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Der Marktmacher

Der Marktmacher

Titel: Der Marktmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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der puritanischen Vorbesitzer des Hauses hat den griechischen Helden seiner Männlichkeit beraubt. Luciana hat ihn wieder vervollständigt. Ich glaube, sie ist sehr stolz darauf.«
    Himmel! Kate hatte gesagt, ich sollte Jamie im Auge behalten, und ich hatte es nicht getan. Aber es wäre absolut idiotisch, auf einer Party, bei der alle Kollegen anwesend sind, etwas mit der Frau des Chefs anzufangen. Wahnsinnig. Genau das, was Jamie in angetrunkenem Zustand ei n fallen konnte.
    Ich eilte ums Haus und versuchte, dabei soviel Lärm wie möglich zu machen, um sie nicht bei etwas zu überraschen, was ich nicht sehen wollte. Eine kleine Baumgru p pe stand in einiger Entfernung vom Haus. In der begi n nenden Dämmerung erkannte ich, daß sich ein Weg durch sie hi n durchwand.
    »Jamie!« rief ich. Zu laut. Das konnte jemand hören. Jemand anderes als Jamie.
    Schließlich fand ich die Statue. Keine Spur von Jamie oder Luciana. Ich war nicht sonderlich überrascht, als ich sah, daß Luciana nicht gerade sparsam gewesen war, als sie Herkules seine männliche Pracht zurückgegeben hatte. Jetzt war es wirklich ein stolzes Standbild.
    »Jamie! Nick hier! Komm endlich!« Ich brach krachend durch das Unterholz und trat schließlich vor dem Haus ins Freie. Da stand Jamie in einer kleinen Gruppe mit Luci a na, Eduardo und Pedro am Taxi. Alle lächelten sie, alle hatten sie einen Schwips.
    »Ah, Nick! Da bist du ja endlich!« rief er mit breitem Grinsen. »Ich habe dich schon überall gesucht. Das Taxi is t d a.«
    Ich war zu verlegen, um noch einmal zurückzugehen un d m ich von Ricardo zu verabschieden, aber ich dankte Luciana, die mich eng an sich zog, um mich auf beide Wange n z u küssen.
    »Es war entzückend, Sie kennenzulernen, Nick«, gurrte sie. »Kommen Sie mal vorbei und sehen Sie sich meine Entwürfe an.«
    »Mit Vergnügen«, sagte ich und verstaute Jamie im Taxi.
    D er Favela -Deal war gestorben. Boccis Zeitungen bericht e ten am Wochenende über den Skandal. Er kratzte ein bi ß chen am guten Ruf von Humberto Alves und dem Bürgermeister, war aber nicht substantiell genug, um ihnen wirklich zu schaden. In Brasilien war die Aufdeckung von Korruptionsfällen zum Volkssport geworden. Man hatte sogar einen Präsidenten vor Gericht gestellt und verurteilt. Aber an dieser Geschichte war zu wenig, um die Stadt wirklich zu überraschen: Jeder vermutete, daß solche Geschichten noch immer passierten. Abgesehen davon hatte Rios Bürgermeister mit Humbertos Unterstützung eine Menge getan, um den Haushalt der Stadt in Ordnung zu bringen. Man war nicht bereit, die beiden wegen einer unbestätigten Skandalgeschichte aus dem Amt zu jagen.
    Anders sah die Sache für Bloomfield Weiss aus. Internationale Banken, die sich in Lateinamerika betätigen, müssen sorgfältig auf ihren Ruf achten. Gringo-Investoren geraten leicht unter Korruptionsverdacht, wie Bloomfield Weiss am eigenen Leibe erfahren sollte. Die Bank konnte es sich nicht leisten , ihren Ruf noch weiter zu schädigen, i n dem sie an dem Geschäft festhielt. Also zog sie sich z u rück.
    Die Dekker-Ward-Maschine lief weiter, als wäre nichts geschehen, sie brachte Anleihen auf den Markt, streute Gerüchte, kaufte und verkaufte. Ich beobachtete Jamie bei der Arbeit und begriff jetzt schon weit mehr davon. Alle r dings blieben einige Themen ausgeklammert zwischen uns: der Favela -Deal, Geldwäsche und die Frage, wohin er und Luciana während der Party am Vortag verschwunden w a ren.
    Doch unser Brasilienbesuch fand nicht nur in Boccis Zeitungen seinen Niederschlag. Ein kleiner Artikel in der International Financing Review , dem Wochenblatt für den Rentenmarkt, sorgte für Unruhe im Börsensaal, als er b e merkt wurde. Er stand in der Klatschspalte, wo nicht selten die Ereignisse der nächsten Woche als unbestätigte G e rüchte von heute zu lesen waren.
    A ngriff auf Dekker-Ward-Mitarbeiter in Brasilie n
    E in englischer Banker, der für die in London ansässige Firma , Dekker Ward arbeitet, hielt sich letzte Woche in Brasilien auf. Nicholas Elliot wurde spät abends bei e i nem Spaziergang am Strand von Ipanema in Rio de Janeiro von einer Bande Jugendlicher angegriffen und durch einen Messerstich in die Brust verletzt. Elliot soll sich inzwischen schon wieder auf dem Weg der Bess e rung befinden.
    Anders sein Kollege, der amerikanische Staatsbürger Martin Beldecos, der letzten Monat in seinem Hotelzimmer in Caracas ermordet wurde, angeblich von Einbrechern. Zwei derartige

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