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Der Medicus von Saragossa

Titel: Der Medicus von Saragossa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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aber lieber in der milderen Luft weiter unten übernachten wollte, wendete er sein Pferd und ritt weiter abwärts, bis er zu einem passenden Flecken im Schutz einer großen Kiefer kam, die ihm auch tote Äste als Brennstoff bot. Da ihm die Bärenspuren noch im Gedächtnis waren, band er sein Pferd gleich in der Nähe an und hielt das Feuer die ganze Nacht am Brennen. Dazu stand er hin und wieder auf und brach tote Äste mit einem Krachen, das laut seine Anwesenheit verkündete, vom lebenden Baum, und wenn das Feuer dann wieder loderte, schlief er weiter.
    Am Nachmittag des dritten Tages nach seinem Aufbruch von Huesca ließ tiefer Schnee auf einem hochgelegenen Paß ihn umkehren. Zwar hätte er gefahrlos hindurchreiten können, doch für das Pferd wäre es eine Qual gewesen, die er ihm ersparen wollte. Beim Abstieg hielt er Ausschau nach einem Seitenpfad, der ihn um den Berg herumführen würde, entdeckte aber keinen. Erst als der graue Araber von sich aus abbiegen wollte, sah er, was das Pferd entdeckt hatte, einen Pfad, der in der Wand aus Bäumen fast nicht zu erkennen war. Als er ihn erkundete, wurde daraus ein breiter, steiniger Weg entlang eines rauschenden Bachs, der sich im Lauf der Jahrhunderte sein Bett in einen steilen Felsabhang gegraben hatte.
    Er folgte diesem Weg in die Tiefe.
    Nach langem Abstieg roch er schließlich Holzfeuer, und kurz darauf führte ihn der Weg aus dem Wald heraus und in ein kleines Tal, in dem er ein Dorf erblickte. Er sah vielleicht ein Dutzend kleiner Steinhäuser mit steilen Schieferdächern sowie das kreuzgeschmückte Dach einer Kirche, das die anderen überragte. Kühe und Pferde grasten auf einer Weide, und er sah einige bestellte Felder mit schwarzer Erde.
    An zwei Häusern ritt er vorbei, ohne einen Menschen zu sehen, aber aus dem dritten Haus war eine Frau zum Bach gegangen, um Wasser zu holen, und kehrte jetzt mit dem vollen Eimer zurück. Als sie ihn sah, begann sie verängstigt zu laufen, so daß das Wasser aus dem Eimer schwappte, aber er war bei ihr, lange bevor sie den Schutz des Hauses erreicht hatte.
    »Ich wünsche Euch einen guten Tag. Was ist das für ein Dorf, wenn ich fragen darf?«
    Sie blieb wie erstarrt stehen. »Das ist Pradogrande, Señor«, sagte sie mit klarer, aber zurückhaltender Stimme, und als er noch ein Stückchen näher an sie heranritt, verschlug es ihm beim Anblick ihres Gesichts den Atem. »Ines! Seid Ihr das?«
    Er stieg schwerfällig ab, und sie wich erschrocken zurück. »Nein, Señor.«
    »Ihr seid nicht Ines Saadi Denia, Tochter von Isaak Saadi?« fragte er töricht. Das Mädchen starrte ihn an.
    »Nein, Señor. Ich bin Adriana. Ich bin Adriana Chacon.«
    Du Narr, sagte er sich, natürlich. Dies war eine junge Frau. Als er Ines das letzte Mal gesehen hatte, war sie nur wenig jünger gewesen als dieses Mädchen, und seitdem waren so viele schwere Jahre vergangen.
    »Ines war meine Tante, möge ihre Seele in Frieden ruhen.«
    Ines war also tot. Es gab ihm einen Stich ins Herz, als er dies hörte: noch eine Tür, die zugeschlagen war. »Möge sie in Frieden ruhen«, murmelte er.
    »Ich erinnere mich an Euch«, sagte er plötzlich. Er erkannte, daß diese junge Frau das Kind gewesen war, um das Ines sich gekümmert hatte, die kleine Tochter ihrer älteren Schwester Felipa. Er erinnerte sich an die Spaziergänge mit Ines in Granada, mit dem kleinen Mädchen zwischen ihnen beiden, ein Händchen in seiner, das andere in Ines' Hand.
    Die Frau sah ihn unsicher an.
    Jona wirbelte herum, als ein Schrei verkündete, daß seine Anwesenheit entdeckt worden war. Männer kamen auf sie zugestürzt, drei aus der einen Richtung, zwei aus der anderen, und sie hielten ihre Werkzeuge wie Waffen, mit denen sie einen Eindringling töten würden.

10. Die Bergwiese
    B evor die rennenden Feldarbeiter sie erreicht hatten, kam ein schlanker, drahtiger Mann aus einem der nahen Häuser. Er war gealtert, aber nicht so stark, daß Jona nicht sofort Mica Benzaquen erkannt hätte, Freund und Nachbar der Saadis in Granada. Benzaquen war mittleren Alters gewesen, als Jona ihn kennenlernte; jetzt war er noch immer kräftig, aber ein alter Mann. Er sah Jona lange an, und als er lächelte, wußte Jona, daß Benzaquen ihn ebenfalls wiedererkannt hatte.
    »Ihr habt Euch gut entwickelt, Señor«, sagte Benzaquen. »Als ich Euch kennenlernte, wart Ihr ein riesiger, zerlumpter junger Schäfer, nichts als Haare und Bart, als würdet Ihr einen Strauch auf dem Kopf tragen. Aber wie

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