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Der Marktmacher

Der Marktmacher

Titel: Der Marktmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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etwas Gutes einzusetzen.«
    »Es war wirklich etwas Gutes. Sehr schade, daß es nicht geklappt hat.«
    »Daran ist nur Ricardo Ross schuld.«
    »Oswaldo Bocci ist Abschaum. Ricardo ist ein Narr, daß er sich mit ihm eingelassen hat. Ich weiß, daß Dekker Ward eine ausgezeichnete Firma ist. Aber manchmal geht Ross zu weit. Ich wünschte, Isabel hätte für jemand anders gearbeitet.«
    »Hat die Firma einen schlechten Ruf?«
    »Ja. Nicht daß sie wirklich korrupt wäre. So dumm ist Ricardo nicht. Doch ihr haftet …« – er suchte nach dem passenden Wort – »… ein gewisser Geruch an. Sie macht Geschäfte mit Leuten, mit denen man keine Geschäfte macht. Oswaldo Bocci zum Beispiel. Und sie setzt sich über Regeln hinweg, die man besser respektieren sollte.«
    Ich war nicht sonderlich überrascht. »Das hat Isabel doch vermutlich auch gewußt, als sie bei Dekker Ward a n gefangen hat?«
    »Ja«, sagte Luís . »Ich habe versucht, es ihr auszureden, aber damit nur das Gegenteil erreicht. Sie hat gesagt, das sei eine außergewöhnliche Karrierechance für sie, und sie werde absolut ehrlich sein. Ich glaube, das ist sie auch g e wesen. Sie hat einen guten Ruf in Brasilien.«
    Das Feuer knackte, und die Funken stoben. Mittlerweile war es beinahe vollkommen dunkel geworden, so daß das Zimmer nur vom Feuerschein des Kamins erleuchtet wu r de.
    »Ich werde kündigen, sobald ich wieder in London bin«, sagte ich.
    »Tatsächlich?« Luís richtete sich in seinem Stuhl auf . » Warum?«
    »Mir gefällt das Bankgeschäft nicht. Vielleicht ist es auch nur Dekker Ward. Ich hatte mich schon entschieden, bevor ich mit Isabel hierherkam.«
    Luís antwortete nicht. Wieder schwiegen wir. Unsere Gedanken wanderten zurück zu Isabel.
    »Wir können den Favela -Deal retten«, sagte Luís .
    »Wie?«
    Zum erstenmal seit Tagen lächelte Luís . Es war ein sparsames Lächeln. Die Art, wie sich seine Mundwinkel kräuselten, erinnerte mich an Isabel. »Bocci ist ein Emporkömmling in Rios Medienlandschaft. Ich habe Freunde mit größeren Zeitungen. Wir können Ricardo mit seinen eig e nen Waffen schlagen. Das wird ihm weh tun. Und es ist wenigstens etwas, was wir für Isabel tun können.«

EINUNDZWANZIG
    A m Montag erschien ich mit sehr gemischten Gefühlen wieder zur Arbeit. Doch ich wurde allenthalben mit Lächeln, Kopfnicken, Mitgefühl und taktvollen Fragen em p fangen. Es vermittelte mir das Gefühl, nach Hause zu kommen. Leider würde es nicht von langer Dauer sein.
    Nach der Morgenbesprechung begab ich mich widerwillig an meinen Schreibtisch. In den drei Wochen, die seit meiner Abreise vergangen waren, hatten sich regelrecht Stapel an Papieren aufgetürmt. Ich blickte zu Isabels Platz hinüber. Leer und ordentlich. Bereit für den nächsten.
    Ricardo kam herüber, zog einen Stuhl heran und setzte sich neben mich. Es war ruhig hier drüben, ein gutes Stück vom Quadrat der Trader und Verkäufer entfernt, die b e reits die Telefone strapazierten.
    »Wie fühlen Sie sich?«
    Ich zuckte nur mit den Achseln.
    »Es hat uns alle sehr erschüttert«, fuhr Ricardo fort. »Die letzten zwei Wochen waren schwierig. Und dann, als alles sich zum Guten zu wenden schien, ist es plötzlich gründlich schiefgegangen.«
    Ich nickte.
    »Für ihren Vater muß es besonders schlimm sein. Er hat ihr viel bedeutet.« Klar. Isabel hatte ihm sicherlich eine Menge über sich und ihre Familie erzählt, mehr oder minder dasselbe wie mir. Irgendwie behagte mir der Gedanke nicht besonders.
    »Es ist schrecklich für ihn. Nicht zu wissen, ob sie noch am Leben ist oder nicht.«
    »Und dieser Nelson Zarur meint, es besteht keine Aussicht, daß sie noch am Leben ist?«
    »Aussicht besteht immer, aber er ist nicht sehr zuversichtlich. Die Polizei auch nicht.«
    Wir schwiegen. Eigentlich hatte ich keine Lust, mit Ricardo über diese Dinge zu sprechen. Aber es lag wieder etwas außerordentlich Gewinnendes in seiner Offenheit. »Ich habe sie gemocht«, sagte Ricardo. »Und wenn ich mich nicht täusche, Sie auch.«
    »Ja, ich mochte sie«, sagte ich ruhig. »Ich meine, ich mag sie.« Es widerstrebte mir zutiefst, in der Vergangenheit s form von Isabel zu reden. Für mich lebte sie. Sie mußte l e ben.
    »Tut mir leid«, sagte Ricardo. »Sie haben recht. Ich kann mich auch nicht damit abfinden … daß sie nicht mehr lebt. « I n seiner Stimme war eine Zartheit, die ich bei ihm so noch nie gehört hatte. »Menschen reagieren auf solche S i tuationen höchst

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