Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)
hinterlassen, und jetzt, da die Dons dabei sind, ihm das Fell über die Ohren zu ziehen, will er uns die letzten Kugeln und die letzte Unze Pulver unter dem Arsch wegziehen, damit er sich selbst über Wasser halten kann. Doch das Schicksal von Sussex und seiner Menschen ist ihm völlig gleichgültig. Was hier abläuft, ist Verrat. Howard will nur seinen persönlichen Arsch auf See retten. Die Dons wird er nie besiegen! Das wußte doch schon vorher ein jeder, der denken konnte und wollte. Ich habe es immer gewußt: Die Dons werden kommen! Spätestens übermorgen erwarte ich sie östlich von Beachy Head. Daß dies nicht gelingen wird, dafür bin ich hier verantwortlich. Ich und meine Milizen werden da sein und den Angriff abwehren. Das ist mein Auftrag und dafür benötige ich jede einzelne Kugel und jede einzelne Unze Pulver. Ich fordere daher alles wieder zurück!« Sein Zorn erzeugt Speichelfäden und Schaumblasen in den Ecken seiner Mundwinkel. Die flache Hand klatscht auf den rechten Schenkel: »Einen Furz werde ich darauf lassen. Und Euch empfehle ich, Euch nützlich zu machen. Nördlich von hier, bei der Kirche von Afriston, warten zwei Kanonen auf Bedienung. Damit wäre wenigstens der Sinn Eures Erscheinens gerechtfertig. Ansonsten schert Euch zum Teufel!«
Seine Tirade auf den Lordadmiral und seine Beleidigungen machen mich für einen Augenblick sprachlos. Doch seine Ansichten sind keinesfalls so eindeutig, als daß er nicht selbst einige Ungereimtheiten verspüren müßte. Besonders die Verweigerung der Waffenhilfe damit zu begründen, daß er selbst die Mittel benötige, um die Spanier von den Küsten Sussex erfolgreich fernzuhalten, quittiert sogar seine Reiterschaft mit zweifelnden Blicken. Allerdings hat er beim Zusammentreiben der führenden römisch-katholischen Anhänger in Sussex im Frühjahr ganze Arbeit geleistet. Er und seine Lieutenants haben sich offensichtlich mit dem Einsperren der Katholiken mehr beschäftigt als mit der Musterung ihrer Milizen. Da der Lordadmiral mich auch in dieser Hinsicht gewarnt hatte, haben wir uns vorgesehen. Ruhig, doch mit Bestimmtheit beschreite ich den Pfad:
»Mylord! Ich sehe eine ganz andere Entwicklung voraus. Drei Dinge werden eintreten: Erstens, die Dons kommen mit zwanzigtausend ihrer besten Soldaten an Land, die bisher alles niedergekämpft haben, was sich ihnen rund um den Erdball versucht hat, in den Weg zu stellen. Zweitens, Euer Rudel von vielleicht zweitausend Mann, die untrainiert, unerfahren, schlecht ausgerüstet, aber von Euch beflügelt sind, werden von Euch in einen sinnlosen Opfertod gejagt. Dafür werden die Spanier, nach dem Abschlachten unserer Männer, Frauen und Kinder, wenigstens 300 ihrer auf den Schiffen mitgeführten 112 4 Kanonen sicher und ungestört vier Meilen von hier an Land hieven und London wenig später damit zersieben. Dagegen fällt meine Prophezeiung für Euch noch gnädig aus, denn Euer angekündigter Furz wird auch Euer letzter sein.«
Schnell ziehe ich mein fertig geladenes und gespanntes Pistol hervor. Newton und meine Arkebusiere reagieren ebenfalls sofort. Die Überraschung ist gelungen. Sein Mund bleibt tonlos, dafür steht er weit offen.
»Euer Furz wird, wenn nicht schon jetzt oder unter Einwirkung eines spanischen Degens, einer Pike oder einer spanischen Kugel, dann jedoch in aller Kürze unter einem englischen Richtbeil jämmerlich entweichen! Steigt ab!«
Sofort wende ich mich an seine Reiter, die beginnen, nervös ihre Pferde zu bewegen:
»Ruhe, Männer! Bleibt ruhig, hört mich an! Unser Lordadmiral dort draußen auf See, der zusammen mit Francis Drake, Hawkins, Frobisher, Seymour, den besten Kapitänen der Welt, die Feinde Englands zu dieser Stunde durch den Kanal jagt, hat die Pläne der Spanier durchschaut. Sie werden erst versuchen, Parmas Armee, die heiß darauf ist, den Sprung nach England zu wagen, bei Calais an Bord ihrer Schiffe zu nehmen, um danach bei Margate englischen Boden zu betreten. Sussex’ Küsten sind überhaupt nicht in Gefahr! Wir haben begonnen, die spanischen Schiffe, die unseren Kriegsgaleonen und unserer Artillerie weit unterlegen sind, wirksam mit unseren Feldschlangen zu durchlöchern. Noch schwimmen ihre riesigen Schiffe, daher müssen wir das Werk schnellstens vollenden, damit verhindert wird, daß Parma einen einzigen Soldaten gegen das Königreich entsenden kann.
Fünfundzwanzigtausend zusätzliche Soldaten, bereit zum Morden und Brennen, kann kein englisches Heer
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