Der Marktmacher
Boden war naß und sumpfig. Auf einem schmalen Pfad kletterten wir einen steilen Hügel empor. Der Weg konnte nicht sehr breit sein, denn die niedrige Vegetatio n s chlug mir um die Knöchel. Unter und hinter uns hörte ich die beiden Autos davonfahren. Mit der Binde vor Augen konnte ich mich nicht vor den Ästen und Ranken schü t zen, die mir ins Gesicht peitschten. Wenn man blind durch einen unbekannten Dschungel gestoßen wird, werden alle möglichen Urängste vor Schlangen und plötzlichen Abgründen wach. Ich versuchte mich langsam und vorsichtig vorwärtszubewegen, doch jedesmal, wenn ich zögerte, stieß mir jemand einen harten Metallgegenstand in den Rücken.
Vor und hinter mir hörte ich Bewegungen. Ich rief nicht mehr nach Isabel. Ich wollte das Schicksal nicht noch ei n mal herausfordern.
Nach etwa einer Stunde begann der Boden eben zu werden, so daß das Gehen leichter wurde. Zehn Minuten später hörte ich das Kommando » Pare! « u nd dann »Stopp!«.
Erleichtert blieb ich stehen. Man nahm mir die Augenbinde ab. Es war noch immer dunkle Nacht, aber ohne die Binde kam es mir fast taghell vor. Ein Zelt aus Segeltuch war zwischen drei Bäumen aufgespannt worden, zehn Meter weiter ein zweites. Ich erblickte Isabel und zwei Männer. Beide trugen sie Skimasken. Der, der mir die Auge n binde abgenommen hatte, stand wenige Schritte von mir entfernt und hielt seine Waffe unverwandt auf mich gerichtet. Dunkle, mißtrauische Augen starrten mich durch die Maske an. Der andere Mann nahm Isabel die Augenbinde ab.
Sie sah sich nach mir um und fing meinen Blick auf. Ihr schien nichts zu fehlen, obwohl sich bei näherem Hinsehen herausstellte, daß es sich bei einem vermeintlichen Schatten auf der einen Wange um eine Prellung handeln mußte. Die Schweine hatten sie geschlagen!
Aus einem auf dem Boden liegenden Sack zog einer der Männer Handschellen und eine Kette hervor, während der andere uns mit seinem Revolver in Schach hielt. Ohne Augenbinden genossen wir für ein paar Sekunden so etwa s w ie relative Freiheit, bevor man uns irgendwo anketten würde. Auch wenn uns natürlich noch die Hände gefesselt waren. Außerdem war eine Waffe auf uns gerichtet.
Isabel muß die Situation ähnlich wie ich wahrgenommen haben, denn als sich der Mann mit den Handschellen aufrichtete, trat sie ihm mit aller Kraft zwischen die Beine.
Augenblicklich richtete sich die Waffe des anderen auf Isabel.
»Nein!« schrie ich und sprang ihn an.
Er zögerte für den Bruchteil einer Sekunde, abzudrücken. Vielleicht widerstrebte es ihm, eine Frau kaltblütig nieder zuschießen. Ich weiß es nicht. Ich schlug mit aller Kraft auf den Arm mit dem Revolver, so daß die Waffe zu Boden fiel. Allerdings war er mit seinen Händen näher an ihr dran als ich. Im letzten Augenblick gelang es mir, die Waffe mit dem Fuß ins Unterholz zu stoßen.
»Lauf!« rief ich Isabel zu.
Zwei Wege führten von der Lichtung fort, der eine dorthin, woher wir gekommen waren, und der andere auf der entgegengesetzten Seite den Berg hinunter. Für letzteren entschied sich Isabel, und ich folgte ihr. Der von Isabel getretene Kidnapper hielt sich stöhnend den Unterleib, während der andere im Unterholz nach der Waffe suchte.
Der Weg fiel steil ab. Wir rutschten mehr, als daß wir liefen. Mit gebundenen Händen war es schwer, das Gleichgewicht zu halten. Ständig stürzten wir und schlugen hart auf, da wir uns nicht mit den Händen abfangen konnten. So rollte, taumelte und sprang ich den Berg hi n unter, aber Isabel kam nicht nach. Ich hielt inne, um auf sie zu warten. Stolpernd kam sie den steilen Abhang hinab auf mich zu. Urplötzlich wurde sie zurückgerissen. Ihre gefesselten Hände hatten sich in einem Busch verfangen. Hastig kle t terte ich wieder die Steigung empor, um ihr zu helfen.
Über uns war das Krachen und Bersten von Zweigen zu hören: Einer der beiden Männer kam den Hügel herunte r geschliddert. Es war der, den Isabel zwischen die Beine g e treten hatte; er schien keine Waffe mit sich zu führen.
Isabels Hände hatten sich hoffnungslos in dem Busch verfangen. Strick und Zweige waren naß und schlüpfrig, so daß ich sie nicht befreien konnte.
»Lauf, Nick!« rief sie.
Ich hörte nicht auf sie, sondern riß verzweifelt an dem Strick.
»Lauf, Nick! Verschwinde!«
Ich richtete mich auf und erblickte einen unserer Kidnapper wenige Schritte über uns. Dann hörte ich den anderen ein Stück höher rufen und gleich darauf das metall i sche
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