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Der Meister des Drakung-Fu

Titel: Der Meister des Drakung-Fu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Gehm
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kann ja nicht toll schmecken.«
    »Ich weiß!«, rief Daka. »Du willst Frischblut von dieser mongolischen Kuh ... diesem ...«
    »Yak?« Kerul schüttelte den Kopf.
    Silvania sah Kerul einfühlsam an. »Bist du krank? Hat dir der lange Flug den Appetit verdorben? Das geht mir auch immer so. Bei mir reichen sogar ganz kurze Flüge.«
    »Ich habe auch vor dem Langstreckenflug kein Fleisch gegessen. Zu Hause habe ich mich von Quark aus Kamelmilch ...«
    Daka verzog das Gesicht.
    »... von Mehlsuppe mit Knollen ...«
    Silvania rümpfte die Nase.
    »... und von vergorener Stutenmilch ernährt.«
    Der Lakritzschnauzer von Herrn Tepes kringelte sich vor Grauen nach außen.
    Frau Tepes wurde so blass wie der Rest der Familie.
    Nachdem Herr Tepes seinen Lakritzschnauzer zurechtgerückt und die Fassung wiedergewonnen hatte, schlug er mit der Faust auf den Tisch. »Was ist denn mit dir los? Du isst ja wie ein Mensch! Nein, schlimmer noch, wie ein vegetarischer Mensch!«
    Kerul ließ den Kopf hängen. »Ich weiß.«
    Einen Moment war es still am Abendbrottisch. Dann lehnte sich Silvania zu Kerul und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Das ist nicht so schlimm. Ich bin dein virtueller Zwilling. Natürlich kenne ich das. Ich war auch mal Vegetarierin.«
    Daka nickte. »Zwei Stunden lang.«
    Mihai Tepes sah seine erstgeborene Tochter bestürzt an.
    »In Ulan-Vampor ist das aber schlimm«, sagte Kerul. »Und zwar so richtig schlimm. Die Vampgolen sind sehr traditionsbewusst. Sie kämpfen wie vor Tausenden von Jahren, sie feiern wie vor Tausenden von Jahren und sie essen wie vor Tausenden von Jahren.«
    Herr Tepes schnalzte mit der Zunge. Ihm gefiel der Gedanke.
    »Nur du nicht.« Frau Tepes sah Kerul mitleidig an.
    Kerul nickte. Dann sah er traurig auf einen unbestimmten Punkt an der Wohnzimmerwand, als würde sich dahinter die unendliche Weite der mongolischen Steppe ausbreiten. »Irgendwie habe ich nie so richtig reingepasst. Es fing schon in der Kinderjurte an. Meine Haut war nicht ganz so weiß wie die der anderen Vampgolinis, meine Augen nicht ganz so schmal und meine Milcheckzähne nicht ganz so lang.«
    »Sie haben dich ausgelacht?« Frau Tepes hätte ihren virtuellen Sohn am liebsten umarmt.
    »Nein. Sie haben mich in einen Teppich eingerollt und in eine Regentonne gesteckt.«
    »Mit oder ohne Deckel?«, fragte Daka.
    »Mit.«
    »Und deswegen hast du angefangen, Gürkchen zu essen?« Mihai Tepes sah Kerul zweifelnd an.
    »Ich hatte noch nie so richtig Heißhunger auf Blut. Eigentlich habe ich es nur getrunken, weil meine Mutter meinte, es wäre gut für meine Knochen. Aber dann habe ich entdeckt, wie lecker Pflanzensaft und Kamelmilch schmecken. Und seitdem habe ich gar keinen Appetit auf Blut mehr«, erklärte Kerul.
    Daka, Silvania, Elvira und Mihai Tepes sahen Kerul nachdenklich an.
    Kerul kratzte sich im Nacken. »Ich weiß, das ist alles merkwürdig. Vielleicht bin ich wirklich krank. Oder mit meinen Genen stimmt was nicht.«
    Daka, Silvania, Elvira und Mihai Tepes sahen Kerul noch nachdenklicher an.
    »Ich gebe mir wirklich Mühe, ein richtiger Vampgole zu sein, aber es klappt irgendwie nicht.« Kerul zuckte hilflos mit den Schultern.
    Schließlich räusperte sich Elvira Tepes. »Für einen Vampir oder Vampgolen hört sich das wirklich alles sehr merkwürdig an.« Sie machte eine bedeutungsvolle Pause. »Aber nicht für einen Halbvampir.«
    »Oder Halbvampgolen«, pflichtete ihr Mihai bei.
    »WAS?!« Kerul war schnell wie eine Sojus-Rakete in die Luft gegangen und schwebte nun über dem Esstisch.
    »Nun flops doch nicht gleich aus«, sagte Silvania.
    »Komm wieder runter.« Daka zog an Keruls Bein.
    Kerul dachte nicht daran. Seine Augen glühten wie Kastanien im Feuer. »Ein Halbvampir!« Er stieß das Wort aus, als wäre es eine schimmelige Bockwurst. »So etwas gibt es gar nicht.«
    »Doch«, sagten Daka und Silvania wie aus einem Mund.
    Mihai und Elvira nickten.
    »Ich habe noch nie einen Halbvampir getroffen.« Kerul verschränkte die Arme. »Wo soll es die denn geben?«
    »Hier«, sagte Silvania.
    »In diesem Wohnzimmer«, fügte Daka hinzu.
    Mihai Tepes nickte. »Sie sind unter uns.«
    Kerul schielte nach allen Richtungen. Er flog eine Runde durch das Zimmer. Er sah unter die Couch und hinter den Vorhang. »Hier sind keine Halbvampire. Weil es keine gibt!«
    Silvania wurde es langsam zu bunt. Das war ja, als würde jemand mit dem Gesicht in einem Ameisenhaufen stecken und behaupten, es gäbe keine Ameisen.

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