Der Marktmacher
können.«
Isabel stand auf. »Ich bin enttäuscht von Ihnen, Humberto«, sagte sie mit zitternder Stimme.
»Übrigens hat Jack etwas gesagt, was ich nicht verstanden habe«, sagte Humberto.
Isabel wartete.
»Anscheinend hat der WDF Informationen, nach denen Dekker Ward Beziehungen zu einigen der Drogenkartelle unterhält, die die Favelas kontrollieren. Das erschwere die Zusammenarbeit mit Ihnen, heißt es.«
Isabel machte auf dem Absatz kehrt und stürmte hinaus.
Ich folgte ein bißchen langsamer. Schon im Begriff, Humberto zuzunicken und anzulächeln, fiel mir ein, daß das nicht ganz situationsgerecht wäre, daher ließ ich es bei einer steifen Verbeugung bewenden und folgte ihr im Ei l tempo.
Unser Taxi kämpfte sich zurück ins Hotel.
»Schlechte Nachrichten«, sagte ich.
Isabel stützte den Kopf in die Hände. »Sehr schlechte Nachrichten. Ich kann es einfach nicht glauben.«
»Aber sie wollen uns doch beteiligen.«
Isabel schüttelte den Kopf. »Das ist eine Beleidigung. Wir würden uns nie an einem Geschäft beteiligen, das uns Bloomfield Weiss abgejagt hat. Ricardo wird außer sich sein. Sobald Bloomfield Weiss dem Markt gezeigt hat, daß man uns einen solchen Deal vor der Nase wegschnappen kann, wird es jeder tun!«
»Können wir nicht mit dem World Development Fund sprechen?«
»Das hat keinen Zweck. Bloomfield Weiss hat dort mehr Einfluß als wir.« Finster blickte sie zum Fenster hinaus.
»Ich würde Sie gerne etwas fragen, aber Sie müssen mir versprechen, mich nicht umzubringen.«
»Nein«, sagte sie. »Das verspreche ich nicht.« Sie sah mich neugierig an.
Ich nahm das Risiko auf mich. »Hat der WDF nicht recht? ich meine, ist es für ihn nicht besser, wenn er zwischen mehreren Investmentbanken wählen kann, um seine Anleihen in Lateinamerika plazieren zu lassen?«
»Keine Sorge, dafür bringe ich Sie nicht um«, sagte Isabel mit einem kleinen Lächeln. »Natürlich hat er recht. Und ich wundere mich eigentlich, daß das erst jetzt geschieht. Wir können den Markt nicht bis in alle Ewigkeit beherrschen. Trotzdem ist es ein schwarzer Tag für uns. Wenn es nur nicht Bloomfield Weiss wäre!«
»Da gibt es noch etwas, was ich nicht verstehe«, sagte ich . » Was war das zum Schluß mit Dekker Wards Beziehungen zu Drogenkartellen in Rio?«
Isabel schnaubte verächtlich. »Das ist Quatsch. Ich kenne das gesamte Brasiliengeschäft von Dekker Ward, aber glauben Sie mir, da gibt es nichts, was auch nur in einem entfernten Zusammenhang mit Drogengeschäften steht.«
Ich dachte an Martin Beldecos ’ Fax und Francisco Aragão , der laut der United Bank of Canada ein brasilianischer Geldwäscher war. Doch ich dachte mir, es sei wohl der fa l sche Zeitpunkt, ihr zu widersprechen.
Ich war bei Isabel im Zimmer, als sie Ricardo anrief. Noch nie hatte ich sie so angespannt gesehen. Sie erklärte, was geschehen war, und gab präzise Auskunft auf seine Fragen. Dann folgten noch ein paar einsilbige Jas und Neins, bevor sie auflegte. Sie blieb auf dem Stuhl am Schreibtisch sitzen und rieb sich mit den Händen ihre Schläfen.
»Ich nehme an, er war nicht sehr erfreut«, sagte ich.
Sie sah auf. »Ich habe ihn noch nie so wütend erlebt.«
»Was wird er tun?«
Sie runzelte die Stirn. »Er nimmt heute abend ein Flugzeug und trifft morgen früh in Rio ein. Er sagt, dann regelt er alles.«
»Oh.«
»Nicht gerade ein Vertrauensbeweis, oder?« murmelte sie . » Aber ich kann ihm keinen Vorwurf machen.«
»Wie will er das regeln?«
»Keine Ahnung. Warten wir ’ s ab.«
Isabel und ich warteten in der Hotelhalle auf Ricardo. Isabel hatte sich erkundigt, ob sein Flugzeug pünktlich gela n det sei Es war. Wir schwiegen, Isabel offensichtlich voller Nervosität. Ich machte mir weniger Sorgen – schließlich hatte ich so gut wie keine Erfahrung, so daß man mir kaum einen Vorwurf machen konnte. Aber Isabel tat mir leid, und hin und wieder warf ich ihr ein kleines aufmunterndes Lächeln zu, wofür sie dankbar zu sein schien.
Ich kam mir schon etwas merkwürdig vor, wie ich da achttausend Kilometer von der School of Russian Studies entfernt in diesem Nobelhotel saß und auf einen Anschiß wartete. Kühl war es in der Hotelhalle, und diese Kühle verlieh ihr einen Hauch von Exklusivität. Draußen, da war es heiß, stickig und laut. Draußen, da kämpften sich die gewöhnlichen Touristen und Cariocas durch den Smog, den Lärm und die Hitze der Stadt. Draußen, da wurden Menschen mit Messern angegriffen.
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