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Der Marktmacher

Der Marktmacher

Titel: Der Marktmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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hast.«
    »Ich habe es nicht verloren!«
    »Wo ist es dann?« fragte Jamie.
    »Ich schwöre dir, Jamie, daß ich ’ s nicht verloren habe. I r gend jemand muß es weggenommen haben, als ich in Br a silien war.«
    Das verschlug ihm die Sprache. Schließlich sagte er: »An deiner Stelle würde ich das Ganze vergessen.«
    »Warum?«
    »Weil ich fürchte, daß du recht hast. Ich wäre nicht überrascht, wenn Eduardo solche Geschäfte nebenbei laufen hätte. In unserer Welt ist das keine Seltenheit. Er wäre bestimmt nicht begeistert, wenn du es an die große Glocke hängst und ihm Ärger machst.«
    »Und was ist, wenn er gar nichts damit zu tun hat?«
    »Dann ist es auch nicht schlimm, wenn du die Sache auf sich beruhen läßt.« Jamie sah den Zweifel in meinen Augen . » Sieh mal, täglich werden im Bankenbereich viele Mi l lionen Dollar Drogengeld gewaschen. In jeder Bank finden sich solche Gelder. Probleme gibt es nur, wenn es bekannt wird. Dabei geschieht niemandem ein Leid. Es ist noch nicht mal Betrug. Niemand verliert Geld dabei. Vergiß es einfach! Du kriegst nur Schwierigkeiten, wenn du darüber sprichst.«
    »Aber ich will nichts vertuschen.«
    »Was vertuschst du?«
    »Das Fax.«
    »Was für ein Fax? Du hast kein Fax bekommen. Und wenn es solch ein Fax gegeben hat, dann war es nicht an dich gerichtet. Glaub mir, Nick, du solltest es vergessen. Ich tu ’ s jedenfalls.« Er stand auf.
    »Jamie?«
    Er blieb stehen.
    Ich zögerte, den Gedanken in Worte zu fassen, der in meinem Kopf Gestalt annahm. »Martin Beldecos hat vermutet, daß bei Dekker Ward Geld gewaschen wird. Er wurde in Caracas umgebracht. Dann habe ich Verdacht geschöpft, und prompt bin ich in Rio nur knapp einem A n schlag entgangen.«
    Als die Worte heraus waren, kam ich mir irgendwie töricht vor. Paranoid. Und Jamies spöttischer Blick verstär k te diesen Eindruck noch. Doch dann wurde sein Gesichtsau s druck freundlicher. »Nick, nach dem, was dir zugestoßen ist, bist du natürlich nervös. Man wird sicherlich Verstän d nis dafür haben, wenn du erst einmal nicht mehr nach Lateinamerika willst. Und wer weiß? Vielleicht wird irgendwo bei Dekker Ward tatsächlich ein bißchen schmutziges Geld versteckt. Aber mach aus ’ ner Mücke keinen Elefanten. B e ruhige dich und geh an deine Arbeit. Du kommst schon wieder auf die Beine.«
    Sprach ’ s und ging. Ich fühlte mich unsicher, verlegen und ein bißchen lächerlich.

ZEHN
    R icardo residierte in einem rechteckigen georgianischen Herrenhaus aus gelblichem Stein, das schöne, klare Linien hatte. Am Fuß des kleinen Hügels, auf dem es lag, drän g ten sich ein paar Häuser und eine Kirche. Ich fragte mich, was die Einheimischen von den neuen Bewohnern des großen Hauses hielten. Jamie fuhr eine lange Auffahrt hinauf, die sich durch eine weitläufige Rasenfläche schlänge l te. Bei der Anlage des Parks schien man eher an bequeme Pflege als an Schönheit gedacht zu haben. Es gab Büsche und Bäume, aber kaum Blumen. Auf dem Kies des Vo r platzes machten sich die nobelsten Erzeugnisse der deutschen Automobilindustrie die Parkplätze streitig. Ungeniert reihte sich Jamie mit seinem englischen Jaguar ein, unmittelbar neben dem einzigen anderen Exoten, Eduardos Ferrari.
    Ricardo gab eine Party für alle Mitarbeiter. Es war offenbar etwas, was in regelmäßigen Abständen stattfand, und diese war schon seit Wochen geplant gewesen. Jamie hatte mir gesagt, daß sie ein unbedingtes Muß sei, aber ich wäre sowieso hingegangen. Kate und er waren so nett gewesen, mich von einer nahegelegenen Bahnstation abzuh o len.
    Das Herrenhaus war traditionell eingerichtet, aber in der Diele und im Salon hingen große Bilder, die brasilianische Motive in kräftigen Farben zeigten. Wo Platz war, standen seltsame, exotische Skulpturen, in denen sich indianische und abstrakte Stilelemente zu mischen schienen. Die Wirkung war verblüffend. Sie erfüllten die kalten englischen Räume mit warmem Leben.
    Es war das erste milde Wochenende des Jahres, und die meisten Gäste hatten sich aus dem Salon in den Garten b e geben, um die Frühlingssonne zu genießen. Die Rückseite des Hauses wirkte weit weniger streng als die Vorderseite. Da gab es eine Terrasse, einen Baum und überall Tulpen. Am Grill herrschte Hochbetrieb, und Kellner in weißen Jacketts verteilten Champagnercocktails, die reißenden A b satz fanden.
    »Ich hasse solche Veranstaltungen«, flüsterte Kate mir zu . » Vor den beiden letzten habe ich mich

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