Der Medicus von Saragossa
zu vergelten, indem sie für ihren betagten Gatten Abram Montelvan kochte, Wasser auf dem Feuer erhitzte, um der kranken Frau mit dem Dampf das Atmen zu erleichtern, und ihr die Brust mit Gänseschmalz und Kampfer einrieb. Aber Leonas Husten wurde immer schlimmer, und kurz vor Beginn des Sommers starb sie. Adriana weinte bei der Beerdigung; ihr schien, als nähme der Tod ihr jede Frau, die ihr mit Liebe begegnete.
Bevor Leona in die Erde gelegt wurde, half sie, sie zu waschen, sie putzte das Haus der Toten und kochte Abram Montelvan einige Mahlzeiten, die sie dem Witwer auf den Tisch stellte.
In diesem Sommer zeigte sich das Tal in beinahe erdrückender Schönheit, in den fruchtschweren Bäumen und dem hohen Gras tummelten sich Singvögel mit leuchtendem Gefieder; die Luft war schwer von Blütenduft. Manchmal war Adriana wie betrunken vom Liebreiz des Landes, so daß ihre Gedanken sogar mitten in einem Gespräch abschweiften. Deshalb glaubte sie zuerst auch, sie habe sich verhört, als ihr Vater ihr sagte, sie solle Abram Montelvan heiraten.
Bevor sie und ihr Vater in das letzte Haus einziehen konnten, das in Pradogrande erbaut worden war, waren sie bei verschiedenen anderen Familien untergekommen, darunter auch im Haus von Abram Montelvan und Leona Patras. Ihr Vater wußte, daß Abram Montelvan schwierig war, ein säuerlich riechender alter Mann mit hervorquellenden Augen und einem aufbrausenden Wesen, aber er sagte ihr ganz unverblümt: »Abram ist bereit, dich zu nehmen, und sonst gibt es niemanden für dich. Wir sind nur siebzehn Familien. Wenn man mich und den verstorbenen Fineas ben Sagan abzieht, dessen Familie nun meine Familie ist, gibt es nur fünfzehn Familien, aus deren Männern du dir einen Gatten erwählen kannst. Aber alle diese Männer sind bereits Ehegatten und Väter. Du müßtest darauf warten, daß die Frau eines der Männer stirbt.«
»Dann warte ich lieber«, sagte sie ungehalten, aber Joaquin schüttelte den Kopf.
»Du mußt deine Pflicht gegenüber der Gemeinschaft erfüllen«, sagte er, und er ließ sich nicht davon abbringen. Wenn sie ihm nicht gehorche, würde sie ihm Schande machen, sagte er, und am Ende fügte sie sich.
Bei der Hochzeit wirkte Abram Montelvan abwesend. Während der Messe in der Kirche redete er nicht mit ihr und sah sie nicht einmal an. Die Feierlichkeiten danach wurden in drei Häusern abgehalten, und es war ein ausgelassenes Fest mit drei Arten von Fleischgerichten – Lamm, Zicklein und Huhn – und Tanz bis in die frühen Morgenstunden. Adriana und ihr Bräutigam brachten in jeder der drei fincas einen Teil des Abends zu und beendeten die Festlichkeiten in Sancha Portals Haus, wo Padre Serafino ein Glas mit ihnen trank und sie wiederholt auf die Heiligkeit der Ehe hinwies.
Abram war beschwipst, als sie Sancha Portals Haus unter allgemeinem Hochrufen und Gelächter verließen. Auf dem Weg zu seinem Wagen stolperte er mehrmals, und dann fuhren sie im kalten Licht des Mondes zu seinem Haus. Sie entkleidete sich in seinem Schlafzimmer und lag schließlich, voller Angst zwar, aber schicksalsergeben, auf dem Bett, in dem ihre Freundin Leona Patras gestorben war. Er hatte einen häßlichen Körper, mit einem Hängebauch und dürren Armen. Er hieß sie die Beine spreizen und rückte die Öllampe heran, um ihre Nacktheit besser betrachten zu können. Aber allem Anschein nach war die Paarung für die Menschen schwieriger als für die Pferde und Schafe, die sie beobachtet hatte, denn als er sie bestieg, konnte er mit seinem schlaffen Geschlecht nicht in sie eindringen, obwohl er stieß und drängte und sie, mit feuchtem Atem ihr Gesicht bespritzend, verfluchte. Schließlich rollte er von ihr herunter, schlief und überließ es ihr, die Lampe zu löschen. Den Rest der Nacht lag sie schlaflos am äußersten Rand des Bettes, so weit wie möglich von ihm entfernt.
Am nächsten Morgen versuchte er es noch einmal, doch das Ergebnis seines angestrengten Grunzens war nicht mehr als ein wenig weißliche Flüssigkeit, die in den feinen Haaren ihrer Lenden klebte, bis er das Haus verließ und sie sich von seinen Hinterlassenschaften reinigen konnte.
Er erwies sich als mürrischer Gatte, den sie schnell zu fürchten lernte. Schon am ersten Tag ihrer Ehe schlug er sie und schrie: »Nennst du das einen Eierkuchen?« An diesem Nachmittag befahl er ihr, tags darauf ein Mahl für neun Personen zu kochen. Sie schlachtete zwei Hühner und rupfte und schmorte sie, buk Brot und holte
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