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Der Maya-Kalender - die Wahrheit über das größte Rätsel einer Hochkultur

Titel: Der Maya-Kalender - die Wahrheit über das größte Rätsel einer Hochkultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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besser erschließen lässt. Dennaus dieser Zeit stammt eine Fülle hieroglyphischer Inschriften über die Geschichte der Gottkönige – beziehungsweise darüber, wie die herrschaftliche Propaganda die Taten der Könige dargestellt sehen wollte, denn eine unabhängige Geschichtsschreibung gab es nicht. Mit der klassischen Periode wird außerdem eine Langzeitchronologie üblich, die zum Zwecke der Geschichtsschreibung ja auch gebraucht wird. Und schließlich werden in Stein gemeißelte Herrscherporträts jetzt immer häufiger.
    Kaminaljuyu erlebte später, ab ca. 400 n. Chr., eine zweite Blüte, die es dem mächtigen Einfluss Teotihuacáns verdankte, dem »Rom Mesoamerikas«. Ob die Metropole unweit des heutigen Mexiko-Stadt wirklich ein Reich unterhielt, wie wir es vom Imperium Romanum kennen, oder eher eine Art Wirtschaftsimperialismus ausübte, konnte bisher nicht befriedigend geklärt werden. In jedem Fall profitierten viele Städte Mittelamerikas von ihrer Ausstrahlung, die sie aber gleichzeitig in erhebliche Abhängigkeit zwang: wirtschaftlich und politisch, weil Teotihuacán Anspruch auf politische Vorherrschaft erhob, sei es nun als mächtiges Reich oder als Handelsmonopolist. In der Durchsetzung dieses Anspruchs war die Metropole im Hochlandbecken von Mexiko keineswegs zimperlich, und ihre militärische Schlagkraft war insbesondere bei den Maya gefürchtet – aber auch bewundert. Diese Bewunderung schlug sich in Nachahmung nieder, sowohl künstlerisch und architektonisch als auch symbolisch – etwa wenn sich Maya-Könige mit kriegerischen Attributen aus Teotihuacán abbilden ließen.

    Die Wirtschaftsmacht Teotihuacán hatte erheblichen Einfluss auf einen der bedeutendsten Protagonisten der ebenso schillernden wie blutigen Geschichte im Maya-Tiefland der klassischen Zeit: Tikal, im Norden Guatemalas gelegen und vermutlich diejenige Stadt, die das Tiefland zum Aufblühen anspornte und erfolgreich darin war, andere Städte zu dominieren und tributpflichtig zu machen– aber auch immer wieder handfeste Niederlagen einstecken musste. Die Forschung betrachtet Tikal und seine Geschicke als wichtigen Schlüssel zum Verständnis für die Geschichte der Tiefland-Maya. Schon gegen Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr. hatte hier Yax Eeb Xook, der den Titel »Herr aus dem Westen« erhielt und vielleicht aus Teotihuacán kam, eine Herrscherdynastie begründet, die einigermaßen lückenlos, wenn auch nicht gerade genealogisch lupenrein, über acht Jahrhunderte verfolgt werden kann. Die Gottkönige ließen ihre Geschichte und Verdienste auf Steinstelen verewigen – maßgebliches Merkmal der Maya-Kultur der klassischen Epoche und eine Hauptquelle für ihre wissenschaftliche Erforschung. Rege Bautätigkeit lässt außerdem erheblichen Wohlstand erkennen, der wohl vor allem auf weit gespannte Handelsbeziehungen zurückzuführen ist.
    Der alten Dynastie von Tikal machte jedoch schon bald der übermächtige Handelspartner Teotihuacán ein Ende: Nach dem vermutlich gewaltsamen Tod des letzten Königs setzte die mexikanische Metropole im Jahr 378 eine Marionettendynastie von ihren Gnaden ein. Mit einiger Dreistigkeit – aber keineswegs außergewöhnlich in der Geschichte von Herrscherdynastien, und das weltweit – stellten sich die neuen Machthaber ganz unverblümt in dieselbe Nachfolge wie die Dynastie, mit der sie kurzen Prozess gemacht hatten: Auch sie beanspruchten den ersten Herrscher von Tikal als Ahnherrn. Und schon recht bald nach der Machtübernahme durch Teotihuacán kehrte man in Tikal und anderswo zur Tradition der Maya zurück – aber nicht ohne das eine oder andere Element zu übernehmen, vor allem eine bewährte Marke aus dem Hause Teotihuacán namens militärisches Großmannstum. Reihenweise fielen in der Folge andere Maya-Städte der Region unter die Vorherrschaft der neuen Herren der Stadt, darunter Uaxactún, damals Tikals größter Rivale und nur gut 20 Kilometer entfernt. Ein anderes gängiges Mittel der Politik istuns aus der abendländischen Geschichte ebenfalls nur zu gut bekannt: Heiratsdiplomatie der herrschenden Eliten untereinander, wobei dem Maya-Adel keine hinderliche Vorschrift zur Monogamie wie im christlichen Abendland im Weg stand. Beide Strategien zusammen angewandt waren ziemlich unschlagbar.
    Ein Verbündeter Tikals war das malerisch gelegene Palenque im Nordwesten des heutigen mexikanischen Bundesstaates Chiapas, am Übergang zwischen dem Tiefland und dem Hochland mit seinen ausgedehnten

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