Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)
nachgeschleppten Beiboot zu retten versuchten.
»Verdammt! Ich sollte jetzt dort vorne das Kommando auf der B ARK B OND fuhren und nicht John!« bricht es aus dem Kapitän hervor.
»Macht Euch keine Vorwürfe, Kapitän Poole«, versucht ihn Seymour zu beschwichtigen. »Ihr habt getan, was Ihr tun konntet. Wenn die Männer in die Boote gehen, dann wärt Ihr ihnen mit Eurem steifen Bein nur eine Last.«
»Ich weiß«, murrt William Poole. »Und trotzdem …«
Ein Schrei vom Bug unterbricht ihn:
»Da!«
In der Mitte der vor uns segelnden Branderreihe glüht es rot auf. Dann rechts. Und dann auch links. Erste Flämmchen züngeln aus den geöffneten Stückpforten der acht Schiffe, die mit geschwellten Unter- und Marssegeln auf die Spanier zuhalten. Dann schlägt eine Lohe aus der Ladeluke eines der Schiffe empor, züngelt an den Masten hinauf. Ein rot-goldener Schein breitet sich auf dem Wasser aus. Schemenhaft sehe ich Männer über Bord in die Beiboote klettern.
Wie eine Feuerwand treiben die Brander auf die ankernde Armada zu. Da und dort geht rauschend ein Segel in Flammen auf, doch das verzögert die Fahrt kaum. Das Pulver der geladenen Kanonen entzündet sich von der Hitze. Schüsse knallen über die Reede. Schwarzer Qualm wälzt sich träge auf die spanischen Schiffe zu, die jetzt vom Feuerschein hell angestrahlt vor uns liegen.
Nach den ersten langen, sehr langen Minuten wird es auf den Schiffen des Herzogs von Medina Sidonia lebendig. Kleine Boote versuchen an die brennenden Schiffe heranzukommen, die Enterhaken festzuwerfen und sie nach der Seite wegzuschleppen. Auf zwei, drei Galeonen beginnen die Kanonen zu donnern, in dem Bemühen, die Brander zu versenken, ehe sie ihnen zu nahe kommen. Doch die Mehrzahl der spanischen Schiffe läßt einfach die Anker slippen oder kappt die Ankertaue, setzt in fliegender Eile Segel und stiebt panikartig in alle Richtungen auseinander.
Die Erinnerung an die Katastrophe von Antwerpen treibt auch die tapfersten Kapitäne der Dons in kopflose Flucht. Galeassen mühen sich mit wild peitschenden Riemen, aus der Gefahrenzone zu entfliehen. Schwerfällige Urkas geraten zwischen die Kampfgeschwader, zwingen die Galeonen mit knallenden Segeln und flatternden Schoten zu abrupten Kurswechseln, wendige Patachen schneiden schwerfälligen Karacken rücksichtslos den Weg ab. Weg, nur weg von den entsetzlichen Höllenbrennern!
Mitten in dem chaotischen Gewühl erkennen wir die S AN M ARTÍN , auf der sich Sidonia verzweifelt mit Signalen bemüht, die Ordnung seiner Armada nicht vollends zerbrechen zu lassen. Doch es sind nur die S ANTA A NA , die S AN J UAN vom kastilischen Geschwader, die S AN M ARCOS und die S AN M ATEO , die den Signalen zu folgen bereit sind. Der Rest der unüberwindlichen Armada flieht in die Nacht hinaus; die uneinnehmbare Halbmond-Festung ist zerschlagen.
Mit wildem Jubel begleiten unsere Männer das Geschehen. Die Matrosen und viele Kanoniere sind in die Wanten geklettert, schreien begeistert, schwenken ihre Hüte und Mützen. Trommeln dröhnen, Trompeten schmettern, auf dem Großdeck der R AINBOW beginnt ein Dudelsack quäkend, einen lustigen Hornpipe zu spielen.
Ein einzelner Kanonenschuß der A RK R OYAL gibt uns das Zeichen zum Angriff. Die Segel werden getrimmt, und unsere sechs kampfbereiten Geschwader nehmen die Jagd hinter dem fliehenden Feind auf.
Als sich das erste Morgenlicht mühsam gegen Sturmwolken und Regenschauer durchsetzt und sich die Sicht bessert, wird uns erst in vollem Umfang deutlich, wie wirkungsvoll der Branderangriff gewesen ist: Von der riesigen schwimmenden Festung der Spanier sind nur noch sechs Schiffe in unserer Nähe zu sehen: die S AN M ARTÍN des Herzogs von Medina Sidonia mit ihren vier Begleitschiffen und das Flaggschiff der Galeassen, die S AN L ORENZO unter Hugo de Moneada, das sich mühsam und offenbar mit beschädigtem Steuerruder Richtung Calais schleppt. Der Rest der Spanier liegt weit verstreut voraus, ist teilweise bereits hinter der Kimm verschwunden. Während wir uns, geführt von Drakes Geschwader, auf die Galeonen stürzen, dreht die A RK R OYAL ab, um der S AN L ORENZO den Rest zu geben.
Wie sich ein Falke auf eine Lerche stürzt, so fliegt die R EVENGE unter vollen Segeln rauschend auf die S AN M ARTÍN ZU . Keine 100 Yards mehr von dem feindlichen Flaggschiff entfernt luvt die R EVENGE an. Eine Breitseite Eisen kracht in die Bordwände der S AN M ARTÍN . Die Arkebusiere und Bogenschützen
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