Der Marktmacher
gedrückt und gesagt, Oliver sei krank. Aber heute hat Jamie darauf bestanden, daß ich mitkomme.«
»Warum gefallen sie dir nicht?« fragte ich. »Die Leute scheinen doch nett zu sein. Sehr freundlich.«
»Oh, ja, das sind sie. Aber sie sind alle mit ihrem Job verheiratet, ich komme mir irgendwie ausgeschlossen vor.«
»Es gibt doch noch andere Ehefrauen hier, oder?«
»Klar, Vorzeigeehefrauen und Vorzeigemätressen. Die Ehefrauen sind die mit den Falten.«
Ich hob die Augenbrauen. »Wir sind ja heute nachmittag ziemlich zynisch drauf.«
»Schau dich doch nur mal um.«
Das tat ich. Schöne Frauen gab es in der Tat im Überfluß. Teuer gekleidet, sorgfältig zurechtgemacht, die ideale Ergänzung zu ihren wohlhabenden Ehemännern.
»Ich verstehe, was du meinst«, sagte ich. Wir nippten an unseren Getränken, ich am Champagner, sie am Wasser.
»Mit wem warst du in Brasilien?« fragte Kate und blickte in der Menge umher.
»Oh, einer Frau namens Isabel Pereira.«
Ich spürte, wie ich rot wurde. So flüchtig es auch war, Kate entging es nicht, woraufhin mir die Hitze noch heftiger ins Gesicht stieg. Ich war durchschaut.
»Ach ja?« sagte sie, und in ihren haselnußbraunen Augen blitzte ein mutwilliger Schimmer auf. »Zeige sie mir.«
Ich sah mich um und entdeckte Isabel in einer weiter entfernt stehenden Gruppe von Gästen. »Da drüben steht sie.«
Kate stellte sich auf die Zehenspitzen, um besser sehen zu können. »Sehr hübsch. Kannst du uns miteinander bekannt machen?«
»Äh . « Wie kam ich da nur wieder raus? Ich blickte Kate an. Sie würde keine Gnade walten lassen. »Weißt du, wir sind nicht …«
»Noch nicht«, sagte Kate. »Komm schon. Unterhalten wir uns mit ihr.«
Wir bahnten uns einen Weg zu Isabel. Sie trug einen Hosenanzug aus dunkelgrüner Seide, der schlicht, aber sehr teuer aussah. Sie unterhielt sich mit Pedro auf portugiesisch.
Ihr Gesicht hellte sich auf, als sie mich sah. Zumindest bildete ich mir das ein. Vielleicht war es auch nur Wunschdenken meinerseits. Ich machte sie mit Kate bekannt.
Kurz darauf erschien Ricardo, an seiner Seite eine bemerkenswerte dunkelhaarige Frau in einem kurzen schwarzen Kleid, das ihre Figur betonte. Da gab es einiges zu betonen. In dem tiefgebräunten Gesicht setzten Augen und Zähne schwarz-weiße Akzente. An Ohren, Hals und Fingern glänzte Gold.
Ricardo beugte sich herab und küßte Kate auf beide Wangen. »Wie schön, Sie zu sehen«, sagte er. »Ich freue mich, daß Sie heute kommen konnten. Geht es Oliver gut?«
Ricardos Stimme brachte nichts als höfliches Interesse zum Ausdruck. Mit keiner Miene verriet er, daß er jemals Zweifel an Olivers Krankheiten gehabt hatte. Ich setzte ein neutrales Gesicht auf.
»Oh, ja, es geht ihm ausgezeichnet«, antwortete Kate strahlend.
»Nick, ich glaube, Sie kennen meine Frau noch nicht«, sagte Ricardo. »Luciana, das ist Nick Elliot.«
»Hallo«, sagte sie mit heiserer, rauchiger Stimme und schüttelte mir die Hand. »Sind Sie Jamies Freund?«
»Ja.«
Ricardo wandte sich an Kate. »Sie kennen Nick natürlich schon länger.«
»Fast zehn Jahre. Ich kenne ihn sogar schon länger als Jamie.«
»Tatsächlich? Haben Sie sich am Magdalen kennengelernt?« Typisch für Ricardo, daß er mein College noch pr ä sent hatte.
»Nein, in der Cowley Road.«
Ricardo lachte. »Ich erinnere mich noch gut an sie. Gab es zu Ihrer Zeit noch Brett ’ s Burgers?«
Kate lächelte. »Und ob.«
»Nun, damit können wir natürlich nicht mithalten. Nehmen Sie sich aber trotzdem einen Burger oder was immer Sie wollen.« Er zeigte zum Grill, um den sich zwei Männer in weißen Jacketts mehr schlecht als recht kümmerten. »Irgendwo muß hier auch ein ganz guter Rotwein zu finden sein, aber Sie können auch beim Champagner bleiben, ganz wie es Ihnen beliebt.«
Er bemerkte, daß Kate Wasser in ihrem Glas hatte. »Oh, da ist irgendwo ein Mann mit gepreßtem Holunderblüte n saft. Den würde ich an Ihrer Stelle einmal probieren. Der ist ausgezeichnet.« Mit diesen Worten setzte er seinen Weg durch die Menge fort.
»Woher zum Teufel kennt er Brett ’ s Burgers?« flüsterte ich Kate zu. »Er war doch nicht in Oxford, oder?«
»Nein«, erwiderte sie. »Aber er weiß alles, wirklich alles. Du wirst dich noch daran gewöhnen.«
Dann wandte sich Kate Isabel und Luciana mir zu. »Ich habe gehört, daß Ihr erster Besuch in meinem Heimatland sehr unerfreulich war«, sagte Luciana. Sie stand sehr dicht vor mir. Trotz des
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