Der Marktmacher
er.
»Tut mir leid, daß ich nicht bei dir übernachte«, sagte Isabel. »Aber wir fahren gleich morgen früh zum Flughafen, und ich wußte, daß du heute in Petropolis warst. Wir müssen morgen sehr früh aufbrechen, darum schien es mir vernünftig, mit Nick im Hotel abzusteigen. Da kann ich ihn gleich mit zum Flughafen nehmen.«
Die Erklärung kam eine Spur zu hastig. Ich fand sie ein wenig an den Haaren herbeigezogen. Luís offenbar auch, jedenfalls streifte er mich mit einem nachdenklichen Blick. Ich suchte meinem Gesicht einen möglichst unschuldigen Ausdruck zu geben.
Er zuckte mit den Achseln. »Macht nichts. Ich habe volles Verständnis dafür. Du wohnst doch oft im Copacabana Palace, wenn du in Geschäften hier bist. Ich freue mich, daß wir uns wenigstens zum Dinner sehen.«
Isabel wurde auf höchst anmutige Weise rot und beschäftigte sich sehr angelegentlich mit ihrem Essen.
»Die Geschichte mit dem Favela-Bairro-Deal tut mir aufrichtig leid«, sagte Luís .
»Ja, ich weiß. Ricardo hat den ganzen Skandal arrangiert. Das Geschäft mit dem Drogenhandel in Verbindung zu bringen, war absolut lächerlich. Aber Ricardo wollte nicht, daß Bloomfield Weiss das Emissionsmandat b e kam.«
»So etwas in der Art habe ich vermutet. Was in Oswaldo s Z eitungen steht, kann man sowieso nicht für Ernst nehmen. Ich lese sie nie.«
»Aber es gibt noch eine Chance. São Paulo ist an einem ähnlichen Geschäft sehr interessiert.«
»Wunderbar. Viel Glück dabei. Ihr fliegt also morgen zurück?«
»Ja«, sagte Isabel.
»Na, dann denken Sie dran, Nick. In São Paulo dürfen Sie ausatmen, aber nicht einatmen.«
Ich lachte. »Ich werde Ihren Rat zu beherzigen wissen.«
Um zwölf brachen wir schließlich auf. Inzwischen war aus dem Unwetter ein Dauerregen geworden, der offenbar die ganze Nacht über andauern würde.
»Soll ich euch mit meinem Wagen zum Hotel fahren? « f ragte Luís .
»Nein, vielen Dank«, sagte Isabel. »Ich habe im Hotel ein Taxi bestellt. Es wartet wahrscheinlich schon den halben Abend auf uns. Nun sollten wir es auch nehmen.«
Wieder ein mißtrauischer Blick von Luís , dem ich mit unschuldiger Miene begegnete.
»Na dann, auf bald, mein Kleines.« Er beugte sich hinab, um seine Tochter zu küssen. Dann richtete er sich auf und gab mir die Hand. Ich begegnete seinem Blick. Zu meiner Erleichterung war er noch immer wohlwollend. »Es war schön, Sie wiederzusehen, Nick. Schauen Sie doch bei mir vorbei, wenn Sie das nächste Mal wieder in Rio sind.«
»Danke«, sagte ich, »sehr gern.«
Er lief durch den Regen zu seinem von einem Chauffeur gefahrenen Wagen, während wir ins Taxi sprangen.
»Warum sind wir nicht mit ihm gefahren?« fragte ich.
»Weil ich ein noch schlechteres Gewissen gehabt hätte, wenn ich mich von ihm am Hotel hätte absetzen lassen.«
»Er ahnt etwas«, sagte ich.
»Glaubst du?« Isabel ließ sich in den Sitz fallen. »Mach dir nichts draus. Ich glaube, er mag dich.«
»Ich mag ihn auch.«
Isabel lächelte und legte den Kopf auf meine Schulter. »Ich bin entsetzlich müde.«
Unter dem Einfluß von Alkohol und Müdigkeit blickten meine Augen ins Leere, ohne viel wahrzunehmen. Von e i nem Auto vor uns abgesehen, war die Straße leer. Plötzlich stoppte es.
Unser Fahrer fluchte leise, stieg auf die Bremse und hupte. Plötzlich, huschende Bewegung um den Wagen. Der Fahrer reagierte sofort und drückte einen Knopf in Schulterhöhe. Die Zentralverriegelung rastete ein. Wütend heulte das Getriebe auf, als er den Rückwärtsgang reinjagte. Aber da krachte es auch schon hinter uns. Wir waren auf ein Hindernis aufgefahren. Ich drehte mich um. Ein zwe i tes Auto stand dicht hinter uns, um uns jede Fluchtmöglichkeit zu nehmen. Das Taxi machte einen Satz nach vo r ne und krachte in den Wagen vor uns, als unser Fahrer auszuscheren versuchte. Dann zersplitterte das Fenster auf der Fahrerseite. Ein Revolverlauf wurde sichtbar, und eine Stimme stieß einen drohenden Befehl aus. Der Fahrer nahm die Hände vom Lenkrad und gab die Zentralverri e gelung frei.
Isabel schrie auf.
Ich wandte mich der Tür auf meiner Seite zu, als sie aufgerissen wurde. Eine Waffe richtete sich auf mein Gesicht. Ein Mann mit Skimaske schrie mich auf portugiesisch an. Seine Augen habe ich bis heute nicht vergessen. Sie waren braun, mit riesigen Pupillen, und von Panik g e zeichnet. Ich konnte buschige Augenbrauen erkennen und ein paar Pi c k el, die im Abheilen begriffen waren. Die Maske war trop f
Weitere Kostenlose Bücher