Der Marktmacher
richtige Zei t punkt ist, um mexikanische Bonds für zwei Milliarden Dollar unter die Leute zu bringen. Aber wir teilen uns das Geschäft mit der US Commerce, das reduziert unser Risiko. Und außerdem könnte es uns heute gelingen, Bloo m field Weiss in Lateinamerika ein für allemal zu erledigen. Also steigen wir bei neundreiviertel ein und machen das Geschäft. Okay?«
Ich sah, wie Jamie schmerzlich das Gesicht verzog. Er würde diese mexikanischen Bonds verkaufen müssen. Sogar mir war klar, daß es bei dieser Rendite schwierig sein würde. Er öffnete den Mund, als wollte er etwas sagen, schloß ihn dann aber wieder.
»Gut.« Ricardo rieb sich die Hände. »Also dann, verdienen wir ein bißchen Geld.«
Wie immer gab es an diesem Tag reichlich Lärm und Hektik im Börsensaal. Aber nur zwei Anrufe waren wirklich wichtig. Der erste wurde um elf Uhr dreißig zu Ricardo durchgestellt. Es war der Cheftrader von Bloomfield Weiss. Cheftrader sprechen selten miteinander, aber in diesem Fall blieb dem Mann von Bloomfield Weiss keine a n dere Wahl. Er wollte wissen, ob Dekker Ward argentinische Discounts für siebenhundert Millionen Dollar anbieten konnte.
Sofort wußte der ganze Börsensaal, was vor sich ging. Alles verstummte und beobachtete Ricardo.
»Zweiundsiebzig.«
Stille.
Dann legte Ricardo den Hörer auf. »Siebenhundert Millionen argentinische Discounts für zweiundsiebzig verkauft!«
Diese Mitteilung wurde mit begeistertem Jubel aufgenommen. In diesem einen Augenblick strich Dekker Ward einen Gewinn von fünfunddreißig Millionen Dollar ein.
Der zweite Anruf kam viel später, etwa um sieben Uhr Londoner Zeit. Dekker Ward und die US Commerce Bank hatten das Emissionsmandat erhalten, für zwei Milliarden Dollar Eurobonds der Vereinigten Mexikanischen Staaten mit einer Laufzeit von fünf Jahren und einer Rendite von neundreiviertel Prozent zu verkaufen. Die Emission sollte am folgenden Mittwoch erfolgen.
Der Marketmaker hatte Bloomfield Weiss aus seinem Territorium verjagt, und wir hatten eine Menge Bonds zu verkaufen.
ZWÖLF
D urch die Brady-Schlacht fühlte sich sogar Lord Kerton bemüßigt, Canary Wharf aufzusuchen und die siegreichen Truppen zu inspizieren. Er war der Vorsitzende von Dekker Ward, ein Posten, den er vor zwölf Jahren von seinem Vater praktisch geerbt hatte. Ricardo bekam freie Hand, eigene Büros in Canary Wharf und fünfzig Prozent der Pr o fite, die er erzielte, für sich und seine Leute. Kerton e r hielt die anderen fünfzig Prozent und hatte die Befriedigung, Dekker Ward zur erfolgreichsten Brokerfirma in London aufsteigen zu sehen. Ricardo und er begegneten sich mit einer Mischung aus Höflichkeit und Vorsicht.
Sie näherten sich dem Tisch, an dem ich mit Jamie saß.
»Jamie kennen Sie ja«, sagte Ricardo. »Aber Nick Elliot sind Sie, glaube ich, noch nicht begegnet. Nick ist eine u n serer Neuerwerbungen. Er hat herausgefunden, woher Bloomfield Weiss seine Bonds hatte.«
Stolz schwellte meine Brust, ob ich wollte oder nicht.
Lord Kerton schüttelte mir die Hand und blickte mir in die Augen. Er war ein hochgewachsener, athletischer Mann von etwa vierzig Jahren mit blondem Haar, das sich über seinen Ohren und im Nacken kräuselte. Sein Zwe i reiher hatte breite Streifen. »Saubere Arbeit, Nick. Schön, daß Sie bei uns sind!«
»Ich freue mich auch, daß ich zur Truppe gehöre.«
»Sehr schön, sehr schön«, sagte er und war schon wieder auf dem Weg nach draußen, wobei er sich neugierig umblickte, als könnte er, wenn er nur die Augen offenhielt, da s G eheimnis unseres ungewöhnlichen Erfolges unter e i nem der Schreibtische oder hinter einem der Bildschirme entde ck en. Alles in allem hatte sein Besuch eine halbe Stunde gedauert.
»Das war ja beinahe so etwas wie eine königliche Visite«, meinte ich zu Jamie.
Er lachte. »Das trifft den Nagel auf den Kopf. Kerton ist tatsächlich so eine Art Monarch, eine nützliche Galionsfigur ohne Einfluß, die weiß, daß sie gestürzt wird, sobald sie lästig werden sollte. Er ist kein Narr. Ihm ist klar, daß er die Hände in den Schoß legen und zusehen kann, wie die Profite auf sein Konto gehen, wenn er Ricardo in Ruhe läßt. Beneidenswerte Stellung, nur schwer ranzuko m men.«
Das Licht auf dem Telefon blinkte. Es war Alejo. Mit vier Punkten Gewinn hatte er seine argentinischen Discounts an Jamie verkauft. Obwohl er das Gespräch grö ß tenteils auf spanisch geführt hatte, gewann ich doch den Eindruck, daß Alejo nicht
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