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Der Marktmacher

Der Marktmacher

Titel: Der Marktmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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nassem Müll. Es waren weniger Menschen vor den Häusern, nur eine Reihe Halbwüchsiger und junger Männer, die Nelson und mich anstarrten, während wir langsam nach oben stiegen. Schutzlos fühlte ich mich auf diesem Hang, den Rücken preisgegeben, eine wunderbare Zie l scheibe. Jeden Augenblick rechnete ich damit, das Pei t schen eines Revolverschusses zu hören.
    Schließlich erreichten wir das Plateau mit der kleinen Kirche und dem Kinderhort. Unter uns verkroch sich die Favela in der feuchten, diesigen Luft. Wir klopften an die Tür, und Cordelia öffnete.
    »Folgen Sie mir«, sagte sie und führte uns in einen kleinen Lagerraum voller Unterrichtsmaterialien und getrockneter Lebensmittel. Auf einer Kiste saß ein mageres Bürschchen von ungefähr zwölf Jahren. Ich erkannte ihn sofort wieder: Euclides.
    »Hallo, Boß «, sagte er mit einem nervösen Lächeln.
    »Hallo, Euclides.«
    Cordelia und Nelson setzten sich auf die beiden Stühle, ich hockte mich auf den Fußboden. Cordelia machte Nelson mit Euclides bekannt, der den Mann mit großem Ar g woh n m usterte. Zweifellos erkannte er einen Ex-Polizisten, wenn er einen vor sich hatte.
    Nelsons Stimme war entschieden, aber freundlich, als er Euclides einige Fragen stellte. Der Junge antwortete mürrisch und einsilbig und raffte sich nur zu etwas ausführl i cheren Antworten auf, wenn Cordelia ihn dazu überredete. Obwohl ich kein Wort von der Unterhaltung verstand, konnte ich deutlich erkennen, in welcher Beziehung die drei zueinander standen. Euclides mißtraute Nelson, war aber um Cordelias Anerkennung bemüht, obwohl er es zu verbergen suchte. Die raschen Blicke, die er ihr zuwarf, und die Art, wie er auf ihr sanftes Drängen reagierte, verrieten seine Zuneigung. Trotzdem blieben seine Augen hart. Dieses Kind hatte schon viel Gewalt gesehen.
    »Was sagt er?« fragte ich in einer Gesprächspause.
    »Er sagt, er kennt einen Jungen aus der Gruppe, die Sie angegriffen hat. Es war alles geplant. Ein Mann namens O Borboleta hat alles organisiert. Er ist der Chef einer Bande in einer Favela hier in der Nähe.«
    »Haben Sie schon von ihm gehört?«
    »Nein, aber O Borboleta heißt › Der Schmetterling ‹ .«
    »Warum heißt er so?«
    Nelson wandte sich an Euclides und fragte ihn etwas auf portugiesisch. Der Junge antwortete.
    »Er war Fußballspieler. Offenbar ein sehr guter. Keiner konnte ihm den Ball abnehmen.«
    »Das könnte Zico sein.«
    Nelson überlegte. »Könnte sein. Aber der echte Zico ha t te viele Fans. Jeder seiner Bewunderer hätte sich den Namen zulegen können. Und es gibt eine Unmenge Fußbal l fans in diesem Land.«
    »Weiß Euclides, ob sich Isabel in der Gewalt dieses Bo r boleta befindet?«
    Nelson seufzte. »Er sagt, von Isabel weiß er nichts.«
    »Bitten Sie ihn herauszufinden, wo sie ist.«
    Nelson zuckte mit den Achseln und stellte eine entsprechende Frage. Euclides grunzte: » Não. «
    »Fragen Sie ihn, warum nicht.«
    Nelson wiederholte meine Frage auf portugiesisch, und Euclides murmelte etwas. »Er sagt, sein Freund könnte vielleicht etwas herausfinden. Aber Euclides möchte nicht zu viele Fragen stellen. Es könnte zu gefährlich sein.«
    »Sagen Sie ihm, daß es sich um Cordelias Schwester handelt, ihre einzige Schwester. Er muß uns helfen.«
    Euclides hörte die Dringlichkeit in meiner Stimme und sah mich an. Nelson übersetzte die Frage. Euclides warf Cordelia einen schuldbewußten Blick zu und zuckte mit den Achseln.
    »Hat er eine Schwester?«
    »Ja«, antwortete Cordelia. »Sie ist hier.«
    »Nein, fragen Sie ihn«, bat ich.
    Sie stellte die Frage, und Euclides nickte.
    Nun stellte ich eine ganze Reihe weiterer Fragen und bestand darauf, daß Nelson sie übersetzte.
    »Wie heißt sie?«
    »Marta.«
    »Wie alt ist sie?«
    »Acht.«
    »Liebst du sie?«
    Pause. »Ja.«
    »Magst du Cordelia?«
    Wieder eine Pause. »Ja.«
    »Nun, wenn deine Schwester in Gefahr wäre, würdest du dann alles tun, um ihr zu helfen?«
    Der Junge antwortete nicht. Er sah mich unverwandt an. Und ich ihn. In seinen braunen Augen lag unendlich viel für ein Kind von zwölf Jahren – Prahlerei, Furcht, Uns i cherheit, aber auch, untergründig, Warmherzigkeit.
    »Cordelia hat das Leben vieler Kinder gerettet, die hierhergekommen sind. Jetzt kannst du ihre Schwester retten.«
    Er antwortete noch immer nicht. Aber ich konnte sehen, daß es in ihm arbeitete.
    Dann beugte sich Nelson vor und nahm etwas aus einem Halfter, das er sich um den Knöchel gebunden

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