Der Medicus von Saragossa
Botschaft mit, indem er sie nicht verneinte. Er trank einen Schluck Wein und lächelte, bevor er ihm höflich antwortete: »Ich bin hier mit einer Abordnung Männer.«
Bonestruca zuckte die Achseln und tippte sich, belustigt über Jonas Schweigsamkeit, mit seinem langen Zeigefinger spöttisch an die Nase.
Jetzt war es an der Zeit, sagte sich Jona, einen Pfeil in die Luft zu schießen und zu sehen, wohin er fiel. »Ich bin auf der Suche nach einem Kirchenmann, der bereit ist, mir einen Rat zu geben.«
Der Mönch wirkte plötzlich gelangweilt. Er schwieg, denn offensichtlich mißverstand er diesen Annäherungsversuch nur als Einleitung für eine jener alltäglichen Gewissenserleichterungen, auf die einige Geistliche begierig eingehen, während andere sie als Plage betrachten.
»Wenn jemand etwas finden sollte... ich will sagen, etwas von großem, heiligem Wert... Nun, wohin sollte er so etwas bringen? Um... um dafür zu sorgen, daß es den seiner Bedeutung angemessenen Platz in der Welt erhält?«
Die grauen Augen waren hellwach und sahen Jona direkt an.
»Eine Reliquie?«
»Nun. Ja. Eine Reliquie«, entgegnete Jona vorsichtig.
»Ich nehme an, es ist kein Teil des echten Kreuzes?« fragte Bonestruca mit Spott in der Stimme.
»Nein.«
»Nun, dann dürfte es wohl kaum große Beachtung finden«, sagte Bonestruca – ein kleiner Witz -, und zum ersten Mal umspielte ein knappes, kühles Lächeln seine Lippen.
Jona erwiderte das Lächeln und wandte dann den Blick ab. »Señor«, rief er und bestellte noch zwei Schalen Wein.
»Nehmen wir einmal an, es handele sich um den Knochen von jemandem, den Ihr für einen Heiligen haltet«, sagte der Mönch. »Falls es sich um den Knochen einer Hand handelt, so kann ich Euch sagen, daß es höchstwahrscheinlich der Handknochen eines armen ermordeten Hurensohns ist, eines Sünders, der vielleicht ein Fuhrmann oder ein Schweinezüchter war. Und wenn es der Knochen eines Fußes ist, dann ist es vermutlich der Fußknochen eines Lumpen, eines Hurenbocks, der in keiner Weise ein christlicher Märtyrer war.«
»Das ist möglich, ehrwürdiger Bruder«, erwiderte Jona demütig.
Bonestruca schnaubte. »Mehr als möglich. Wahrscheinlich.«
Die neuen Schalen kamen, und Bonestruca trank weiter. Er war ein Trinker, bei dem der Wein kaum Wirkung zeigte und der nüchtern und gefährlich blieb. Doch langsamer dürfte der Wein ihn machen, dachte Jona; es wäre einfacher, ihn jetzt sofort zu töten, diesen mörderischen Mönch. Aber Jona dachte noch klar, und er wußte, daß Bonestruca am Leben bleiben mußte, wollte er selbst nach Gibraltar zurückkehren, ohne dort ins offene Messer zu laufen.
Jona bat nun den Wirt um die Rechnung. Nachdem die Schuld beglichen war, brachte ihnen der Mann einen Teller mit Brot und Oliven in Öl als Geschenk, und Jona lobte dem Mönch gegenüber die Freundlichkeit des Wirts.
Bonestruca grollte dem Mann noch immer. »Er ist ein abtrünniger Christ, der die Gerechtigkeit noch zu spüren bekommt«, murmelte er. »Er ist ein Schwein von einem jüdischen Ungeheuer.«
Das schreckliche Gewicht dieser Worte lastete schwer auf Jona, als er seine Stute durch die verschlafenen Straßen führte.
6. Bombarden
G raf Vasca ließ die Männer aus Gibraltar noch einmal vier Tage warten. Jona nutzte die Zeit, um die Witwe von Bernardo Espina ausfindig zu machen, weil er hoffte, so einen Weg zu finden, Espinas Gebetbuch seinem Sohn zu übergeben, denn das hatte er dem Arzt versprochen, bevor dieser im Autodafé sein Leben ließ. Aber die Suche endete in einer Enttäuschung. »Estrella de Aranda ist mit ihren Kindern hierher zurückgekommen«, sagte eine der Frauen aus Espinas früherer Nachbarschaft, als Jona sich bei ihr erkundigte. »Nachdem ihr Gatte wegen Ketzerei verbrannt worden war, wollte keiner aus ihrer Verwandtschaft sie aufnehmen. Wir haben ihnen für eine Zeit Zuflucht gewährt. Dann ging sie in den Convento de la Santa Cruz, um Nonne zu werden, und wir haben gehört, daß sie kurz darauf starb. Mutter Kirche schluckte ihre Kinder, Marta und Domitila, die ebenfalls Nonnen wurden, und Francisco, der Mönch wurde. Ich weiß nicht, wo sie jetzt sind«, sagte sie.
Jona sorgte sich, daß Bonestruca zuviel Wein getrunken hatte, um sich an das zu erinnern, was er dem Mönch über sein Wissen von einer wertvollen Reliquie erzählt hatte. Er war sicher, daß Bonestruca zu einem Netz von Männern gehörte, die heilige Dinge stahlen und kauften, um sie im Ausland mit
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