Der Medicus von Saragossa
längst entlassen und mit seinem Schwert und seinem Bogen davongejagt hättest.«
»Es war Costa?«
»Wer denn sonst? Er ist ein neidischer Mann, der niemandem seinen Wohlstand gönnt, wie wohlverdient er auch sein mag.«
Derartige Vorwürfe von Leuten, die ihren Namen nicht nannten, wurden häufig bei Autodafes vorgebracht, aber Fierro brauchte nicht zu fragen, woher Gripo seinen Beschuldiger kannte. Er wußte, daß Jose Gripo in seiner engsten Verwandtschaft ein halbes Dutzend Priester hatte, die sich in gutunterrichteten Kreisen bewegten.
»Was wirft man mir vor?«
»Er hat den Inquisitoren erzählt, daß du einen moslemischen Hexenmeister zum Lehrling hast. Er behauptete, er hätte gesehen, wie du jedes Stück, das du an einen guten Christen verkaufst, mit einem Blutfluch belegst. Und wie ich dir schon gesagt habe, es fällt auf, daß du nicht zur Messe gehst.«
»Aber in letzter Zeit habe ich sie doch besucht.«
»Das war zu spät. Du bist gebrandmarkt als Diener des Satans und als Feind der Heiligen Mutter Kirche«, sagte Gripo, und Fierro hörte eine tiefe Traurigkeit in seiner Stimme.
»Ich danke dir, Jose«, sagte er.
Er wartete in der Dunkelheit, bis Gripo den Hafen verlassen hatte, und machte sich dann auf den Rückweg zu seiner Schmiede.
Tags darauf, als sie im hellen Licht des trägen Nachmittags die Instrumente polierten, die er für seinen Bruder angefertigt hatte, erzählte er Jona von dem Gespräch. Er redete leise und ohne jede Gefühlsregung, so als würden sie den Fortgang einer Arbeit besprechen. Ohne Gripos Namen zu nennen, berichtete er, er habe erfahren, daß er von Angel Costa angeprangert worden sei.
»Wenn er mich bei den Inquisitoren angezeigt hat, bist du sicher auch angeschwärzt, und man wird dich verhaften«, sagte Fierro. »Deshalb müssen wir beide diesen Ort verlassen, und zwar schnell.«
Jona spürte, wie ihm das Blut aus den Wangen wich. »Ja, Señor.«
»Weißt du, wohin du gehen kannst?«
»Nein.«
»Was ist mit deinen Verwandten? Den beiden Männern, die dich besucht haben?«
»Das waren keine Verwandten. Es waren böse Männer. Sie sind wieder verschwunden.«
Fierro nickte. »Dann möchte ich dich um einen Gefallen bitten, Ramón Callicó. Ich werde zu meinem Bruder Nuño Fierro gehen, dem Arzt von Saragossa. Bist du bereit, mit mir zu kommen und mein Beschützer zu sein, bis wir bei ihm sind?« Jona versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen. Schließlich sagte er: »Ihr seid sehr freundlich zu mir gewesen. Ich werde mit Euch gehen und Euch dienen.«
Fierro nickte dankbar. »Dann müssen wir schleunigst unsere Abreise aus Gibraltar vorbereiten«, sagte er.
Mitten in der Nacht, während die anderen schliefen, ging Jona zum Haus des Meisters, wie es ihm aufgetragen worden war, und gemeinsam suchten sie die Dinge zusammen, die sie für die Reise brauchten. Lebensmittel und Gerätschaften für unterwegs, und für jeden feste Stiefel und Sporen und einen Brustharnisch. Ein Schwert für Jona. Ein Schwert für Fierro, bei dessen Anblick es Jona den Atem verschlug; es war nicht mit Edelsteinen besetzt oder ziseliert wie das eines Edelmanns, aber es war so prachtvoll gearbeitet, daß es seine Schönheit aus seiner vollkommenen Ausgewogenheit bezog.
Fierro wickelte jedes der chirurgischen Instrumente, die er in mühevoller Kleinarbeit für seinen Bruder angefertigt hatte, in ein weiches Tuch und legte sie in eine kleine Truhe.
Dann gingen er und Jona zum Stall und holten ein kräftiges Maultier heraus, das sie zu einem der Vorratsschuppen am anderen Ende des Grundstücks führten. Er war verschlossen, wie alle Vorratsschuppen, und Fierro öffnete die Tür mit einem Schlüssel. Die eine Hälfte des Schuppens war angefüllt mit allerlei Stahlteilen, alten und verrosteten Rüstungen und anderem Metallschrott. Die andere Hälfte war vollgestapelt mit Feuerholz, dem Brennstoff für die Esse. Der Meister hieß Jona, die Scheite beiseite zu räumen, und half auch selbst mit, und nachdem sie ein gut Teil des Stapels abgetragen hatten, kam eine kleine lederne Truhe zum Vorschein.
Sie war nicht größer als die Truhe mit den chirurgischen Instrumenten, aber als Jona sie hochhob, ächzte er überrascht, denn sie hatte ein großes Gewicht. Jetzt verstand er, wozu das Maultier nötig war.
Sie luden die Truhe auf den Rücken des Maultiers, führten es hinaus, und Fierro verschloß den Schuppen wieder.
»Ein schreiendes Muli, das alle Welt aufweckt, können wir jetzt
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