Der Medicus von Saragossa
lautet gleich wieder Euer Name? Er ist wie der Name einer schönen Stadt...«
Jona erkannte, daß es ihm in der kurzen Zeit, die er an diesem entlegenen Ort verbringen würde, unmöglich sein würde, als Ramón Callicó aufzutreten. »Toledano.«
»Ach ja, Toledano, bei meiner Seele!«
»Jona Toledano. Es freut mich, Euch wiederzusehen, Señor Benzaquen.«
»Wo lebt Ihr jetzt, Señor Toledano?«
»In Guadalajara«, sagte Jona, denn er wagte es nicht, den Namen Toledano mit Saragossa in Verbindung zu bringen. Zu seinem Bedauern hatte die Frau ihren Eimer wieder aufgenommen und war davongegangen, während er und Benzaquen sich begrüßten. Die herbeistürzenden Männer hatten ihre Schritte verlangsamt, nachdem sie gesehen hatten, daß Schwert und Dolch des Fremden in ihren Scheiden blieben. Als sie ankamen, noch immer mit den Werkzeugen in den Händen, mit denen sie Jona hätten aufspießen und zerhacken können, standen er und Benzaquen entspannt beieinander und unterhielten sich freundschaftlich.
Benzaquen stellte Pedro Abulafin, David Vidal und Durante Chazan Halevi vor und dann noch eine zweite Gruppe, Joaquin Chacon, Asher de Segarra und Jose Diaz.
Einige Männer kümmerten sich um Jonas Pferd, während Benzaquen ihn zu seiner finca führte. Lea Chazan, Benzaquens Gattin, war eine herzliche, grauhaarige Frau mit all den Tugenden einer spanischen Mutter. Sie gab Jona eine Schüssel mit heißem Wasser und ein Tuch und führte ihn in die Scheune, wo er sich ungestört waschen und erfrischen konnte. Als er zurückkehrte, zog bereits der Duft bratenden Milchlamms durchs Haus. Sein Gastgeber erwartete ihn mit einem Krug und zwei Gläsern. »Besucher sind in unserem kleinen Tal äußerst selten, und deshalb ist dies ein besonderes Ereignis«, sagte Benzaquen, schenkte Cognac ein, und die beiden stießen auf die Gesundheit an.
Benzaquen war bereits Jonas Araber aufgefallen und die ausgezeichnete Qualität seiner Kleidung und Bewaffnung. »Ihr seid aber kein Schäfer mehr«, sagte er und lächelte.
»Ich bin Medicus.«
»Medicus? Wie schön!« erwiderte Benzaquen. Bei dem ausgezeichneten Essen, das kurz darauf von seiner Frau aufgetragen wurde, erzählte er Jona, wie es den Konvertiten ergangen war, nachdem ihre Lebenswege sich getrennt hatten.
»Wir haben Granada in einer Karawane verlassen, insgesamt achtunddreißig Wagen und alle mit dem Ziel Pamplona, der Hauptstadt von Navarra, das wir nach einer langsamen und beschwerlichen Reise auch erreichten.«
Zwei Jahre seien sie in Pamplona geblieben. »Einige von unseren Leuten haben dort geheiratet. Darunter auch Ines Denia. Sie wurde die Frau von Isidoro Sabino, einem Schreiner«, sagte Benzaquen mit einer gewissen Zurückhaltung, denn beide Männer hatten unangenehme Erinnerungen an ihre Unterhaltung über Ines Denia bei ihrer letzten Begegnung.
»Leider«, fuhr Benzaquen fort, »war für uns aus Granada die glückliche Zeit in Pamplona von Tragödien überschattet.« Einer von fünf Neuen Christen aus Granada sei in Pamplona am hitzigen Fieber und der roten Ruhr gestorben. Vier Angehörige der Familie Saadi seien in diesem schrecklichen Monat des Nissan grausam und schnell dahingerafft worden. »Isaak Saadi und seine Frau Suleika Denia starben binnen Stunden nacheinander. Dann wurde ihre Tochter Felipa krank und starb, und schließlich sowohl Ines als auch ihr frischgebackener Ehemann Isidoro Sabino, die noch nicht einmal drei Monate verheiratet gewesen waren.
Die Einwohner von Pamplona warfen uns Neuankömmlingen vor, wir hätten den Tod über ihre Stadt gebracht, und nachdem die Seuche ihren Lauf genommen hatte, mußten diejenigen von uns, die überlebt hatten, aufs neue fliehen.
Nach heftigem Disput beschlossen wir, über die Grenze nach Frankreich zu gehen und zu versuchen, uns in Toulouse niederzulassen, doch diese Entscheidung war umstritten. Ich zum Beispiel war unglücklich über die Route und das Ziel«, sagte Benzaquen. »Ich gab zu bedenken, daß Toulouse seit Jahrhunderten dafür berüchtigt ist, Grausamkeiten gegen Juden zuzulassen, und daß zwischen uns und Frankreich die hohen Pyrenäen lägen, die wir mit unseren Wagen überqueren müßten, was mir so gut wie unmöglich erschien.«
Aber einige von Benzaquens Mitkonvertiten hatten über seine Ängste gespottet und darauf hingewiesen, daß sie als Katholiken nach Frankreich kämen und nicht als Juden. Und was die Überquerung des Gebirges angehe, so wüßten sie, daß es in dem Dorf Jaca, das
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