Der Marktmacher
aber die Auflage, den Nachmittag im Hotel zu verbringen. Ich fühlte mich schon sehr viel besser. Isabel schlug vor, ich solle am Dienstag noch im Hotel bleiben und am Abend nach Ha u se fliegen, aber ich fragte sie, ob ich sie nicht in die Finan z behörde begleiten dürfe. Das Geschäft war fast abgeschlo s sen, und da ich soviel Anteil daran genommen hatte, wollte ich nun auch erleben, wie es unter Dach und Fach gebracht wurde. Jedenfalls erzählte ich ihr das. Denn vor allem g e noß ich das Zusammensein mit Isabel und wollte mir di e ses Vergnügen so lange wie möglich erha l ten.
Um halb zehn am Dienstag morgen waren wir mit Humberto Alves verabredet. Wir kamen zehn Minuten zu früh. Um elf hatte er sich noch immer nicht blicken lassen. Isabel wurde unruhig.
»Eine halbe Stunde zu spät ist okay. Das ist normal. Aber anderthalb Stunden? Ich weiß nicht. Da stimmt etwas nicht.«
Sie sollte recht behalten.
Schließlich bat Humberto uns in sein Büro. Er ließ uns Platz nehmen, während er selbst auf und ab ging. Wortreic h b eklagte er mein Schicksal, was an sich verständlich war, aber doch ein bißchen zu lange dauerte.
»Was ist los, Humberto?« fragte Isabel schließlich entnervt.
Er fuhr sich mit der Hand durch die wenigen Haare, die ihm noch geblieben waren, und warf Isabel einen nerv ö sen Blick zu. »Wir haben beschlossen, Bloomfield Weiss mit der Federführung des Fave la -Deals zu betrauen. Aber wir haben Bloomfield aufgefordert, Sie am Emissionsg e schäft zu beteiligen, und die haben sich einverstanden e r klärt.«
»Sie haben was?« rief Isabel und sprang auf.
Humberto zog sich hinter seinen Schreibtisch zurück und hatte den Blick auf die spiegelblanke Platte gesenkt. »Wir haben Bloomfield Weiss das Emissionsmandat erteilt.«
Wütend überschüttete Isabel ihn mit einem Schwall Portugiesisch. Vergebens versuchte er, sie zu unterbrechen. Schließlich seufzte er und blickte mich an. »Okay«, sagte er auf englisch. »Sie haben ein Recht auf eine Erklärung.«
Isabel saß auf der äußersten Kante des Sofas der Sitzgruppe, jeden Augenblick bereit, aufzuspringen und ihm an die Kehle zu gehen, während Humberto auf seinem Stuhl unbehaglich hin und her rutschte.
»Nun?« In Isabels Augen loderte es.
»Okay, ich weiß, daß dieses Geschäft von Anfang an Ihre Idee war. Und daß wir Ihnen das Mandat versprochen hatten. Selbstverständlich ersetzen wir Ihnen alle Ausl a gen.«
»Mich interessieren nicht die Auslagen, ich will den Deal«, rief Isabel.
»Ich weiß. Hätte es an mir gelegen, hätten wir es auch mit Ihnen gemacht.«
»Erzählen Sie keinen Mist! Es hat an Ihnen gelegen.«
»Leider nicht«, sagte er kleinlaut.
»Wer hat dann ein Problem mit uns? Der Bürgermeister? Der Gouverneur? Wir kennen sie gut, wir haben in den letzten Jahren eine Menge für sie getan.«
»Nein, keiner von denen.«
»Wer dann?«
»Der World Development Fund.«
»Jack Langton?« Isabel hielt inne. Offenbar erschien ihr diese Möglichkeit glaubhafter. »Was hat er gegen uns? « f ragte sie in etwas ruhigerem Ton.
Humberto entspannte sich ein bißchen. »Ich weiß nicht. Er hat gesagt, wenn der World Development Fund die G a rantie übernimmt, dann darf Dekker Ward nicht die F e derführung erhalten.«
»Warum nicht? Hat er einen Grund genannt?«
Humberto zuckte mit den Achseln. »Politik, hat er gesagt. Es habe etwas mit der globalen Finanzierungsstrategie des WDF zu tun. Man sei besorgt über das Monopol, das Dekker Ward im lateinamerikanischen Anleiheng e schäft hat. Man ist dort wohl der Meinung, es sei besser, wenn man zwischen mehreren Investmentbanken wählen kann. Deshalb hat man das Mandat an jemand anders ve r geben.«
»Aber warum Bloomfield Weiss?«
»Offenbar, weil die Firma weltweit die meisten Emissionsgeschäfte für den WDF macht. Abgesehen davon war niemand sonst bereit, Ihnen das Geschäft wegzuschna p pen. Und das zeigt doch, daß Langton gar nicht so unrecht hat, finden Sie nicht?«
»Nein, Humberto, das finde ich nicht! Das Geschäft wollte niemand anders, weil es höchst unanständig gewesen wäre, nachdem wir die ganze Arbeit geleistet haben. Bloomfield Weiss war die einzige Firma, die skrupellos g e nug war, um es zu versuchen.«
»Hören Sie, Isabel, ich habe wie ein Löwe für Sie gekämpft. Ich habe alles versucht, aber Jack war zu keinem Kompromiß bereit. Und Sie wissen, daß wir dieses Anleihegeschäft ohne die WDF-Garantie unmöglich durchfü h ren
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