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Der Medicus von Saragossa

Titel: Der Medicus von Saragossa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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erkannte er, daß er den Leichnam seines Vaters nie von diesem stinkenden und ungeweihten Ort würde wegholen können.
    Ich werde nie aufhören, ein Jude zu sein. Ich schwöre es, Abba. Als er die Augen öffnete, stand der Buchbinder noch immer da. Jona sah, daß er sich, als er ins Haus gegangen war, um das Wasser zu holen, ein Werkzeug in den Gürtel gesteckt hatte, ein gefährlich aussehendes, gebogenes Messer, das wohl zum Zuschneiden von Leder verwendet wurde. Jona wollte keine Händel mit diesem Mann. Er stand auf und dankte dem Buchbinder für seine Freundlichkeit. Dann kehrte er zu seinem Pferd zurück und ritt fort von dem Haus, in dem er einst gelebt hatte.
    Die Synagoge sah ziemlich unverändert aus, nur daß sie jetzt eine Kirche mit einem großen Holzkreuz auf dem Giebel war.
    Den jüdischen Friedhof gab es nicht mehr. Alle Grabsteine waren entfernt worden. In verschiedenen Gegenden Spaniens hatte er gesehen, daß Steine mit jüdischen Inschriften zum Bau von Mauern und Straßen benutzt worden waren. Der hiesige Friedhof wurde als Weide genutzt. Ohne Grabsteine war es Jona unmöglich, die genaue Lage der Ruhestätten seiner Familie zu bestimmen, doch er ging zu der Stelle, wo er sie ungefähr vermutete, und sprach ein Gebet für die Toten, wohl wissend, daß er in dieser Haltung zwischen den grasenden Schafen und Ziegen ein merkwürdiges Bild abgeben mußte.
    Als er dann auf die Stadtmitte zuritt, kam er an den öffentlichen Backöfen vorbei, wo eine Gruppe Frauen gerade den Bäcker wild beschimpfte, weil er ihre Brote verbrannt hatte. Jona kannte diese Öfen gut. Früher waren sie koscher gewesen. Als Junge hatte er jeden Freitag die Brote seiner Familie zum Backen hierhergebracht. Damals war ein Jude namens Vidal für die Öfen verantwortlich gewesen, doch jetzt war der Bäcker ein unglückseliger, fetter Mann, der sich nicht verteidigen konnte.
    »Du bist ein fauler, dreckiger Kerl und ein Trottel«, sagte eine der Frauen. Sie war jung und hübsch, wenn auch etwas fleischig. Jona sah zu, wie sie eines der schwarzen Brote aus ihrem Korb nahm, es dem Bäcker unter die Nase hielt und ihn verspottete. »Meinst du, ich komme hierher, damit du aus meinem guten Brot Hundescheiße machst? Man sollte dich zwingen, es selber zu fressen, du blöder Ochse!«
    Als sie sich umdrehte, sah Jona, daß es Lucia Martin war, die er einst als Junge geliebt hatte. Ihr Blick huschte an ihm vorbei und wieder zu ihm zurück. Doch sie blieb nicht stehen, sondern ging mit ihrem Korb verbrannter Brote davon.
    Langsam ritt er die schmale Straße hinunter, denn er wollte sie nicht überholen. Doch kaum hatte er die Häuser und die neugierigen Augen hinter sich gelassen, als sie hinter einem Baum hervortrat.
    »Bist du es wirklich?« fragte sie.
    Er wußte genau, was er eigentlich tun müßte, nämlich leugnen, sie zu kennen, sich mit einem Lächeln über das Mißverständnis höflich von ihr verabschieden und davonreiten. Aber er stieg ab.
    »Wie ist es dir die ganzen Jahre ergangen, Lucia?« Mit freudig aufgerissenen Augen faßte sie nach seiner Hand. »Ach, Jona. Ich kann kaum glauben, daß du es wirklich bist. Wohin bist du denn verschwunden, und warum, wo du doch der Sohn meines Vaters hättest sein können? Mein Bruder?«
    Lucia war das erste weibliche Wesen, das er je nackt gesehen hatte. Sie war ein süßes Mädchen gewesen, das wußte er noch gut, und bei der Erinnerung schlug sein Herz schneller. »Ich wollte nicht dein Bruder sein.«
    Seit drei Jahren sei sie verheiratet, erzählte sie ihm schnell, ohne seine Hand loszulassen. »Mit Tomas Cabrerizo, dessen Familie am anderen Ufer des Flusses Weingärten besitzt. Erinnerst du dich nicht mehr an Tomas Cabrerizo?«
    Jona konnte sich undeutlich an einen mürrischen, steinewerfenden Jungen erinnern, der immer die Juden verspottet hatte.
    »Ich habe zwei kleine Töchter und bin schon wieder guter Hoffnung. Jeden Tag bete ich zur Heiligen Jungfrau, daß es ein Sohn wird«, sagte sie. Sie sah ihn erstaunt an, musterte sein Pferd, seine Kleidung und seine Bewaffnung. »Jona. Jona! Jona, wohin hat es dich verschlagen? Wie lebst du?«
    »Frag lieber nicht«, erwiderte er sanft und wechselte das Thema. »Dein Vater ist wohlauf?«
    »Mein Vater ist vor zwei Jahren von uns gegangen. Er war immer kerngesund, doch eines Morgens war er tot.« »Oh. Möge er in Frieden ruhen«, sagte Jona voller Bedauern.
    Benito Martin war immer sehr freundlich zu ihm gewesen. »Möge seine Seele bei

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