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Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Titel: Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes K. Soyener , Wolfram zu Mondfeld
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gesprochen!«
    »Wir lassen uns das nicht mehr gefallen!«
    »Holt den Marx Fugger aus den Federn!« krakeelt Mornauer. »Er ist der Schuldige, der Obersünder!«
    »Holt euch, was ihr braucht, zurück! Er soll bezahlen!« kommt das Echo aus der Menge.
    »Tod der Obrigkeit! Weg damit!« – der Blonde.
    Schlagartig wird mir klar: Ich hatte den Fehler begangen, vor dem mich Reisländer so eindringlich gewarnt hatte: ›Keine Namen! Sonst brennen die Häuser und noch mehr.‹
    Ich hatte seine Worte mißachtet.
    Ich muß etwas tun! Muß verhindern, daß es zum offenen Aufruhr kommt. Muß meinen Fehler gutmachen.
    Doch Pater Scherer öffnet erst recht das Pulverfaß, in das der Funke jeden Augenblick fliegen kann:
    »Das ist fein! Ihr wahnsinniger, gottloser Haufen fragt, warum kein Edler, kein Fugger hier zu liegen kommt?
    Ja glaubt ihr denn, daß die Wohl- und Guttaten, die ihr von ihrer Hand jederzeit oft und dick empfangen habt, nicht durch Gott bestätigt werden? Ihre christliche Ehr’ ist durch Gott bewiesen, indem er sie verschont! Sie sind dermaßen beschaffen, daß ihr euch mit aller Ehrerbietung und Dankbarkeit verpflichten, erkennen und bekennen solltet, ihrer im täglichen Gebet treu zu gedenken. Die höchsten Vergelter alles Guten hier zu Schwaz sind die Herren Fugger! Sie haben die Belohnung durch euch verdient, ihnen zeitlich und ewiglich Huld, Treue, Liebe und Ehrfurcht entgegenzubringen. Merkt euch: Den auserwählten Samen haben sie durch Gott erhalten.«
    »Deine Mutter hat ihn direkt vom Teufel erhalten!« brüllt Mornauer dagegen.
    »An den Galgen!«
    »Vierteilt das Pfaffenarschloch!«
    Schon fliegen die ersten Steine.
    Jetzt muß ich handeln! Muß die Menge beruhigen:
    »Genug, Prediger! Verschwinde in dein Pfarrhaus, sonst liegst du sehr bald auch dort unten!«
    Ich springe auf die Treppe zu und kann gerade noch verhindern, daß Scherer von einigen Huntenläufern zu Boden gestoßen wird. Die wütende Menge würde ihn gewiß in wenigen Augenblicken zerstampfen.
    Jetzt erst scheint er zu begreifen, in welche Gefahr er sich geredet hat.
    »Schnell durch das Tor, über die Straße zum Pfarrhaus!« fahre ich ihn an. Er aber klammert sich an meinen Rücken, und schreit über meine Schulter hinweg, daß mir die Ohren schmerzen:
    »Frieden verkündet der Herr seinem Volk … es begegnen einander Erbarmen und Treue.«
    Seine Stimme überschlägt sich vor Todesangst, als er sieht, wie die Menschen im Nu Treppe und Tor abriegeln.
    Während ich den Aufgang mit meinem Körper sperre, hastet Scherer rückwärts die Stufen hoch und plärrt unentwegt:
    »Gerechtigkeit und Frieden küssen sich! Gerechtigkeit und Frieden küssen sich! Gerechtigkeit und Frieden.«
    Als er die oberste Stufe erreicht hat, springt er mit einem Satz durch die Tür in die St. Veit geweihte Oberkapelle des Totenhäusels und ist so außer Sicht der Menge.
    Ganz langsam beginne ich die Treppe wieder herabzusteigen bis zu der Höhe, von der aus Scherer seine Gemeinheiten von sich gegeben hatte.
    Die Menge blickt auf mich.
    »Beruhigt euch, Leute! Gott behüte uns vor solch falschen Propheten! Aber laßt uns vernünftig sein. Wir können keine Tätlichkeiten gegen einen Priester zulassen. Ich bitte euch: Keine Gewalt! - Wir haben unsere Toten zur Ruhe zu betten …«
    »Wir holen den dreckigen Pfaffen da oben raus und verhauen ihm den Arsch – das hat er verdient!« tönt es aus der nördlichen Ecke herüber. Es sind die Hitzköpfe, die Querschädel, die sich dort zusammengerottet haben, an ihrer Spitze Ambros Mornauer, der »Silberling«, wie er genannt wird, der keinem Streit aus dem Weg geht, und der pockennarbige Blonde. Ich habe den Eindruck, gerade er ist wild darauf aus, das Feuer anzufachen.
    »Holt ihn raus!« johlen sie, doch die Aufrufe zur Gewalt sind spärlicher geworden.
    »Ruhe! Ruhe, Männer«, rufe ich. »Laßt uns beten für die Seelen unserer toten Knappen! Ihretwegen sind wir schließlich hergekommen!
    Ich bin kein Prediger, aber ich weiß, daß unsere toten Väter, Söhne und Freunde durch ein vorhersehbares Unglück umgekommen sind. Doch sie sind auch von dieser knochenharten Arbeit befreit zur Herrlichkeit der Gotteskinder. Die Auferstehung der Toten ist in dieser Stunde unser einziger Trost.
    Dafür laßt uns beten! ›Vater unser, der du bist im Himmel …‹«
    Ich bin am Ende der Treppe angelangt, als ein Mann aus der Menge auftaucht und an mir vorbei ein paar Stufen die Treppe hinaufstürmt.
    Nandl Kunzmeier,

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