Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)
Doch kaum hatten wir uns wieder gesetzt und ich begonnen, die Schwierigkeiten in Krakau zu erläutern, als mich Marx Fugger streng unterbrach:
»Herr Davido, ich, das Haus Habsburg, die Welt schulden Euch höchsten Dank. Doch ein Fugger wird sich nie an einem Mordanschlag beteiligen! Die Ehre verlangt, daß dieser Bube nach Recht und Gesetz vor ein Gericht gestellt, abgeurteilt und öffentlich hingerichtet wird! Nicht Dolch und Gift sondern nur Rad und Strick des Henkers dürfen dieser Bestie das angemessene Ende bereiten! Ich werde Euch Männer und Geldmittel zur Verfügung stellen, damit Ihr diesen Adam Dreyling gefangennehmen und hierher nach Schwaz bringen könnt. Hier, wo dieses Ungeheuer seine Untaten begann, da soll es auch sein Ende finden! So ist es, und so wird es sein, so wahr ich Marx Fugger heiße.«
Mir fuhr der Schreck in die Glieder. Niemand und am wenigsten England konnte daran gelegen sein, alle Einzelheiten aus Dreylings Leben ausgebreitet zu sehen.
»Haltet Ihr es wirklich für klug«, wendete ich daher vorsichtig ein, »in aller Breite und aller Öffentlichkeit alle Taten dieses Menschen vor einem Malefizgericht ausbreiten zu lassen? Bedenkt, daß hochgestellte Persönlichkeiten und Staaten …«
Ein schlaues Funkeln trat in die Augen Fuggers, während er sich bedächtig über seinen langen Patriarchenbart strich:
»Nicht ein Malefizgericht wird über ihn urteilen. Er wird sich vor dem Berggericht verantworten müssen. Nicht über sein Leben, nur über seine Taten Anno ’74 wird gerichtet werden, Taten, die bis heute Unruhe unter meinen Bergknappen geschaffen haben. Sein Tod wird jedem Knappen vor Augen führen, daß man sich nicht ungestraft gegen die göttlich-menschliche Ordnung erheben kann, daß auch nach fast zwanzig Jahren der Arm eines Fuggers Aufrührer zu erreichen und zu zermalmen weiß! Sorgt Euch nicht um das Gerichtsverfahren, Herr Davido. Das Urteil über Adam Dreyling ist schon gesprochen!«
Und dann donnerte Herr Marx nochmals los:
»Einem Fugger wirft man nicht ungestraft die Fensterscheiben ein!«
September bis Dezember 1589
Am 1. September waren wir zurück in Leutschau und quartierten uns in einem Landhaus etwas außerhalb der Stadt ein, das uns dank eines Briefes von Marx Fugger sein Geschäftspartner und Freund, der mächtige ungarische Magnat Frantisek Thurzo, zur Verfügung stellte. Das Haus hatte einen doppelten Vorteil. Zum einen konnte ich hier meine Streitmacht samt Pferden und Gepäck mühelos unterbringen. Dreizehn Mann umfaßte sie nun, neben Richard Bell und Gael up Rhys zehn handfeste Tiroler unter dem Kommando des Fronboten Nicklas Findler. Von dem dumpf brutalen, dem Alkohol allzu ergebenen Fronboten war ich zwar wenig begeistert, doch vielleicht gerade wegen dieser Eigenschaften hatte ihn Marx Fugger als einen seiner zuverlässigsten Leute bezeichnet. Der andere Vorzug dieses Hauses bestand darin, daß kaum jemand unser Kommen und Gehen bemerkte, so auch nicht unsere regelmäßigen Ausflüge nach Krakau, die wir einzeln oder in kleinen Gruppen unternahmen, um nach Möglichkeiten zu fahnden, Adam Dreyling in unsere Gewalt zu bringen.
Die nächsten drei Monate waren zermürbend. Zwar hatte ich nun keine Probleme mehr mit Männern und Geld, doch die Aufgabe war weit schwieriger geworden, galt es doch nicht mehr nur ein Attentat, sondern eine Entführung durchzuführen. Natürlich hätte ich nicht gezögert, auch entgegen dem Wunsch Fuggers, zuzustoßen, hätte sich eine brauchbare Gelegenheit für einen schnellen Dolchstich oder Pistolenschuß ergeben. Doch so, wie Dreyling von seinen Södermanländern abgeschirmt wurde, bot sich nicht einmal hierzu eine Möglichkeit.
Dafür mußten wir die raschen Fortschritte beim Ausbau der neuen Gießerei beobachten, mußten tatenlos zusehen, wie bereits Brennholz und Kupfer, Lehm, Pferdepisse und Zinn, Eisen und sonstiges angeliefert wurde und in den umgebauten Lagerhallen verschwand, erblickten zähneknirschend die Rauchwolken beim ersten Probeheizen aus den Schornsteinen der neu errichteten Flammöfen in den Himmel wirbeln, mußten hilflos erleben, wie im Oktober die Formerei ihre Arbeit aufnahm, und in ohnmächtiger Wut hören, daß der erste Guß für kommenden Januar angesetzt war.
Anfang Dezember waren wir schließlich der Verzweiflung nahe, und nur der sture Gehorsam Findlers seinem Herrn gegenüber verhinderte, daß die Tiroler unverrichteter Dinge abzogen.
Am 6. Dezember, dem Nikolaustag, blitzte ein
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