Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Titel: Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes K. Soyener , Wolfram zu Mondfeld
Vom Netzwerk:
schief über aufgefetzten Stückpforten, hinter denen keine feindlichen Kanonen mehr lauern. Die bunt bemalten Bordwände sind rußgeschwärzt. Die elegant geschwungene und geschnitzte Heckgalerie ist nur noch ein wirres Durcheinander von zertrümmerten Balken und zersplitterten Hölzern. In den Schanzkleidern klaffen breite Lücken, die Halbdeckreling ist auf gut 15 Fuß Länge verschwunden. Die Fockstenge samt der Fockmarsrah und der Mars sind heruntergeschossen. Großmars- und Focksegel sind nur mehr wild im Wind flatternde Lumpen. Groß- und Besansegel sind mit hundert Durchschüssen und Rissen übersät. Vom Bonaventurmast ragt noch ein knapp mannshoher, zersplitterter Stumpf in die Höhe. Das Tauwerk hängt in wirren Fetzen, Blöcke pendeln wie gefährliche Klöppel an den Rahnocken. Die Decks sind übersät mit Toten, Sterbenden und Verwundeten, zwischen denen die Überlebenden wie Gespenster umherwanken. Aus den Speigatten rinnt es rot die Bordwand hinab – Blut.
    Doch über dem zerrissenen, zerschlagenen, zerhackten Schiffskörper flattert unbeirrt die spanische Flagge. Unbeirrt und stolz wie das Häuflein spanischer Offiziere neben dem Besanmast auf dem Kampanjedeck in ihren rußblinden Harnischen.
    Lord Henry Seymour winkt zu unserer Großmars hinauf. Ich folge mit dem Blick seinem Wink.
    Dort oben steht, den Schild in der Linken, den Degen in der Rechten, Brute Brown, einer der jungen Freiwilligen der R AINBOW .
    »Hört mir zu, Ihr Spanier!« ruft er zur S AN F ELIPE hinüber. »Ihr habt tapfer gekämpft! Aber Euer Schiff ist ein Wrack, Eure Batterien sind zerstört. Wir bieten Euch ehrenvolle Übergabe an! Kein Mann, der sich ergibt, soll verletzt oder beleidigt werden! Lord Seymour garantiert Euch freies Geleit zurück in Eure Heimat! Streicht die Flagge!«
    Ich sehe einen der spanischen Offiziere einem Arkebusier winken. Der reißt das schwere Gewehr hoch. Der Schuß peitscht. Brute Brown wird zurückgeschleudert, sackt an der Marsreling zusammen.
    »Verdammter Schweinehund!« schreit einer der walisischen Schützen neben mir. Der fast mannshohe Bogen schwingt hoch, die Sehne schwirrt. Noch fliegt der Pfeil, als ich die Bogensehne wieder schwirren höre – und wieder.
    Einen Herzschlag später nageln die drei Pfeile den spanischen Offizier, der den Befehl zu dem Schuß gegeben hat, durch Schulter, Brust und Hals an den Besanmast.
    »Ergebt Euch in Ehren!« ruft jetzt Lord Seymour selbst zur S AN F ELIPE hinüber.
    Ein wütendes Feuer aus Arkebusen und Relingsgeschützen ist die Antwort. Kugeln klatschen vor und neben uns in Schanzkleid und Deck. Die Spanier versuchen, Enterhaken auf unser Schiff herüberzuschleudern.
    Eine Breitseite der R AINBOW brüllt los.
    »Abhalten und wieder auf 50 Yards«, befiehlt Seymour dem Rudergänger.
    »Feiglinge! Lutherische Schlappschwänze! Kommt und stellt Euch wie Männer!« schallt es uns von der S AN F ELIPE in ohnmächtiger Wut hinterher.
    Ich sehe die Geschützführer gespannt zu uns heraufschauen in der Erwartung des Zeichens zum Weiterfeuern.
    »Wieviel Kugeln haben wir noch?«
    »Fünf Breitseiten«, meldet der Batterieführer des Großdecks, der soeben keuchend aus dem Niedergang heraufhastet. Lord Henry Seymour beißt sich auf die Lippen:
    »Die fünf Breitseiten noch, und die S AN F ELIPE wäre weg!« Doch dann schüttelt der Lord den Kopf. »Sie ist auch so erledigt. Sehen wir, wo wir unsere letzten Kugeln sinnvoller plazieren können.«

    Im Kampfgewühl war die Zeit wie eingefroren gewesen. Jetzt erst bemerke ich, daß es Nachmittag geworden ist und der Wind erneut fast zu Sturmstärke aufgefrischt hat. Wir sehen uns um, halten Ausschau nach einem lohnenden Opfer.
    Ein Stück vor uns treibt der Halbmond der Armada auf Ostkurs scheinbar unaufhaltsam auf die Sandbänke vor der flandrischen Küste zu.
    »Herr im Himmel, laß sie alle zusammen dort auflaufen!« wünscht sich Richard Laine, der Bootsmann inbrünstig, obwohl die Untiefen auch uns bald gefährlich werden könnten.
    Hinter dem Halbmond erkennen wir eine Reihe spanischer Schiffe:
    Die S AN M ATEO , die mit Sir William Winters V ANGUARD gekämpft hatte, sieht ebenso schlimm aus wie die S AN F ELIPE .
    Die S AN M ARCOS , derer sich mein Freund Lord Cumberland mit seiner E LIZABETH B ONAVENTURE angenommen hatte, schleppt sich mit zerschmettertem Fockmast schwer angeschlagen davon.
    Die L A M ARIA J UAN ist nur noch ein treibendes, gefährlich tief im Wasser liegendes, entmastetes Wrack.
    Don

Weitere Kostenlose Bücher