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Der Medicus von Heidelberg

Der Medicus von Heidelberg

Titel: Der Medicus von Heidelberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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deinem Heimatdorf, die mit dir in Gertruds Kutsche fuhr?«
    »Ja«, antwortete ich aufgeregt, »aber klein ist sie nicht mehr.« Ich erzählte Fischel, was aus Thérèse geworden war, und fuhr fort: »Sie bewohnt ein prächtiges Anwesen an der Ecke Untere Straße und Pfaffengasse. Bitte hole sie. Sie soll für mich die Verbindung zu Odilie herstellen.«
    Fischel grinste. »Darum also geht es. Ich will sehen, was sich machen lässt.«
    Zwei Stunden später saß Thérèse mir gegenüber. Sie trug die Tracht von Frieda, ihrer Hausmagd. »Fischel sagte mir, ich solle nicht gerade meine besten Kleider anziehen, das würde zu sehr auffallen«, erklärte sie spitzbübisch lächelnd.
    »Ich habe dich zuerst nicht erkannt«, musste ich zugeben.
    »Ich dich auch nicht. Was ist nur mit dir passiert? Du bist bleich wie der Tod.«
    »Ich hatte einen kleinen Unfall«, sagte ich. Dann erzählte ich Thérèse, wie übel man mir mitgespielt hatte.
    »Wie kann man nur etwas so Abscheuliches tun!«, rief sie, nachdem ich mit meiner Schilderung fertig war. »Wir müssen unbedingt herausfinden, warum ausgerechnet dir das passiert ist!«
    Ich hätte es ihr verraten können, aber etwas anderes war mir wichtiger. »Ein andermal vielleicht«, sagte ich. »Weißt du, warum ich dich hergebeten habe?«
    »Nein, Fischel hat ein großes Geheimnis darum gemacht. Aber da ich eine Frau bin, kann ich mir denken, was du von mir willst.«
    »Um mit der Tür ins Haus zu fallen: Ich möchte, dass du im Schloss mit Odilie sprichst und sie fragst, wann sie die Reise mit Milda antreten kann.«
    Thérèse zog die hübschen Augenbrauen hoch. »Die Reise mit Milda? Aber sie ist doch schon verreist.«
    Jetzt war es an mir, zu staunen. »Sie ist verreist? Woher weißt du das?«
    Thérèses Gesicht nahm einen träumerischen Ausdruck an. »Von Chlodwigus.«
    »Chlodwigus? Wer soll das sein?«
    »Chlodwigus Sammetleben, der Zauberer vom Maskenball. Ich habe ihn in der Zwischenzeit ein paarmal gesehen.«
    »Aha, darf man fragen, ob ihr …?«
    »So ist es.« Thérèse strahlte. »Außerdem ist Chlodwigus der Leiter der Schlossbibliothek, aber alles andere als ein Bücherwurm.«
    Wahrscheinlich erwartete sie, dass ich sie eingehend über Chlodwigus ausfragte, aber mir stand nicht der Sinn danach. »Was weißt du noch über Odilie?«
    Thérèse zuckte mit den Schultern. »Nur, dass sie verreist ist. Man sagt, mit ihrem Mann Christoph.«
    Ich spürte einen Stich. Was hatte den Weiberfreund veranlasst, mit Odilie zu verreisen? Hatten die beiden sich etwa ausgesöhnt …? Ich dachte den Gedanken nicht zu Ende und fragte stattdessen: »Weißt du, wann sie wiederkommt?«
    »Ich glaube, dieser Tage.«
    »Könntest du deinen Chlodwigus nicht besuchen und bei der Gelegenheit Genaueres herausfinden? Odilie muss unbedingt mit Milda verreisen.«
    »Und warum, wenn man fragen darf?«
    Notgedrungen erklärte ich ihr meinen Plan.
    Als ich geendet hatte, pfiff Thérèse durch die Zähne. »Ein Liebespaar auf einer einsamen Insel – das klingt nach einem Märchen. Aber ich liebe Märchen. Also will ich versuchen, dass es wahr wird.« Sie stand auf. »Ich muss nun fort. Wenn alles gutgeht, wird Milda dich bald benachrichtigen.«
    Sie hauchte mir einen Kuss auf die Stirn und rauschte in ihren Magdkleidern hinaus. Als sie gegangen war, erschien Fischel, der uns diskret allein gelassen hatte, und fragte: »Wird sie dir helfen können,
amicus meus?
«
    »Ich hoffe es«, seufzte ich.
     
    Die Gais-Insel war ein kleines, verschwiegenes Eiland, welches, wie Fischel sagte, ungefähr tausend Ruderschläge flussabwärts im Strom lag. Ein paar Beerengewächse und wenige hohe Bäume bedeckten es. Seine Fläche war so unbedeutend und sein Boden so sandig, dass noch niemand auf den Gedanken gekommen war, es für sich zu beanspruchen. Von Zeit zu Zeit mochte ein Angler ihm einen Besuch abstatten, denn in der Mitte, dort, wo das Gehölz am dichtesten war, stand eine einfache Hütte.
    In dieser Hütte hatten Odilie und ich uns eingerichtet.
    Niemals hätte ich es für möglich gehalten, dass unser Wiedersehen so schnell wahr werden würde, aber kaum mehr als eine Woche war vergangen, seit Milda mich angesprochen und mir das Datum zugeflüstert hatte. »Seid am Samstag, dem siebzehnten Juli, auf der Insel«, waren ihre Worte gewesen, während sie, scheinbar interessiert, die Brote einer Bäckermagd auf dem Markt betastet hatte.
    Ich war weitergegangen, mit gleichgültiger Miene, aber innerlich

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