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Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Titel: Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes K. Soyener , Wolfram zu Mondfeld
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verschwinden«, ergänzt Will, und fährt fort: »Die Tore auf Tower Hill und Aldgate müßten noch passierbar sein! So schnell traut sich der katholische Mob gewiß nicht an die Burg heran. Das würde allerdings bedeuten, daß sich unser Weg nach Barn Elms um mindestens noch mal eineinhalb Stunden verlängert«, und zitiert sich selber spöttisch: »Ein Pferd, ein Pferd, ein Königreich für ein Pferd!«
    Doch mir ist inzwischen etwas anderes eingefallen:
    »Sagt, Stepney liegt doch auch im Osten Londons?«
    »Gewiß. Zu Fuß etwa eine halbe Stunde Wegs. Aber was wollt Ihr in Stepney?«
    »William Davison! Er war lange Jahre in den Niederlanden und ist vor kurzem erst von der Königin zum Zweiten Staatssekretär ernannt worden. Er ist ein alter Freund von mir aus der Zeit, als er in Venedig und Tirol arbeitete. Ich erinnere mich, daß er oft von seinem Haus in Stepney sprach.«
    »Stepney Cottage! Aber sicher!« jubelt mein Begleiter. »Wenn er ein Freund von Euch ist, dann wird er Euch auch Schutz gewähren, und als Zweitem Staatssekretär ist es für ihn auch weitaus einfacher, eine Botschaft nach Barn Elms bringen zu lassen, als uns das möglich wäre!«
    Mit ausgreifenden Schritten hasten wir den Cornehill hinauf, als ich roten Flammenschein zu unserer Linken bemerke.
    »Auch dort schon? Das muß in Houndsditch sein!«
    Wie von Furien gehetzt, rennen wir die Leadenhall Street hinunter. Zum Glück stehen die Torflügel von Aldgate weit offen und wir stürmen hinaus auf die freie Landstraße. Für einen Augenblick verharren wir außer Atem.
    »Das ist Owen Furnace, das dort brennt!« keuche ich entsetzt.
    Hastig setzen wir unseren Weg fort, während schräg hinter uns aus einem der Gebäude der Gießerei der Brüder Owen die hellen Flammen in den Himmel schlagen. An den Geschichten, den Ideen, den Philosophien Shakespeares ist mir im Augenblick gründlich die Lust vergangen. Ist das ein Aufstand? Ein Bürgerkrieg? Wenn Maria Stuart zur Königin Englands ausgerufen wird, wenn Elizabeth stürzt, was wird dann aus mir? Wenn die Katholischen bereits London besetzen, Owen Furnace in unmittelbarer Nachbarschaft des Tower niederbrennen, wie steht es dann in Stepney, in Barn Elms ein gutes Stück weit außerhalb der Tore der Stadt? Liegen Davison und Walsingham vielleicht schon in Ketten? Sind sie möglicherweise bereits tot? Und was wird dann aus meiner Gießerei in Mayfield?
    Die Katastrophen anderer mögen faszinierend und ergötzlich sein, die eigenen sind es ganz gewiß nicht!

    Mein Führer bleibt stehen:
    »Dort vorne, das ist Stepney.«
    Im diffusen Mondlicht ragt aus einer Ansammlung von niederen Stroh- und Schindeldächern ein gedrungener Kirchturm mit spitzem Helm in den Nachthimmel.
    »Und dort drüben, hinter der langen Ziegelmauer, das ist Stepney Cottage, der Sitz des Zweiten Staatssekretärs William Davison.«
    Nun, eine Hütte oder ein Häuschen, wie das Wort Cottage suggerieren könnte, ist das nicht. Aus einem mit alten Bäumen bestandenen, umfriedeten Park, schimmern die teilweise hell erleuchteten Fenster eines mindestens zweistöckigen Hauses herüber. Auffallend ist die rege Betriebsamkeit entlang der Mauer, wo bewaffnete Männer mit Fackeln und Hunden patroullieren.
    »Würde es Euch sehr viel ausmachen, Sir Adam, wenn Ihr die letzten paar Dutzend Yards bis Stepney-Cottage allein zurücklegen müßtet?« fragt mein Führer vorsichtig.
    »Durchaus nicht. Aber weshalb?«
    »Nun – ich liebe zwar Krieger auf der Bühne, aber im wirklichen Leben ist es für einen Mann meiner Profession oft ratsamer, ihnen aus dem Weg zu gehen.«
    Ich schüttle dem jungen Will Shakespeare herzlich die Hand, danke ihm für seine Hilfe und lege ihm nochmals die Sorge um Ysabel ans Herz. Dann verschluckt das Dunkel den Dichter-Schauspieler. Mit schnellen Schritten eile ich auf Stepney-Cottage zu.
    »Halt! Stehenbleiben! Hände hoch und keine Bewegung!«
    Ich bleibe wie angewurzelt stehen und hebe die Hände. Eine Blendlaterne blitzt auf und nimmt mir die Sicht. Ich höre schwere Stiefel hinter Bäumen und Büschen hervorkommen und auf mich zutrappen. Waffen klirren. Vor mir, hinter mir knurren Hunde.
    »Wer bist du und was willst du hier?« dringt eine rauhe, befehlsgewohnte Stimme an mein Ohr.
    »Ich bin Sir Adam Dreyling!«
    »Genau so siehst du aus!« höhnt die Stimme. »Sir Adam Dreyling aus einer Schmierenkomödie wohl. Warum denn nicht gleich Robin Hood?«
    Verdammt! Ich habe ja noch immer diesen giftgrünen Mantel

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