Der Medicus von Heidelberg
müssen einen tüchtigen Kutscher gehabt haben.«
Dann war er hinübergerudert und hatte Odilie geholt, um anschließend den Weg nochmals zu machen und Milda am Ufer aufzulesen. Die treue Zofe hatte uns aus der Ferne zugewinkt, während Fischel sein Boot mit kraftvollen Ruderschlägen nach Heidelberg zurücktrieb. Milda, so war es abgesprochen, sollte bei ihm und Rahel wohnen, denn während unseres Inselaufenthaltes musste sie irgendwo bleiben.
Ich sog tief die würzige Morgenluft ein und ging zurück. Als Schnapp und ich die Hütte betraten, hatte Odilie sich gerade erhoben. Sie war nackt, wie der Herrgott sie geschaffen hatte. Als sie meiner gewahr wurde, stieß sie einen leisen, erschreckten Laut aus.
Ich musste lachen. »Keine Angst, meine Prinzessin, vor dir steht nur dein nackter Ehemann.«
»Und ein pudelnasser Riesenhund.«
Ich ging auf sie zu und nahm sie in die Arme. »Guten Morgen«, flüsterte ich ihr ins Ohr. »Ich hoffe, du hattest eine angenehme Nacht?«
»Sie war sehr angenehm, auch wenn da jemand war, der mich kaum schlafen ließ.«
»Dann sollten wir uns erfrischen. Ich habe eine Idee. Was hältst du von einem Bad im Fluss?«
»Ein Bad im Fluss? Seid Ihr von allen guten Geistern verlassen, Herr Medicus?«
»Der Medicus hat ausgedient. Vorübergehend jedenfalls. Vor dir steht Adam, denn wir sind hier im Paradies. Adam und Eva sollten der Versuchung erliegen und ein Bad nehmen. Es ist Sonntag. Die Arbeit ruht, die Ufer sind wie ausgestorben, kein Mensch wird uns sehen.«
Odilie schaute mich unschlüssig an. »Ich glaube, es geht trotzdem nicht. Die Sonne wird meine Haut verbrennen, und ich werde ganz furchtbar aussehen. Stell dir vor, ich wäre so braun wie eine Feldmagd.«
»Selbst wenn du schwarz wärst wie eine Frau vom Nil, würde ich dich lieben.«
»Ach, Liebster …«
»Falls du dir Sorgen wegen des Weiberfreundes machst: Dem könntest du sagen, dass du mit Johanna im Kräutergarten des Klosters gearbeitet hast.«
Odilie fragte ungläubig: »Würde es dich wirklich nicht stören, wenn ich braun wie ein Stück Holz wäre?«
»Bei meiner Seele, nein.«
»Dann komm!« Kurz entschlossen nahm sie mich bei der Hand und lief mit mir zum Ufer. Doch als wir es erreichten, verließ sie plötzlich der Mut. »Es ist bestimmt sehr kalt.«
»Das ist es!«, rief ich fröhlich, nahm sie auf beide Arme und stapfte mit ihr in die Fluten.
Es war wirklich im ersten Moment sehr kalt, aber schon wenig später hatten wir uns an die Temperatur gewöhnt. Wir planschten und hüpften herum, spritzten uns nass wie Kinder und warfen Stöckchen für Schnapp, der sie eifrig wieder zurückbrachte.
Nachdem wir gebadet hatten, rief Odilie noch immer atemlos: »Das war wunderbar! Aber wir haben nicht einmal Tücher, um uns abzutrocknen.«
»Wir haben die Sonne, meine Prinzessin.«
Ich suchte für uns ein Fleckchen im Gras, wo wir uns niederließen. Die warme Julisonne trocknete uns rasch. Später nahm ich eine der Angeln, die in der Hütte lagen, und versuchte mein Glück. Kurz darauf hing eine Barbe zappelnd am Haken. »Heute scheint ein Tag zu sein, an dem alles gelingt«, sagte ich froh und warf die Angel erneut aus.
Gegen Mittag hatte ich mehrere Fische gefangen. Ich nahm sie aus und briet sie an einem Spieß über dem Feuer. Wir waren zwar sicher, auf unserer Insel nicht entdeckt zu werden, aber ich hatte trotzdem nur gut getrocknetes Holz für das Feuer verwendet, damit kein verräterischer Rauch aufsteigen konnte.
Wir ließen uns die Fische schmecken und aßen dazu von dem Brot, das wir noch hatten. Wir wussten, vor uns lag keine Zeit des Überflusses, aber die Fische und Beeren würden uns fürs Erste genügen. Fischel hatte versprochen, nach einigen Tagen vorbeizuschauen, um frisches Brot und ein neues Fässchen Trinkwasser zu bringen. Die karge Kost war uns hundertmal lieber als die sinnlose Prasserei auf dem Maskenball des Weiberfreundes.
Am Nachmittag schliefen wir ein wenig und machten anschließend einen Spaziergang um die Insel. Sie war wirklich sehr klein. Die einzigen Bewohner außer uns schienen ein paar Vögel zu sein.
»Gibt es hier auch Schlangen?«, fragte Odilie.
»Das glaube ich nicht. Höchstens ein paar Käfer und Eidechsen. Vielleicht auch hier und da mal eine Libelle oder eine Spinne. Schau, da zwischen den Zweigen hat eine ihr Netz gespannt.«
Odilie drängte sich an mich. »Spinnen mag ich nicht. Ich finde sie eklig.«
»Sie sind Geschöpfe Gottes, genau wie wir.«
Wir
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