Der Medicus von Saragossa
und Ermahnung in den Schoß der Heiligen Mutter Kirche zurückzuführen. Sie wehrten sich dagegen, daß gute und gläubige Männer verleumdet wurden, und taten die Meinung kund, daß es in Aragõn keine unbelehrbaren Ketzer gebe.«
Ferdinand hatte die Räte barsch abgefertigt. »Er sagte, wenn es in Aragõn so wenig Ketzer gebe, warum belästigten sie ihn dann mit ihrer Angst vor der Inquisition?«
Am Abend des 16. September 1485 wurde Pedro Arbues, einer der Inquisitoren, während eines Gebetes in der Kathedrale ermordet. Es gab keine Zeugen für das Verbrechen, aber die Behörden gingen sofort davon aus, daß er von Neuen Christen getötet worden war. Wie schon zuvor bei angeblichen Konvertitenaufständen in anderen Städten wurde der Führer der Neuen Christen Saragossas unverzüglich verhaftet. Er war ein hochangesehener, betagter Rechtsgelehrter, Jaime de Montesa, der Stellvertreter des Obersten Richters der Stadt.
Eine Anzahl seiner Bekannten wurde ebenfalls verhaftet, alles Männer, die tief im christlichen Leben verwurzelt waren, Väter und Brüder von Mönchen, deren Vorfahren Konvertiten gewesen waren. Dazu gehörten auch Männer in hohen Ämtern der Regierung und des Wirtschaftslebens, von denen einige wegen ihrer Verdienste sogar zum Ritter geschlagen worden waren. Einer nach dem anderen wurden sie zu judio mamas erklärt, zu Christen also, die »eigentlich Juden« waren. Unter entsetzlichen Folterqualen gestanden schließlich einige, daß es eine Verschwörung gegeben habe. Im Dezember 1485 wurden zwei weitere Konvertiten auf dem Scheiterhaufen verbrannt, und ab Februar 1486 gab es in Saragossa allmonatlich ein Autodafé.
»Ihr seht also, daß Ihr vorsichtig sein müßt. Sehr vorsichtig«, schärfte Fierro Jona ein. »Ist Ramón Callicó Euer wirklicher Name?«
»Nein. Ich werde als Jude unter meinem wirklichen Namen gesucht.«
Nuño Fierro zuckte zusammen. »Verratet mir Euren wirklichen Namen lieber nicht«, sagte er schnell. »Falls man uns fragen sollte, sagen wir einfach, Ihr seid Ramón Callicó, ein Alter Christ aus Gibraltar und der Neffe der Frau meines verstorbenen Bruders.«
Was sie beschlossen hatten, erwies sich als nicht sehr schwer zu bewerkstelligen. Jona sah weder Soldaten noch Priester. Er blieb immer in der Nähe des Hauses, das der jüdische Arzt Juan de Gabriel Montesa an weiser Stelle erbaut hatte – in einiger Entfernung von der Stadt und so weit weg von der Straße, daß nur diejenigen, die einen Arzt brauchten, den Weg auf sich nahmen.
Fierros Grundbesitz umfaßte drei Seiten eines langen, sanft ansteigenden Hügels. Immer wenn die Erschöpfung die Schriftzeichen wieder in Schlangen verwandelte und Jona nicht länger übersetzen konnte, ließ er die Bücher liegen und schlenderte über die Felder. Einiges wies darauf hin, daß hier früher eine ertragreiche Landwirtschaft betrieben worden war, doch es war auch offensichtlich, daß Nuño kein guter Bauer war. Es gab einen Olivenhain und einen kleinen Obstgarten, beide mit gesunden Bäumen, die aber dringend einen Beschnitt nötig hatten, und als der gute peón, der er einmal gewesen war, suchte Jona sich im Stall eine kleine Säge, mit der er einige Bäume stutzte. Die abgeschnittenen Zweige trug er auf einem Haufen zusammen und verbrannte sie, wie er es auf den Höfen seiner früheren Dienstherren getan hatte. Hinter dem Stall befand sich eine Grube mit Pferdemist und Streu aus dem Stall, und Jona schüttete die Asche der Holzfeuer darüber und verteilte dann die Mischung unter einem halben Dutzend der Bäume.
Über die Hügelkuppe und auf der nördlichen Flanke erstreckte sich ein unbestelltes Stück Land, das Reyna den Ort der Verlorenen nannte. Es war ein unbezeichnetes Gräberfeld für all jene Unglücklichen, die sich das Leben genommen hatten, denn die Kirche behauptete, Selbstmord sei eine Sünde, und verwehrte ihnen die Beerdigung in christlich geweihter Erde.
Direkt hinter der hacienda, stieg die südliche Flanke des Hügels an, der beste Teil des Besitzes, mit tiefer, fetter Krume und viel Sonnenschein. Reyna bestellte einen kleinen Küchengarten, aber der Rest war verwildert und von Unkraut und Gestrüpp überwuchert. Jona sah sofort, daß dieses Land, wenn es nur ernsthaft bearbeitet würde, viele Möglichkeiten böte.
Jona wußte nicht so recht, wie lange er bleiben sollte, aber die Wiederentdeckung der hebräischen Sprache fesselte ihn, und im Lauf der Wochen hatte er sich auch wieder daran gewöhnt, in
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