Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)
nackt gegenüber.
Wie eine Wahnsinnige fängt sie an sich zu bekreuzigen, steht dabei auf den Zehenspitzen und äugt angestrengt durch das Geäst, fuchtelt mit ihrem ausgestreckten Finger:
»Heilige Maria! Strafe ihn dort! Er ist der Hund, der weiter frißt, was er gespien hat!«, und auf Antonia gezielt: »Strafe die Hure, denn sie ist die Sau, die sich nach der Schwemme wieder im Dreck wälzt … Malefitzdotschn! Verflucht bist du in Ewigkeit, da du Unzucht treibst in unserem christlichen Haus!«
»Haut ab, oder ich wünsch’ Euch den Wurmfraß in die Gebeine!« brülle ich sie an. »Verzieht Euch, anstatt uns hier aufzulauern!«
»Was? Weißt du eigentlich, wo du dich befindest?« keift Frau Elisabeth schrill zurück. »Der Herr wird dich noch heute zur Rechenschaft ziehen, Adam! Du wirst aus Büchsenhausen verschwinden!
Und du, sündiges Hurenweib, wirst mein Haus nicht mehr betreten! In meinem Haus wird nicht rumgehurt!
Huuuuuure!
Du bist verflucht in alle Ewigkeit! Das Waschwasser der Aussätzigen wirst du trinken. Warum läufst du nicht gleich nackt durch Innsbruck, damit ein jeder sehen kann, was du für eine Hübschlerin bist? Der Teufel hat’s dir eingeblasen, stinkendes Hurenstück! Dafür bekommst du den Mühlstein um den Hals gehängt, und man wird dich im Inn ersäufen!«
Wutentbrannt gehe ich, immer noch nackt, wie ich bin, um die Laube herum und brülle die Herrin an:
»Wenn Ihr nicht sofort Euer Lästermaul haltet und verschwindet, verheize ich Euch noch heute im Schmelzofen!«
Bleich vor Angst starrt sie auf mein Glied, weicht aber vor meinem Zorn zurück, dreht sich schnell um und läuft schimpfend den Weg zurück:
»Noch heute verläßt du und das Hurenweib mein Haus! Niemals werdet Ihr es wieder betreten! Verfaulen sollt Ihr am lebendigen Leib! So eine Schande! So eine Unzucht! Die Schlimmsten unter den Schlimmen unter meinem Dach!«
Als ich die Laube betrete, wird Antonia von Weinen gebeutelt.
Nach einiger Zeit habe ich sie so weit beruhigt, daß ich sie vollständig ankleiden kann. Immer wieder sagt sie zu mir: »Ich geh’ nicht mehr zurück ins Haus. Ich geh’ in den Inn!«
»Wegen so etwas geht keine Frau in den Inn! Dennoch, Antonia, die Herrin meint es ernst. Es wird daher besser für dich sein, Büchsenhausen zu verlassen. Wir gehen jetzt ins Haus zurück, und du wirst deine Sachen packen. Danach bringe ich dich zu meinem Schneider Alois Herman im Kerschental, der sucht schon seit langem vergeblich eine tüchtige Küchenmagd. Bei ihm wirst du es außerdem viel besser haben!«
»Glaubst du? Glaubst du wirklich, er nimmt so eine wie mich?«
»Ich wette meine Seele gegen ein ranziges Brandküchlein!«
Ein kleines Lächeln huscht über die noch tränennassen Wangen. »Was wirst du machen?«
»Ich rede das Ganze mit meinem Onkel aus. Nur mit ihm und mit ihm allein! Er kann auf mich nie und nimmer verzichten! Und zwischen uns bleibt alles so, wie es ist«, beruhige ich sie. Stumm verlassen wir den Garten.
Als ich das Gartentürchen öffne, blicke ich nach oben und sehe, wie Katharina von ihrem Zimmer aus uns beide beobachtet.
Mir ist, als würde ich sie lächeln sehen …
Franz, der Rosenheimer, verwehrt uns den Eintritt!
Die Füße gespreizt, Schenkel wie ein Stier, sperrig vom Kopf bis zu den Füßen, Antonia und mich verächtlich musternd, dazu provozierend die Arme vor der Brust verschränkt, verkörpert er die strafende Gewalt des Totschlägers. Noch nie ist der Sklave unserer Herrin auch nur einen Fußbreit zum Guten hin abgewichen. Noch nie hat ihn jemand aufgehalten, berichten die Zuschauer über die Opfer, an denen er sich ausließ.
»Franz, geh zur Seite. Antonia will ihre Sachen packen«, versuche ich es mit ruhiger Stimme.
»Bergmandei! Stad bist! Mach di ned unglücklich. Ihr wart’s jetzat vorm Haus, und Eier Zeigl kummt glei durchs Fensta noche!«
Seine Hände lösen sich langsam und bedrohlich aus der Verschränkung, bereit, meinen Körper in Empfang zu nehmen, damit er den Leichnam anschließend eigenhändig zu Grabe schleifen kann.
»Das entscheidest weder du noch Frau Elisabeth, sondern ganz allein der Herr auf Büchsenhausen! Mach Platz!« antworte ich entschlossen.
Der Bluthund öffnet zum Auftakt seine Schnauze, zum mörderischen Biß: »Wos wuist? Früchterl, jetza ziag i dir auf ewig d’Haxn weg!«
Seine Fäuste …
Meine Schnelligkeit, meine Kampfausbildung …
Noch im ersten Schritt treffe ich ihn mit meinem rechten Fuß mit voller
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