Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Medicus von Saragossa

Titel: Der Medicus von Saragossa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
Vom Netzwerk:
Arbeiterschenke. Als Jona die Stute angebunden und den niedrigen dunklen Keller betreten hatte, saß der Mönch bereits an einem der hinteren Tische und befand sich mitten in einem Streit mit dem Wirt.
    »Wenn Ihr vielleicht nur einen kleinen Teil Eurer Schuld bezahlen könntet?«
    »Wie kannst du es wagen? Du elender kleiner Wurm.«
    Der Wirt war mehr als eingeschüchtert, das sah Jona deutlich. Vor lauter Angst konnte er dem Inquisitor nicht in die Augen schauen.
    »Ich flehe Euch an, ehrwürdiger Bruder, nehmt es nicht als Beleidigung«, sagte der Mann verzweifelt. »Natürlich wird Euch sofort Wein gebracht. Ich wollte nicht unverschämt sein.«
    »Du bist ein Mistwurm.«
    Die Gesichtszüge über Bonestrucas langem, verdrehtem Körper waren so schön, wie Jona sie in Erinnerung hatte: eine adlige Stirn, hohe Wangenknochen, eine lange, schmale Nase, ein breiter vollippiger Mund über einem festen, kantigen Kinn. Die Augen jedoch, groß und grau, straften das Gesicht Lügen, sie waren voll kalten Abscheus für die Welt.
    Der Wirt war davongeeilt und kehrte nun mit einem Becher zurück, den er Bonestruca hinstellte, bevor er sich Jona zuwandte.
    »Einen Becher Wein für mich. Und einen zweiten für den guten Mönch.«
    »Ja, Señor.«
    Bonestrucas steinerner Blick wanderte zu Jona. »Christus sei mit Euch«, murmelte er, Jona den Wein mit seinem Segen vergeltend.
    »Habt Dank. Gestattet Ihr mir, mich zu Euch zu setzen?« fragte er, und Bonestruca nickte gleichgültig.
    Jona ging hinüber zu dem Mann, der verantwortlich war für den Tod seines Vaters und seines Bruders, für den Tod Bernardo Espinas und zweifellos auch den vieler anderer.
    »Ich bin Ramón Callicó.«
    »Fray Lorenzo de Bonestruca.«
    Der Mönch hatte offensichtlich Durst. Sehr schnell leerte er seinen ersten Becher Wein, dann den zweiten, den Jona bezahlt hatte, und nickte, als Jona nochmals bestellte: »Aber diesmal Schalen, Señor!«
    »Ich hatte das Vergnügen, in der Kathedrale zu beten, auf die Toledo sehr stolz sein kann«, bemerkte Jona, und Bonestruca nickte widerwillig wie jemand, der sich nicht gerne von geschwätzigen Fremden in seiner Ruhe stören läßt.
    Die Schalen wurden aufgetragen.
    »Welche Arbeiten werden denn am Gebäude der Kathedrale ausgeführt?«
    Bonestruca zuckte gelangweilt die Achseln. »Ich weiß nur, daß mit den Türen etwas geschieht!«
    »Verrichtet Ihr das Werk des Herrn in der Priesterschaft der Kathedrale, ehrwürdiger Mönch?«
    »Nein. Ich verrichte das Werk des Herrn woanders«, sagte der Mönch und nahm einen so tiefen Schluck, daß Jona sich fragen mußte, ob die Münzen in seiner Tasche für den Durst dieses Mannes ausreichen würden. Aber es war gut angelegtes Geld, denn mit jedem Schluck wurde der Mönch redseliger, seine Augen erwachten zum Leben, und sein buckliger Körper entspannte sich wie eine Blume, die sich nach einem Regenguß öffnet.
    »Dient Ihr dem Herrn schon lange, Señor?«
    »Seit meiner Kindheit.«
    Da seine Zunge nun gelöst war, begann der Mönch, mit seiner Herkunft zu prahlen. Beiläufig erzählte er Jona, daß er der zweite Sohn einer adligen Familie aus Madrid sei. »Bonestruca ist ein katalanischer Name. Vor vielen Generationen kam meine Familie aus Barcelona nach Madrid. Meine Abstammung reicht weit zurück. In unseren Adern fließt kein Schweineblut, wenn Ihr versteht. Limpieza de sangre, von reinstem Blut.« Mit zwölf Jahren sei er zu den Dominikanern geschickt worden. »Ich hatte Glück, daß man mich nicht zu den elenden Franziskanern schickte, denn die kann ich nicht ausstehen. Meine selige Mutter hatte einen Bruder, der bei den Franziskanern in Barcelona war, aber mein Vater hatte einen Dominikanermönch in seiner Verwandtschaft.« Die durchdringenden grauen Augen, an die sich Jona noch gut erinnerte, waren starr auf sein Gesicht gerichtet. Jetzt war es Jona, dem die Angst in die Glieder fuhr, denn er war überzeugt, daß Bonestruca all seine Geheimnisse und Vergehen sehen konnte.
    »Und was ist mit Euch? Woher kommt Ihr?«
    »Ich komme aus dem Süden. Ich bin ein Lehrling von Manuel Fierro, dem Waffenschmied von Gibraltar.«
    »Gibraltar! Beim Leiden Christi, Ihr seid weit gereist, Waffenschmied.« Er beugte sich vor. »Habt Ihr dann vielleicht die Rüstung hierhergebracht, auf die ein berühmter Edelmann hier aus der Gegend seit vier Jahren sehnsüchtig wartet? Soll ich seinen Namen erraten?«
    Jona bestätigte dem Mönch seine Vermutung nicht, sondern teilte ihm seine

Weitere Kostenlose Bücher