Der Medicus von Saragossa
frisches Wasser als kühlen Trank. Ihr Vater und ihre Stiefmutter kamen zum Abendessen, wie auch Abrams Sohn Anselmo und dessen Frau Azucena Aluza mit ihren drei Kindern zwei Töchter, Clara und Leonor, und ein kleiner Junge namens Jose, für die Adriana nun eine vierzehnjährige Großmutter war. Niemand sprach mit ihr, während sie die Speisen auftrug, nicht einmal ihr Vater, der lachend zuhörte, wie Anselmo die Schrullen seiner Ziegen beschrieb.
Zu ihrem Kummer bedrängte ihr Gatte sie weiterhin im Bett, und etwa drei Wochen nach der Hochzeit war es soweit, daß er steif genug war, um in sie einzudringen. Sie schrie schwach auf, als ein reißender Schmerz sie durchfuhr, und lauschte angewidert seinem prahlerischem Gebrabbel, als er sich fast augenblicklich klebrig wieder zurückzog und sich beeilte, die Tröpfchen Blut, die seine Manneskraft bewiesen, mit einem Lumpen aufzufangen.
Danach ließ er sie für lange Zeit größtenteils in Ruhe, als fände er nach erfolgreicher Besteigung des Bergs weitere Versuche unnötig. Nur daß sie oftmals am Morgen von seinen verhaßten Händen geweckt wurde, die unter dem Hemd, in dem sie schlief, zwischen ihren Beinen wühlten auf eine Art, die man nie als zärtlich beschreiben konnte. Meistens beachtete er sie überhaupt nicht, doch er gewöhnte sich an, sie häufig und heftig zu schlagen.
Seine altersfleckigen Hände ballten sich zu harten Fäusten. Und einmal, als ihr das Brot verbrannte, schlug er sie mit einer Gerte auf die Beine.
»Bitte, Abram! Bitte nicht! Nein, nein«, schrie sie und weinte, doch er erwiderte nichts, sondern atmete nur schwer zwischen den Schlägen.
Er sagte ihrem Vater, daß er gezwungen sei, sie wegen ihrer Unzulänglichkeiten zu schlagen, und ihr Vater kam zu ihr ins Haus, um mit ihr zu reden.
»Du mußt aufhören, dich wie ein halsstarriges Kind zu betragen, und lernen, eine gute Ehefrau zu sein«, sagte er zu ihr, und sie konnte ihm nicht in die Augen sehen, versprach aber, sich zu bessern.
Während sie lernte, alles so zu machen, wie Abram es wünschte, wurden die Schläge weniger, doch sie hörten nie ganz auf, und mit jedem Monat wurde er reizbarer. Das Hinlegen tat ihm weh, und er ging steif und mit schmerzverzerrtem Gesicht. Hatte er zuvor schon wenig Geduld gehabt, hatte er nun gar keine mehr.
Ihr Leben änderte sich eines Abends, als sie etwas mehr als ein Jahr verheiratet waren. Sie kochte das Abendessen, trug es aber nicht auf, weil sie, als sie ihm Wasser in seinen Becher gießen wollte, ein wenig auf den Tisch spritzte und er aufsprang und ihr mit der Faust auf die Brust schlug. Es war ihr zuvor noch nie in den Sinn gekommen, doch jetzt stürzte sie sich auf ihn und schlug ihm zweimal mit solcher Kraft ins Gesicht, daß er zu Boden gefallen wäre, wenn er nicht rückwärts in seinen Stuhl hätte taumeln können.
Dann stand sie über ihm. »Ihr rührt mich nicht mehr an, Señor! Nie mehr.«
Abram starrte sie verblüfft an und fing an zu weinen, vor Demütigung und hilflosem Zorn.
»Habt Ihr mich verstanden?« fragte sie, aber er antwortete nicht.
Als sie ihn durch ihre Tränen hindurch anstarrte, sah sie, daß er ein niederträchtiger alter Mann war, aber auch dumm und schwach, niemand, den sie fürchten mußte. Sie ließ ihn auf seinem Stuhl sitzen und ging nach oben. Nach einer Weile kam auch er die Treppe hochgekrochen, zog sich langsam aus und ging ins Bett. Und diesmal war er es, der am äußersten Rand lag, so weit von ihr entfernt wie möglich.
Adriana war überzeugt, daß er zum Priester oder zu ihrem Vater gehen würde, und erwartete schicksalsergeben die Strafe, die sie bestimmen würden, ob es nun Schläge mit der Peitsche waren oder Schlimmeres.
Doch sie hörte nicht einmal ein tadelndes Wort, und mit der Zeit erkannte sie, daß er sich nicht über sie beschweren würde, weil er den Spott fürchtete, der daraus entstehen konnte, und er von den anderen Männern lieber als mächtiger alter Löwe betrachtet wurde, der eine so junge Frau durchaus noch beherrschen konnte.
Danach ging sie jeden Abend mit einer Decke in die Wohnstube im Erdgeschoß und legte sich dort auf den Boden. Jeden Tag arbeitete sie in seinem Garten und kochte für ihn, wusch seine Kleider und hielt sein Haus in Ordnung. Wenige Tage vor ihrem zweiten Hochzeitstag fing er an zu husten und legte sich ins Bett, das er nie mehr verließ. Neun Wochen pflegte sie ihn, erhitzte ihm Wein und Ziegenmilch, fütterte ihn und setzte ihn auf den Topf,
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