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Der Marktmacher

Der Marktmacher

Titel: Der Marktmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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sehr dankbar war. Chris Frewer hatte am Morgen wesentlich begeisterter geklungen.
    »Alejo ist ein elender Mistkerl, oder?« fragte ich.
    »Ja«, sagte Jamie. »Aber man kann gute Geschäfte mit ihm machen. Ich beklage mich nicht. Hast du gesehen, was in den letzten Wochen gelaufen ist?«
    Er hatte recht. Alejo war mehrfach mit stattlichen Beträgen in den Markt und aus dem Markt gegangen. Mit sehr stattlichen Beträgen. Manchmal waren es zweihundert Mi l lionen. Einen solchen Kunden hält man sich gewogen, und wenn er noch so schwierig ist.
    M it dem Rad brauchte ich lediglich ein paar Minuten für die rund anderthalb Kilometer vom Büro zur Bar, wo ich mich mit Isabel verabredet hatte. Es war nicht unbedingt ein heimliches Treffen, aber Isabel scheute doch das Aufsehen, das wir erregt hätten, wenn wir die Firma zusammen verlassen oder uns bei Corney and Barrow getroffen hä t ten, wa s w eitaus bequemer gewesen wäre, weil der Pub d i rekt am Canary Wharf lag, aber dort traf sich am Freitag abend die ganze Dekker-Ward-Meute.
    Die Bar bot viel Platz und einen enormen Lautstärkepegel; ein ehemaliger Speicher, der bei der Übernahme der Docklands durch die Yuppies zweckentfremdet worden war. Überall saßen und standen junge Männer und Frauen und tranken Designerbier. Einige waren hier auf dem Weg von Canary Wharf nach Westen eingekehrt, andere stellten die neuen Bewohner der Gegend dar, das heißt, sie waren in die unverschämt teuren, zum Wasser hin gelegenen Wohnungen eingezogen. Echte Eastender traf man log i scherweise hier nicht an.
    Obwohl ich selbst einen trug, fühlte ich mich noch immer unwohl in diesem Meer von Anzügen. Ich war eher an die Pubs in Bloomsbury oder Kentish Town gewöhnt, wo sich sehr viel salopper gekleidete Männer und Frauen sehr viel ruhiger bei Pints mit Bitter unterhielten.
    Isabel kam kurz nach mir. Während der Woche hatten wir wenig miteinander gesprochen. Meistens hatte ich an Jamies Schreibtisch gesessen, und Isabel hatte sehr viel zu tun gehabt.
    Ich war mir noch immer ziemlich sicher, daß es ihr nicht behagte, sich mit jemandem aus der Firma einzulassen. Ich konnte das durchaus nachvollziehen, wenn ich auch nicht eben gerade glücklich darüber war. Doch ich ahnte, bei Isabel hatte es keinen Zweck, sein Glück erzwi n gen zu wollen.
    Ich holte zwei unverschämt teure Flaschen Budvar, offenbar das bevorzugte Getränk hier, und wir setzten uns auf Hocker am Ende eines überfüllten Tisches.
    »Das war eine lange Woche«, sagte ich und nahm einen großen Schluck von dem stark malzhaltigen Bier. »Genau wie die letzte Woche. Es kommt mir geradewegs so vor, als wäre ich schon seit einem Jahr bei Dekker Ward. Geht es bei euch immer so zu?«
    »Im Prinzip ja«, sagte Isabel. »Irgend etwas passiert immer.«
    »Arbeiten Sie an einem neuen Favela -Deal?«
    »Ja. Es sieht so aus, als sei São Paulo interessiert.« Sie seufzte. »Aber nach dem, was mit dem Rio-Deal passiert ist, kann ich mich kaum dazu motivieren, wieder soviel Arbeit zu investieren.«
    »Sie müssen!« sagte ich.
    »Ich kann es noch immer nicht glauben.« Ihr stieg die Zornesröte ins Gesicht. »Oder vielmehr, bei Ricardo überrascht es mich nicht. Und da liegt das Problem. Na gut, ich habe es vermasselt. Mir ist das Geschäft durch die Lappen gegangen. Aber das ist doch kein Grund, den Menschen von Rio diese Chance vorzuenthalten.«
    »Exakt meine Meinung«, sagte ich. »Ich habe im Flugzeug mit Ricardo darüber gesprochen.«
    »Was hat er gesagt?«
    »Er sagte, ihm sei klar, daß der Favela- Deal viel Gutes hätte bewirken können. Aber er könne Bloomfield Weiss auf gar keinen Fall so davonkommen lassen. Er habe keine andere Wahl gehabt.«
    »Quatsch!«
    »Ich kann mich nur sehr schwer daran gewöhnen«, sagte ich. »Meine frühere Tätigkeit diente einem Zweck, der nichts mit Geldverdienen zu tun hatte. Wir haben versucht, etwas Wichtiges zu vermitteln. Und wir haben versucht, Literatur und Sprache etwas besser zu verstehen. Unser Gehalt reichte gerade aus, um damit fortfahren zu können. Aber jetzt tun wir nichts anderes, als für uns und unsere Firma Geld zu verdienen. Wenn ein Geschäft Geld bringt, dann sind wir dabei, wenn es nichts bringt, lassen wir es, und wenn es einem Konkurrenten Geld bringt, dann m a chen wir es kaputt.«
    »Was haben Sie erwartet?« murmelte Isabel.
    »Vermutlich habe ich nichts anderes erwartet. Ich muß mich nur daran gewöhnen.«
    »Es ist ein schmutziges Geschäft«, sagte Isabel.

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