Der Medicus von Saragossa
bereitete ihm der Wortwechsel Freude. »So steht es geschrieben, bei Matthäus. Aber... bedenkt: ›Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er tot ist. Und wer lebt und an mich glaubt, wird nicht sterben.‹ Ist es dann nicht eine barmherzige Tat, eine unsterbliche Seele vor der Hölle zu retten? Denn genau das tun wir, wenn wir Juden mit Christus versöhnen, bevor wir sie den Flammen übergeben. Wir beenden ein trauriges Leben im Irrtum und gewähren ihnen Frieden und Herrlichkeit in alle Ewigkeit.«
»Und was geschieht mit einem, der sich dieser Versöhnung verweigert?«
»Matthäus rät uns: ›Wenn dich dein rechtes Auge zur Sünde verführt, so reiß es aus und wirf es von dir; denn es ist besser für dich, daß eins deiner Glieder verlorengeht und nicht dein ganzer Leib in die Hölle geworfen wird.‹«
Mit einem Lächeln erzählte er, daß der Jude, der vorgab, ein Alter Christ zu sein, schon bald verhaftet würde.
Eine schlaflose Nacht und den ganzen nächsten Tag lang plagten Jona die schlimmsten Befürchtungen. Er war bereit zu fliehen, um sein Leben zu retten, anderereits kannte er Bonestrucas Denkweise inzwischen gut genug, um zu vermuten, daß diese Erwähnung eines falschen Alten Christen vielleicht nichts anderes war als eine Falle. Angenommen, Bonestruca wollte nur sehen, ob der Arzt den Köder schluckte und sich aus dem Staub machte? Wenn der Inquisitor nichts anderes hatte als einen Verdacht, wäre Jona gut damit beraten, sein Leben wie gewohnt weiterzuführen.
An diesem Morgen hielt er seine alltägliche Sprechstunde im Behandlungszimmer ab. Am Nachmittag besuchte er Patienten. Er war eben nach Hause zurückgekehrt und sattelte das Pferd ab, als zwei Soldaten des alguacil den Weg zum Haus entlanggeritten kamen.
Er hatte so etwas erwartet und war bewaffnet. Warum sollte er sich jenen ergeben, die ihn vor die Inquisition bringen wollten? Wenn sie versuchten, ihn zu verhaften, konnte er sich mit seinem Schwert vielleicht gegen sie verteidigen, und falls er dabei umkam, war das immer noch besser als der Tod in den Flammen.
Aber einer der Reiter beugte sich respektvoll zu ihm hinab. »Señor Callicó, der alguacil bittet Euch, uns unverzüglich zum Gefängnis von Saragossa zu begleiten, denn dort werden Eure Fähigkeiten als Arzt benötigt.«
»Inwiefern?« fragte Jona, alles andere als überzeugt.
»Ein Jude hat versucht, sich seinen Pimmel abzuschneiden«, erwiderte der Soldat unverblümt, und sein Begleiter kicherte.
»Wie heißt der Jude?«
»Bartolome.«
Es war ein Schlag, der Jona fast körperlich traf. Er erinnerte sich an das wunderschöne Haus, an den aristokratischen Mann, mit dem er sich in dem prächtigen Arbeitszimmer voller Karten und Skizzen so geistreich unterhalten hatte.»Don Berenguer Bartolome? Der Kartograph?«
Der Soldat zuckte die Achseln, doch sein Begleiter nickte und spuckte aus.
»Genau der«, sagte er.
Im Gefängnis saß hinter einem Tisch ein Priester in schwarzer Soutane, der wahrscheinlich die Aufgabe hatte, die Namen all derer zu notieren, die Gefangene besuchen wollten.
»Wir haben den Arzt gebracht«, sagte der Soldat.
Der Priester nickte. »Don Berenguer hat seinen Wasserbecher zerbrochen und sich mit einer Scherbe selbst beschnitten«, erklärte er Jona und bedeutete der Wache, die äußere Tür zu öffnen. Der Soldat führte Jona einen Gang entlang zu einer Zelle, in der Berenguer auf dem Boden lag. Er schloß die Tür auf, ließ Jona eintreten und verschloß sie dann wieder.
»Wenn Ihr fertig seid, ruft nach mir, und ich lasse Euch wieder heraus«, sagte er und ging davon.
Berenguers Hose war steif vor Blut. Ein Ehrenmann und ein Abkömmling von Ehrenmännern, dachte Jona, ein geachteter Bürger, dessen Großvater die Küste Spaniens kartographiert hatte. Nach Blut und Urin stinkend, lag er auf dem Zellenboden.
»Es tut mir leid, Don Berenguer.«
Berenguer nickte. Er stöhnte, als Jona ihm die Hose öffnete und auszog.
Jona hatte immer eine Flasche mit starkem Schnaps in seiner Arzttasche. Berenguer nahm sie gierig an und trank unaufgefordert in großen Schlucken.
Der Penis sah entsetzlich aus. Jona erkannte, daß Berenguer einen Großteil der Vorhaut abgeschnitten hatte, Reste waren jedoch noch vorhanden, und die Schnittränder waren stark ausgefranst. Er wunderte sich, daß Berenguer es mit nichts als einer Scherbe überhaupt geschafft hatte. Er wußte, daß die Schmerzen sehr schlimm sein mußten,
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