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Der Marktmacher

Der Marktmacher

Titel: Der Marktmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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hatte er gebraucht, um vom Tisch zu wischen, was Isabel und Humberto in einem Jahr aufgebaut hatten.
    Nachdem die Stewardeß mein Geschirr abgetragen hatte, stellte ich die Rückenlehne nach hinten und tat so, als schliefe ich. Es war schwierig: Die Brust schmerzte, und ich konnte das leise Rascheln der Papiere und das Kratzen e i ner Feder neben mir hören.
    Mit einem Mal hatte das Bankgeschäft sein wahres Gesicht gezeigt. Eine Idee, die das Leben vieler tausend Menschen verbessert hätte, war dem Konkurrenzprinzip geopfer t w orden. Immer heftiger arbeitete der Zorn in mir. Schließlich hielt ich es nicht mehr aus. Ich öffnete die A u gen und fischte mir aus meiner Aktentasche ein Buch. Es handelte sich um Die Insulaner von Jewgeni Samjatin, e i nem russischen Schriftsteller, der kurz vor dem Ersten Weltkrieg zwei traurige Jahre in Newcastle verbracht hatte. Die Musikalität seiner Prosa verfehlte nicht ihre ber u higende Wirkung. Von allen Autoren des 20. Jahrhu n derts kam Samjatin nach meinem Empfinden Puschkins sprac h licher Meisterschaft am nächsten, wenn er auch nicht ganz dessen absolute Genauigkeit erreichte. Die I n sulaner stellen eine Satire auf die Heuchelei und moral i sche Leere dar, die er im kapitalistischen England um die Jahrhundertwende ang e troffen hatte. Dabei hatte er sie gar nicht richtig kennengelernt. Er hätte in einer Bank a r beiten sollen!
    Dann fiel mir ein, daß Samjatin, entsetzlich verarmt, in Paris gestorben war.
    »Was macht Ihr argentinisches Geschäft?«
    »Was?« Verwirrt blickte ich auf.
    »Ich habe gefragt, was Ihr argentinisches Geschäft macht.«
    Es interessierte mich einen Dreck, was das argentinische Geschäft machte. Das war nicht ganz richtig. Ich wünschte mir, daß Dekker Ward einen Haufen Geld dabei verlieren würde. Allerdings war ich vernünftig genug, das so nicht auszusprechen. Ich wußte, daß offen gezeigte Gleichgültigkeit gegenüber einer Wertpapierposition einer Kündigung gleichkam, und ich war mir noch nicht sicher, ob ich das wirklich wollte. »Der Kurs hat sich die Woche über nicht bewegt.«
    »Glauben Sie noch daran?«
    Was für eine lächerliche Frage. An Gott konnte ich glauben, an Marx oder von mir aus auch an die Thatcher. Aber wie sollte ich an Bonds glauben? i ch holte tief Atem. »Nach allem, was mir damals bekannt war, schienen mir die argentinischen Discounts eine gute Anlage zu sein. Aber da sich dieses Urteil auf eine Erfahrung von lediglich zwei Tagen stützte, muß ich zugeben, daß ich sehr wenig Vertrauen in mein Urteil habe. Einzig der Umstand, daß Sie selbst die Position gekauft haben, gibt mir das Gefühl, daß ich recht haben könnte. Wenn Sie die Position noch nicht ve r kauft haben, glaube ich weiterhin an sie. Haben Sie sie ve r kauft?«
    Ricardo lächelte. »Es gefällt mir, daß Sie sich über Ihre Grenzen im klaren sind. Aber es war eine gute Wahl. Und Sie haben recht, ich hätte die Position nicht erworben, wenn ich nicht Ihrer Meinung gewesen wäre. Tatsächlich habe ich sie nicht verkauft, sondern vergrößert, erheblich vergrößert.«
    »Das ist schön. Ich hoffe, Sie haben Erfolg«, murmelte ich und wandte mich wieder meinem Buch zu.
    Eine Weile schwiegen wir, aber ich merkte, daß Ricardo mich noch immer anblickte. »Das war eine schlimme Woche für Sie, nicht wahr? Erst sind Sie niedergestochen wo r den, und dann ist der Favela -Deal geplatzt.«
    »Stimmt«, meinte ich.
    »Ein solcher Angriff muß schrecklich sein.« Ich sah Ricardo an. Er sah wirklich betroffen aus. Als sei er selbst niedergestochen worden.
    »Ja«, sagte ich. »Wir sind einfach am Strand entlanggegangen. Und plötzlich hatte ich ein Messer in der Brust.«
    Ricardo nickte. »Brasilien ist ein grausames Land. Die Oberfläche ist wunderschön, aber darunter kann es sehr brutal sein. Das ist jammerschade und einer der Gründe, warum der Favela- Deal so wünschenswert gewesen wäre.«
    Eigentlich hatte ich keine Lust, darüber zu sprechen, aber ich konnte mich einfach nicht beherrschen. »Warum haben Sie ihn dann platzen lassen?«
    »Ich hatte keine andere Wahl. Ich konnte Bloomfield Weiss den Auftrag nicht überlassen. Das wäre das Ende von Dekker Ward gewesen.«
    »Kommen Sie! Wir hätten immer noch den größten Marktanteil gehabt. Und es wäre endlich etwas mit diese n F avelas geschehen. Jetzt läßt man die Bewohner wieder in ihrem Schmutz und Elend sitzen.«
    »Ich bin nicht verantwortlich für die sozialen Verhältnisse in Brasilien oder

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