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Der Medicus von Heidelberg

Der Medicus von Heidelberg

Titel: Der Medicus von Heidelberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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statt.«
    Von Obernissa musterte mich wie ein Insekt. »Das mag sein oder nicht. Für mich zählen nur Tatsachen. Und Tatsache ist, dass hier eine Leiche seziert wurde und dies ohne Einwilligung der Hinterbliebenen geschah.«
    Eustach sagte verschüchtert: »Auf Ehre, Herr Hauptmann, da waren keine Hinterbliebenen.«
    »Das mag sein oder nicht. Für mich zählen nur Tatsachen. Und Tatsache ist, dass keine Einwilligung zu einer Sektion vorliegt.«
    Ich sah, wie de Berka wütend wurde, und auch mir schwoll langsam der Kamm. Schließlich hatten wir nichts Unrechtes getan. »Habt Ihr eigentlich schon bemerkt, dass in der Stadt die Pest herrscht und alles drunter und drüber geht?«, fragte ich.
    »Ihr seid dieser Studiosus Nufer, der schon einmal widerrechtlich als Arzt gearbeitet hat, nicht wahr?«
    »Ich habe Pestkranke gepflegt.«
    »Und dabei wie ein Arzt gehandelt. Doch lassen wir das. Ja, mir ist bekannt, dass in der Stadt die Pest herrscht. Das ist eine Tatsache. Ebenso wie es eine Tatsache ist, dass der Leichnam der Elsbeth Starnow aus einem Massengrab vor der Stadt geraubt wurde.«
    »Aus einem Massengrab? Wer behauptet das?« De Berka bebte vor Zorn.
    Eustach protestierte schwach. »Aber, Herr …«
    Ich fragte, um einen ruhigen Ton bemüht: »Habt Ihr Zeugen für diese ungeheuerliche Behauptung?«
    »Allerdings.«
    »Und darf man fragen, wen?«
    »Das tut nichts zur Sache.«
    De Berka hatte genug. Mit schneidender Stimme fuhr er den Hauptmann an: »Was Ihr nicht sagt! Ich dachte, für Euch zählten nur Tatsachen? Also, heraus mit der Sprache, wer ist es? Wenn Ihr den Namen nicht nennt, ist Eure Behauptung keinen Pfifferling wert!«
    Von Obernissa streckte sich. »Es ist ein gewisser Reimar Guldt.«
    »Reimar?« Eustach fielen fast die Augen aus dem Kopf. »Reimar, dieser … dieser …«
    »Hüte deine Zunge, Alter«, rief von Obernissa scharf. »Reimar Guldt ist ein Zeuge der Stadt.«
    »Das mag sein oder nicht«, ahmte de Berka den unwillkommenen Besucher nach, »auf jeden Fall ist er ein Lügner.«
    »Das will ich überhört haben! Leichen aus Gräbern zu stehlen ist ein schweres Verbrechen. Und nun Schluss mit dem Geplänkel, ich komme zur Verhaftung, zunächst des Studiosus Lukas Nufer, denn auf seine Veranlassung hin wurde die Leiche geraubt.«
    Eustach rang die Hände. »Herr Hauptmann, das stimmt nicht!«
    »Schweig, Alter!« Von Obernissa entrollte ein Pergament, straffte sich und begann mit wichtiger Miene zu lesen: »Im Namen des Schultheißen und des Rates der Stadt Erfurt …«
    Es klopfte an der Tür. Von Obernissa hielt ärgerlich inne. »Wer kann das sein?«, fragte er scharf.
    »Wir werden es gleich wissen«, sagte ich. Ich ging und öffnete die Tür. Vor mir stand ein großgewachsener Mann, jeder Zoll ein Herr. Er trug ein grünes samtenes Barett, das mit einer edelsteinbesetzten Agraffe geschmückt war, eine schwarze ausladende Schaube mit breitem Pelzkragen und weiten Ärmeln und kostbare, seidenglänzende Beinlinge. Die Schuhe zierten silberne Schnallen. »Mein Name ist Ludek von Selfisch«, stellte er sich vor. »Ich hoffe, ich komme nicht ungelegen?«
    Von Obernissa, eben noch dienstlich und unnahbar, wurde unversehens verbindlich. »In gewisser Weise schon, Herr Stadtrat, eben war ich im Begriff, eine Verhaftung vorzunehmen.«
    »Eine Verhaftung?« Von Selfisch runzelte die Stirn. »Warum, Obernissa?«
    »Leichenraub zum Zwecke der anatomischen Sektion.«
    Von Selfisch schürzte die Lippen, blickte uns der Reihe nach an und sagte dann, wieder zu von Obernissa gewandt: »Das ist ein schwerer Vorwurf. Wer erhebt ihn?«
    »Der Zeuge Reimar Guldt, Herr Stadtrat.«
    »Reimar Guldt? Nie gehört. Wer ist der Mann?«
    De Berka antwortete: »Einer, der unterm Hütchen spielt, Herr Stadtrat. Erst hat er uns seine Hilfe beim Transport der Kranken angedient, anschließend hat er uns denunziert. Wer weiß, wie viel und von wem er dafür bekommen hat. In jedem Fall ist es eine schamlose Lüge, dass die von uns sezierte Leiche geraubt wurde, so wahr ich Justus Rating de Berka bin, ordentlicher Professor der Medizin an der hiesigen Hierana.«
    Von Selfisch hob beschwichtigend die Hand. »Ich glaube Euch selbstverständlich, Herr Professor. Eure wissenschaftlichen Verdienste sind dem Rat der Stadt wohlbekannt.«
    »Ich danke Euch.« De Berka schien einigermaßen beruhigt. »Für meinen Freund, den Studiosus der Medizin Lukas Nufer, lege ich die Hand ins Feuer. Auch er hat nie etwas Unbotmäßiges

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