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Der Meister des Drakung-Fu

Titel: Der Meister des Drakung-Fu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Gehm
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gehalten hatten und auf den keiner auch nur noch einen Blutstropfen gewettet hätte, den Sieg an sich gerissen. So etwas konnte nur ein echter Meister.
    Kerul hing im Schneidersitz neben Dschingbiss Zhan auf der Ehrentribüne, die schnell zwischen zwei Baumgruppen mit ein paar Leinen aufgebaut worden war. Er genoss das bunte Treiben um sich herum. Die Dorfbewohner jubelten ihm zu, manche tanzten, anderen flopsten, viele zogen ihm anerkennend an der Nase. Jeder, der an Kerul vorbeiging, legte die Hände über dem Kopf zusammen, klatschte und klapperte mit den Eckzähnen als Zeichen der Achtung seiner Meisterschaft.
    Nach ein paar Minuten breitete Dschingbiss Zhan die Arme aus. Sofort wurde es still auf dem Platz. »Wie es die Tradition will, folgen nun auf fünf Nächte des Wettstreits und der Entbehrung fünf Nächte des Feierns und der Ausgelassenheit. Doch bevor das Fest beginnt, muss der Unterlegene dem neuen Drakung-Fu-Meister ein Geschenk darbieten, mit dem er dem Meister gratuliert und jegliche Missgunst begräbt.« Dschingbiss Zhan nickte jemandem im Publikum zu.
    Bajar trat vor die Ehrentribüne. Er führte einen Yak an einer Leine. Bajar legte die Hände über dem Kopf zusammen, klatschte zweimal und klapperte mit den Eckzähnen. »Kerul, neuer Meister des Drakung-Fu. Als Zeichen meiner Verbundenheit und Anerkennung deines Sieges schenke ich dir dieses gut durchblutete Tier. Mögest du deinen Sieg bis auf den letzten Tropfen auskosten!«
    Die Menge jubelte. Einen Yak als Opfertier und Geschenk hatte es schon lange nicht mehr gegeben.
    Kerul starrte den Yak an. Er wippte im Schneidersitz von einer Seite auf die andere. Schließlich räusperte er sich und sagte: »Danke.«
    Dschingbiss Zhan raunte Kerul zu: »Du musst das Geschenk jetzt annehmen.«
    Kerul zögerte eine Sekunde, dann flog er von der Ehrenleine zu Bajar und dem Yak. Bajar reichte Kerul die Leine. »Na dann«, sagte er und deutete auf den Yak. »Prost!«
    Kerul betrachtete den Yak. Er hatte zotteliges schwarzes Fell. In der Stirn fiel es ihm bis über die Augen. Kerul streckte die Hand aus. Erst schreckte der Yak zurück, doch dann hielt er ganz still, als Kerul ihm das Fell etwas zur Seite strich und seine großen braunen Augen freilegte. Kerul legte den Kopf schräg. Der Yak legte den Kopf schräg. Langsam ging Kerul um den Yak herum und stellte sich hinter ihn.
    Durch die Zuschauermenge ging ein Tuscheln. Was machte der neue Meister denn nur? Wieso fletschte er nicht die Zähne, stürzte sich auf den Hals des Yaks und biss zu? Suchte er noch nach der besten Bissstelle? Wollte er den Yak etwa in den Hintern beißen?
    In dem Moment holte Kerul weit aus und schlug dem Yak kräftig auf sein Hinterteil. Der Yak schreckte auf, schnaufte entsetzt, galoppierte unter der Ehrentribüne hindurch und verschwand in der mongolischen Steppe. Zurück blieb nur eine kleine Staubwolke.
    Die Zuschauer starrten dem Yak fassungslos hinterher.
    »Was tust du?«, rief Bajar entgeistert. »Du hast ihn vertrieben! Verachtest du mein Geschenk? War dir mein Yak nicht gut genug? Willst du mich beleidigen?« Bajar schnaufte, wie der Yak es eben getan hatte.
    »Dein Geschenk gefällt mir sehr gut«, erwiderte Kerul. »Deswegen habe ich den Yak nicht getötet, sondern ihn zurück in die Steppe geschickt. So habe ich länger was von ihm.«
    Bajar zog die schwarzen Augenbrauen zusammen. »Erst hast du mich besiegt und jetzt machst du dich auch noch lustig über mich.« Er spuckte Kerul vor die Füße. »Du bist kein Drakung-Fu-Meister, du bist eine Schande für das Dorf!«
    Ein paar der Umstehenden murmelten zustimmend.
    In dem Moment flog Dschingbiss Zhan zwischen die beiden Krieger. »Haltet ein, ihr zwei! Die Kämpfe sind vorüber, habt ihr das vergessen?« Er sah mit finsteren Augen von Bajar zu Kerul. »Wie es die Tradition will, hat Bajar ein Geschenk gebracht. Und du, Kerul, musst es annehmen, und zwar genau so, wie es die Drakung-Fu-Meister seit Tausenden von Jahren tun. Du musst deinen Sieg auskosten, bis auf den letzten Blutstropfen! So will es die Tradition.«
    »So will ich es aber nicht!« Kerul stemmte die Hände in die Hüfte, damit keiner sah, wie sehr sie zitterten. »Ich will den Yak nicht aussaugen. Er ist ein Bewohner der mongolischen Steppe, genau wie ich.«
    Manche Dorfbewohner schrien empört auf, andere lachten.
    »Ein Yak ist eine Blutquelle in der mongolischen Steppe, mehr nicht!«, rief jemand.
    Dschingbiss Zhan hob den Knochenstab und es wurde

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