichte würde Anfang der Woche erscheinen. Inzwischen hatte ich doch Bedenken. In Luís ’ Wohnzimmer, vor dem Kamin, beim Gedanken an Isabel, da hatte mir die Idee gefallen. Jetzt war ich mir nicht mehr ganz so sicher. Auf jeden Fall wollte ich nicht mehr in der Firma sein, wenn die Bombe platzte.
»Ricardo?«
»Ja?«
»Da ist noch etwas, was ich Ihnen sagen möchte.«
Er wartete.
»Ich kündige.«
»Was?«
»Ich sagte, ich kündige.«
Ricardo wollte etwas sagen, bemerkte aber meinen Gesichtsausdruck und hielt den Mund. Während er sich zu fassen suchte, sah er mich an. Ich hielt seinem Blick stand.
»Warum?« fragt er ruhig.
»Ich habe darüber nachgedacht, als ich in Brasilien war. Und nach dem, was Isabel zugestoßen ist … mag ich hier einfach nicht mehr arbeiten.«
»Es ist ganz natürlich, Nick, daß Sie völlig durcheinander sind. Nehmen Sie sich ein paar Tage frei …«
»Nein, es geht nicht nur um Isabel.« Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen. »Ich glaube, ich komme mit dem Stil von Dekker Ward nicht zurecht.«
Ricardo runzelte die Stirn. »Mit was für einem Stil? Was meinen Sie?«
Ich hielt inne, um meine Gedanken zu ordnen. Ich wußte, daß ich aufpassen mußte, sonst würde Ricardo mich umstimmen. »Wir haben damals auf dem Rückflug von Brasilien darüber gesprochen. Und inzwischen haben sich noch andere Dinge ereignet, die mich nachdenklich g e stimmt haben.«
»Und was war mit der Brady-Schlacht gegen Bloomfield Weiss? An der haben Sie sich doch kräftig beteiligt, oder?«
»Richtig.«
»Hat sie Ihnen keinen Spaß gemacht?«
»Doch.«
Ricardo hielt inne und blickte mich an. »Wissen Sie, wieviel Geld Sie verdienen werden, wenn Sie so weitermachen wie bisher?«
»Nein.«
»Schätzen Sie!«
»Na ja, neun Monate Arbeit, das macht etwas mehr als zwanzigtausend Pfund Gehalt und dazu einen Bonus.«
»Wieviel Bonus?«
Zum Teufel mit ihm! Ich hätte die Frage einfach nicht beachten sollen. Aber sie faszinierte mich. Er war gerissen. Ic h w ar des Geldes wegen zu Dekker Ward gegangen. Für wi e viel Geld, war offen geblieben. Jetzt würde ich es erfa h ren.
»Keine Ahnung. Zehntausend Pfund vielleicht?«
»Ich wäre nicht überrascht, wenn Sie in diesem Jahr einen Bonus von hunderttausend Dollar bekämen.«
Himmel! Ich versuchte jeglichen Anflug von Aufregung oder Gier aus meinem Gesicht zu bannen. Ein Lächeln, das sich trotzdem einstellen wollte, unterdrückte ich. »Oh«, sagte ich mit etwas gepreßter Stimme.
»Und außerdem investieren wir für Sie natürlich in den Mitarbeiter-Trusts. In drei Jahren sollten Sie mindestens eine halbe Million haben. In fünf eine Million. Na, möchten Sie immer noch kündigen?«
Er sagte die Wahrheit, das erkannte ich. Mit einer Million Pfund konnte ich den Rest meines Lebens tun, w o zu ich Lust hatte. Wenn ich jetzt ging, würde ich noch nicht ei n mal den Heizkessel reparieren lassen können.
Aber ich würde mich selbst verlieren. Ich wäre nicht mehr der, der ich heute war; ich wäre zwar reich, aber jemand, der mir nicht gefallen würde. Vor allem aber jemand, den Isabel nicht würde leiden mögen.
»Ja«, sagte ich.
Die Zornesröte stieg ihm ins Gesicht. »Sie sollten wirklich in Ruhe noch einmal darüber nachdenken. Lassen Sie sich eine Woche Zeit.«
»Nein, ich möchte heute noch gehen.«
»Wer nicht für mich ist, der ist gegen mich. Das habe ich Ihnen gesagt!«
Ich hob die Hände. »Hören Sie, ich will Dekker Ward nicht den Krieg erklären. Es ist nur der falsche Beruf, das ist alles.«
»Nein, Nick. Ich habe viel Vertrauen in Sie gesetzt, und Sie haben mich enttäuscht. Das werde ich Ihnen nicht ve r gessen.«
Durchdringend blickten seine blauen Augen. Bis auf de n G rund meiner Seele, so kam es mir vor. Es war ein sehr unbehagliches Gefühl. Am liebsten hätte ich den Kopf g e beugt und gesagt: »Natürlich, Ricardo. Ich freue mich, daß ich bleiben darf.« Statt dessen hielt ich dem Blick dieser Augen stand und blieb stumm.
»Na gut. Sie brauchen nicht sofort zu gehen. Sie beabsichtigen doch nicht zur Konkurrenz überzulaufen, oder?« Ein gefährliches Leuchten tauchte in
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