Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)
Lordadmiral stellte, nachdem die R AINBOW am frühen Abend neben der A RK R OYAL längsseits gegangen war.
»Insgesamt reicht es für etwa 50 Breitseiten der großen Schiffe und etwa für 20 der kleineren Einheiten.«
»Das genügt, so Gott will, für das entscheidende Treffen mit den Dons …«, antwortete Howard mit Befriedigung.
Seit Stunden nun werden die Schiffe des Dover- und Margate-Geschwaders von den Einheiten der Flotte umringt, um in größter Eile die Zuteilungen an Kugeln, Pulver und Proviant zu übernehmen. Während die Matrosen und Soldaten unter den schweren Lasten des Nachschubs keuchend über die Decks hasten, die Rollen der an den Rahen provisorisch angeschlagenen Ladetakel quietschend Fässer und Säcke von Schiff zu Schiff wuchten, die Kanoniere die verschlissenen Brooktaue und Takel an ihren Geschützen auswechseln, treffen sich die Befehlshaber der nun vollständigen Flotte in der Admiralskajüte der A RK R OYAL .
Die Anspannung, der fehlende Schlaf, die schwere Last der Verantwortung der letzten Woche haben auf den Gesichtern ihre deutlichen Spuren hinterlassen: rot entzündete, tief in die Höhlen gesunkene Augen, fahle, fleckige Haut, stumpfes Haar, struppige Bärte. Doch wie um diesen Eindruck bewußt zu widerlegen, erscheinen die Kapitäne und Kommandanten in ihren prächtigsten Kleidern, Harnischen, Mänteln und Hüten, lassen Federn wippen und Juwelen glitzern. Ein kurzes Pochen des Lordadmirals auf den Kartentisch schafft Ruhe:
»Mylords, Sirs, Gentlemen, dies ist, so hoffe ich, die letzte Kapitänsbesprechung dieser Kampagne. Angesichts der Lage steht uns die Entscheidungsschlacht bevor!
Zu unserer Situation: Wie wir alle wissen, ging die spanische Armada am Samstag gegen 5 Uhr nachmittag auf der offenen Reede vor Calais vor Anker, um die Invasionstruppen des Herzogs von Parma an Bord zu nehmen. Lord Seymour, Eure Schiffe haben das Geschehen hier am Ausgang des Kanals seit dem Auftauchen der Armada ständig beobachtet. Wir erwarten Euren genauen Bericht!«
Lord Henry Seymour erhebt sich, mustert die Anwesenden mit einem langen Blick aus seinen kalten Fischaugen, bevor er mit klarer, fester Stimme beginnt:
»Erstens: Der königliche Statthalter der Niederlande, Alexandro Farnese, Herzog von Parma und Plasencia, gilt zu recht als einer der größten Feldherren Europas. Er verfügt derzeit über ein Truppenaufgebot von 6000 Spaniern, 8000 Deutschen, 7000 Wallonen, 3000 Italienern, 1000 Iren und 16 Kompanien zu Pferd, insgesamt also 35 000 Mann.
Zweitens: Fast die gesamte niederländische Küste mit den ihr vorgelagerten Sandbänken ist zu flach für die großen spanischen Galeonen, Karacken, Galeassen und Urkas.
Drittens: Der Herzog von Parma verfugt nur über einen einzigen Hafen mit genügender Größe und Wassertiefe, Antwerpen, der jedoch von den aufständischen protestantischen Seegeusen blockiert wird.
Viertens: Der Herzog von Parma hat zwar in den zahlreichen Kanälen des Landes Lastkähne bereitstellen lassen, die seine Truppen zu den Schiffen der Armada übersetzen sollen. Die Kähne taugen zur Not für diesen Transport, doch die Schiffe sind so niedrig, daß sie von vier unserer Beiboote auf den Meeresboden geschickt werden könnten. Sie können kaum einen ordentlichen Regenguß überstehen, geschweige einen Sturm. Zudem wird die Einschiffung der Truppen mindestens eine Woche brauchen.
Fünftens: Mangels eines günstigen Hafens in den spanischen Niederlanden muß der Herzog von Medina Sidonia seine Armada nun auf der Reede von Calais ankern lassen, wo sie ungeschützt den Unbillen der Witterung ausgesetzt ist.
Sechstens: Calais ist französisch, der nächste niederländische Hafen, Dünkirchen, liegt 20 Meilen nordöstlich. Der Herzog von Parma wird seine Truppen, so er sie gegen den Widerstand der Geusen überhaupt aus den Kanälen herausbringt, über französisches Territorium führen müssen, um die Schiffe des Herzogs von Medina Sidonia zu erreichen.
Siebtens: Da der Herzog von Parma ein hervorragender Feldherr ist, hat er bereits im Frühjahr und Frühsommer mit zunehmender Dringlichkeit Madrid von diesem Invasionsplan abgeraten.
Achtens: Die Verbindung und Informationslage zwischen dem Herzog von Parma und dem Herzog von Medina Sidonia ist denkbar schlecht. So erfuhr der Herzog von Parma erst vom Kommen der Armada zu dem Zeitpunkt, als diese bereits in den Kanal einlief.
Neuntens: Nach glaubhaften Agentenberichten ist der Zustand auf den spanischen Schiffen
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