Der Marktmacher
»Ich ha t te gehofft, endlich einmal einen Deal abzuschließen, der dem Hause Dekker Ward nicht nur Geld bringen, sondern auch Gutes stiften sollte. Wie dumm von mir!« Sie seufzte. »Trotzdem gibt es keinen Grund, Trübsal zu blasen. Man muß sich einfach dem nächsten Geschäft zuwenden. Es ist ein Fehler, Nick, wenn wir uns allzu genau fr a gen, was wir tun. Die Antworten werden Ihnen nicht gefa l len.«
Ich wußte, sie hatte recht. Auf eine widersinnige Weise machte es mir Mut, daß jemand wie Isabel, die meine B e denken hinsichtlich der Finanzwelt zumindest bis zu einem gewissen Grade teilte, eine Möglichkeit gefunden hatte, sich mit ihr zu arrangieren. Die Arbeit bei Dekker Ward fand ich faszinierend, und ich war entschlossen, Erfolg zu haben. Wenn Isabel den Job mit ihrem Gewissen vereinb a ren konnte, dann konnte ich das auch mit meinem.
Eines aber mußte ich sie noch fragen.
»Glauben Sie, daß Dekker Ward mit Geldwäsche zu tun hat?«
Sie dachte für einen Moment nach. »Nein«, sagte sie dann . » Ricardo nutzt alle Tricks, aber er weiß genau, wie weit er gehen darf. Geldwäsche ist ungesetzlich. Wer sich daran beteiligt, kommt in Teufels Küche, wenn er erwischt wird. Ricardo hat viel getan, um sich einen Ruf als aggressiver, aber legaler Investmentbanker zu erwerben. Ich kann mir nicht vorstellen, daß er den aufs Spiel setzen würde.«
Aufmerksam lauschte ich ihr. Sie schien überzeugt von dem, was sie sagte, und ich vertraute ihrem Urteil.
»Warum fragen Sie? Geht es um den Artikel im IFR?«
»Ja. Und um Jack Langtons Bemerkung über Dekker Ward und die Drogenkartelle in Rio«, sagte ich.
»Ich bin sicher , daß da nichts dran ist«, sagte Isabel. »Ich weiß über alle unsere Aktivitäten in Brasilien Bescheid.«
»Das ist noch nicht alles«, sagte ich. »Kennen Sie Lucianas Mädchennamen?«
Seit ich auf Ricardos Party mit ihr gesprochen hatte, wollte ich diese Frage schon loswerden. Im hektischen G e schehen der letzten Woche hatte ich nur noch keine Zeit dafür gefunden. Jetzt wollte ich endlich wissen, was los war.
Isabel war verwirrt, aber beantwortete meine Frage. » Aragão . Luciana Pinto Aragão .«
»Das dachte ich mir«, sagte ich. »Dann ist ihr Bruder also Francisco Aragão .«
»Stimmt«, sagte sie.
Wie ich vermutet hatte. Der brasilianische Finanzier, der in Martins Fax erwähnt wurde. Der Mann, der im Verdacht stand, an der Geldwäsche von Drogengeldern bete i ligt zu sein.
»Was hat das zu bedeuten, Nick?« fragte Isabel.
Ich berichtete ihr vom zweiten Fax an Martin Beldecos und von meinem Verdacht, daß es aus meinem Schreibtisch entwendet worden sei, während ich in Brasilien war. Außerdem erzählte ich ihr, mit welchem Nachdruck Ed u ardo verlangt hatte, daß ich ihm, und nur ihm, alle weit e ren Nachrichten für Beldecos aushändigte.
Isabel hörte mir aufmerksam zu.
»Nun, was halten Sie davon?« fragte ich, als ich fertig war.
»Ehrlich gesagt, ich weiß nicht, was ich davon halten soll.«
»Läuft da nun etwas, ja oder nein?«
»Nach allem, was Sie erzählt haben, muß da irgend etwas im Gange sein. Trotzdem kann ich nicht glauben, daß Ricardo daran beteiligt ist. Es sieht ihm einfach nicht äh n lich.«
»Francisco Aragão ist immerhin sein Schwager.«
»Das stimmt, aber Ricardo vermeidet auf das Sorgfältigste, irgendwelche Geschäfte mit ihm zu machen. Und ich kann das nur gutheißen. Francisco hat einen schlechten Ruf in Brasilien. Mein Vater hat mir erzählt, es gäbe G e rüchte, die ihn mit dem Drogenhandel in Verbindung bringen. Dekker Ward hat sich stets von ihm ferngeha l ten.«
»Vielleicht nur in der Öffentlichkeit. Könnte Ricardo nicht ein Geheimkonto bei Dekker Trust haben?«
Zweifelnd sah Isabel mich an. »Das könnte er natürlich ohne Probleme. Trotzdem glaube ich einfach nicht, daß er es tun würde. Das würde gegen seine Geschäftsprinzipien verstoßen. Es mag lächerlich klingen, aber Ricardo hat se i ne eigenen Regeln, und an die hält er sich eisern.«
»Was ist mit Eduardo?«
Wieder dachte Isabel einen Augenblick lang nach. »Das klingt schon eher wahrscheinlich. Für Eduardo gibt es überhaupt keine Regeln.«
»Und er ist für Dekker Trust verantwortlich, nicht wahr?«
»Richtig. Er könnte da leicht etwas drehen. Nur eines paßt nicht ins Bild.«
»Und das wäre?«
»Luciana und er kommen überhaupt nicht miteinander aus.«
»Hm«, sagte ich. »Das muß sie nicht hindern, geschäftlich miteinander zu verkehren.
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