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Der Medicus von Heidelberg

Der Medicus von Heidelberg

Titel: Der Medicus von Heidelberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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überlegte und stellte fest, dass mir der Gedanke, ein paar Tage an Luthers Seite zu verbringen, durchaus gefiel. »Darf Schnapp uns begleiten?«, fragte ich.
    »Gewiss, natürlich!«
    »Dann komme ich gern mit. Allerdings weiß ich nicht, wann der Lehrbetrieb für uns Mediziner wieder anfängt. Ich möchte den Beginn auf keinen Fall versäumen. Am besten, ich frage meinen Freund de Berka.«
    »Deinen Freund de Berka? Er ist, soviel ich weiß, nur dein Professor?«
    »Mittlerweile auch ein guter Freund. Aber das ist eine lange Geschichte.«
    »Erzähle sie mir.«
    Nachdem ich Luther mit knappen Worten meine Erlebnisse während der Pestzeit geschildert hatte – den Tod von Engelhuss wohlweislich verschweigend –, ging ich am Abend in die Pergamentergasse und suchte de Berka auf.
    Er saß gerade beim Abendessen, und Muhme Lenchen trug die Speisen auf. »Da staunst du, was?«, fragte er, um sogleich fortzufahren: »Der Schwarze Tod hat meine Köchin dahingerafft, da meinte Muhme Lenchen, ich könnte nicht auf ihre Dienste verzichten.«
    »So ist es«, bestätigte die alte Frau. »Wollt Ihr mit uns essen, Herr?«
    Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Wir griffen tüchtig zu, und als wir unsere Mahlzeit beendet hatten, fragte de Berka, was mich zu ihm geführt habe.
    Ich sagte es ihm, und er antwortete: »Auf Luther scheinst du große Stücke zu halten, deshalb begleite ihn ruhig und lerne sein Elternhaus kennen. Der Lehrbetrieb für die Mediziner beginnt sicher erst in zwei Wochen, zu vieles muss wieder neu geordnet werden.«
    »Danke, Justus.«
    »Noch etwas.« De Berkas Miene wurde ernst. »Die Sache mit Engelhuss ist zwar ausgestanden, doch Sabber und Reimar sind immer noch da. Ich glaube nicht, dass sie dir Böses wollen, aber man weiß ja nie. Auch deshalb wird es gut sein, wenn du Erfurt für ein paar Tage den Rücken kehrst.«
    Daran hatte ich noch gar nicht gedacht. Aber de Berka hatte natürlich recht. Ein wenig Gras über die Sache wachsen zu lassen würde nicht schaden. »Danke, Justus«, sagte ich nochmals und stand auf. »Ich bin ab morgen fort. Gott befohlen und auf ein baldiges Wiedersehen.«
    »Gott befohlen«, antworteten de Berka und Muhme Lenchen wie aus einem Munde.
     
    Ich hatte mir wenig Gedanken über Luthers Eltern gemacht, doch als ich zwei Tage später vor ihrem festgefügten Haus mit der Madonnenfigur am Giebel stand, ahnte ich, dass ich es mit fleißigen, kirchentreuen Leuten zu tun hatte. Die Mutter empfing uns an der Tür, sich noch schnell die Hände an der Schürze abwischend. »Martin, bist du es wirklich?«, rief sie, während ihr Tränen der Freude über die faltigen Wangen liefen.
    »Ja, ich bin es, Mutter«, antwortete Luther mit betonter Fröhlichkeit. »Und das ist mein guter Freund Lukas Nufer, ein Studiosus der Medizin, dazu sein braver Hund Schnapp.«
    »Seid mir willkommen, Herr Studiosus«, sagte die Mutter. Obwohl sie es an Höflichkeit und Herzlichkeit nicht mangeln ließ, sah ich doch, dass sie nur Augen für ihren Sohn hatte. Aber ich nahm es ihr nicht übel.
    »Kommt herein, ihr beiden, das Essen steht auf dem Tisch, als hätte ich’s geahnt, dass ihr uns heute besucht. Vater muss auch gleich da sein, er wollte noch schnell zum Magistrat, um über die letzten Fördermengen Auskunft zu geben. Es kann den Herren ja nie genug von dem Schiefer sein. Aber was rede ich, das muss euch ja nicht kümmern.« Rasch schob sie uns in die große Stube im Erdgeschoss, in der die Tafel angerichtet war. Die Speisen darauf spiegelten den bescheidenen Wohlstand wider, den das Ehepaar Luther sich durch seinen unermüdlichen Fleiß erarbeitet hatte. Drei gebackene Kapaune lagen auf zinnenen Tellern, daneben eine große Schüssel mit allerlei Gemüse, zweierlei Sorten Brot, nicht nur von gemischtem Korn, sondern auch von Weizen, Wildpastete, gute Butter und manches mehr. Meine Sorge, die Hausfrau könne befürchten, sie habe uns als zusätzliche Esser nicht genügend anzubieten, schien unbegründet. Drei Kinder saßen schon am Tisch, Luthers jüngere Schwestern, wie ich annahm. Sie unterhielten sich lebhaft, doch als sie unserer angesichtig wurden, unterbrachen sie ihre Schwatzerei und begrüßten ihren erwachsenen Bruder mit freudigen Rufen.
    »Was ist das für ein Lärm?« Ohne dass wir es bemerkt hatten, war ein älterer Mann hereingekommen, dessen Gesicht große Ähnlichkeit mit Luther aufwies – der Vater.
    Er wurde geziemend begrüßt, und Luther stellte mich ein zweites Mal

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