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Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Titel: Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes K. Soyener , Wolfram zu Mondfeld
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diesem Punkt brach er ab.
    Wo seine Eitelkeit befriedigt, seine Kunst nicht nur die höchste Anerkennung findet, sondern auch die meisten Gulden einbringen wird, dorthin wird er ziehen – dachte ich mir damals.
    »Rechne in Wiener und nicht in Augsburger Zentner!« holt er mich aus meinen Gedanken zurück. »Sag Pietro, wir benötigen pro Kartaune 60 Zentner der Legierung Gans. Damit du dir leichter tust, kannst du gleich in Barren rechnen. Dazu mußt du wissen, daß ein Barren der gleichen Legierung genau 20 Pfund wiegt. Wieviel Barren werden wir also für die vier Kartaunen benötigen?«
    »1200!«
    »Gut so!« kommt die Bestätigung. »Nun, Adam, das ist aber noch nicht die vollständige Rechnung.«
    »Warum?«
    »Du hast den Abgang im Feuer nicht berechnet!«
    »Was muß ich dafür in Anrechnung bringen?«
    »Was glaubst du, geht – gerechnet auf 100 Teile, bei unserem Flammofen durch den Kamin?«
    »Zehn? Fünfzehn? Oder gar mehr?« versuche ich mich heranzutasten.
    »Du errätst es nicht«, lacht mein Onkel lauthals. »Wir bleiben erheblich unter zehn!! Das glaubt uns zwar keiner, dafür ist das besonders gut für meine Kostenberechnung. Also, berechne noch mal alles und vergiß nicht die Gegenprobe! Die Ergebnisse bekomme ich von dir auf diesem Pergament.«
    Während ich die Unterlagen an mich nehme, überlegt der Meister. »Noch eins: Die Schichtung des Metalls im Ofen hätte ich fast vergessen. Sag Pietro, er soll die Barren weitläufig im Ofen aufschichten, und zwar möglichst quer zur Flammrichtung. Das Ganze auf Backsteinen aufgebaut, daß unten ein Raum von 1/8 Elle freibleibt. Die Ofensohle muß erst heiß sein, bevor die Bronze herabfließt. Bartlme kann danach, im Namen Gottes, den vorgeheizten Ofen voll anfahren. Nun an die Arbeit!«
    Als ich die Tür öffne, ruft er mich zurück:
    »Eine Sache hätte ich dir noch gern übertragen.«
    »Was für eine?«
    »Eine, die dir zeigt, daß mein Vertrauen in dich noch nie erschüttert worden ist. Komm noch mal herein und schließ die Tür.«
    Mein Onkel legt den Stapel Papiere in die Schublade zurück:
    »Da hat sich für heute dieser pockennarbige Kupferhändler aus Meran angesagt. Davido heißt er. Kennst du ihn schon?«
    »Ja, ich sah ihn schon öfter …«
    »Ich wollte mich mit ihm selbst unterhalten, hab’ aber drüben bei den Tiegelöfen einen Versuch laufen, der mir wichtiger ist. Außerdem gelten meine Geschäftsbeziehungen zu den Handelshäusern in Augsburg und Venedig als zu ausgezeichnet, als daß mir günstiges Kupfer verlorengehen könnte. Angeblich hat er ein gutes Angebot zu unterbreiten. Sollte er dir allerdings vitriolisches Kupfer aus Taufers anbieten, schick ihn gleich wieder weg. Es ist nicht nötig, bei ihm zu kaufen; es genügt, ihn auszuhorchen. Laß dir die Preise nennen und berichte mir darüber. Er wird noch heute kommen.«

    Er bekäme nie einen Platz in den Sammlungen von Porträts schöner Menschen, die in Venedig, Wien und anderswo gemalt und gesammelt werden. Und wenn ihn irgend jemand porträtieren würde, das Stückchen Leinwand könnte seinen Schatten nicht ertragen, wäre schnellstens zu Staub zerfallen und verweht. Er sieht mich an mit Augen, die einem um Mitternacht begegnen, denen das Blut fehlt wie die Farbe. Der Gedanke überkriecht mich, daß er als ein Gnom, der alle Mängel und Lasterhaftigkeit des Menschen verkörpert, eines Tages auf dem Jahrmarkt enden könnte. Wäre da nicht ein Lächeln, das ein vollständiges weißes Gebiß freilegt, mit dem echten Widerschein eines unbefangenen, arglosen Gemüts, welches das Zutrauen im Sturm gewinnt und bewirkt, daß plötzlich seine gesamte Erscheinung aus dem Schatten ins Licht zu springen scheint.
    Vor mir steht Willi Davido, der Kupferhändler!
    »Ah, Herr Dreyling. Ihr selbst? Gott zum Gruß. Welch eine Ehre, die Ihr mir zukommen laßt. Ich bin zu Meister Löffler bestellt.«
    »Der Meister bittet, die Verhandlungen mit mir führen zu wollen. Ich habe alle Befugnisse. Kommt herein.«
    Mit stampfenden Schritten über die Steinplatten folgt er mir zum Eßzimmer.
    Der kleine scharfe Mann mit den kalten Augen, den lebhaften Bewegungen, dem lauernden Gesichtsausdruck, mit seinem fesselnden Lächeln, der seinen Platz am Tisch eingenommen hat, erscheint mir zudem wie ein Schwindelmönch, der den Menschen ihr Geld für falsche Reliquien und faule Ablässe aus den Taschen zieht. Wie will so ein Mensch je ein vernünftiges Geschäft hinter sich bringen?
    Der Knall der

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