Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)
William. Wenn du noch etwas zu sagen hast, dann sage es schnell!«
»Sprechen deine Schweden Englisch?«
»Nein.«
Ich holte tief Luft und begann:
»Ysabel, glaube mir, ich bin nicht deinetwegen hier …«
Sie schnitt mir das Wort ab:
»Ich weiß. Du bist hier wegen Adam«, und dann kam es Schlag auf Schlag. »Du bist hier, um Adam zu töten. Und du bist zu mir gekommen, weil du hoffst, ich würde dir dabei helfen. Du hoffst es, weil ich alles getan, alles gegeben habe für ihn und er zum Dank die kleine, alberne Montelupich geheiratet hat. Du hoffst, daß meine Liebe in Haß umgeschlagen ist. Du hoffst, daß ich ihn dir ausliefere, weil du sonst niemals an ihn herankommen wirst. Das ist es doch, was dich zu mir geführt hat, William? Du und deine Leute schleichen schon seit dem Sommer hier herum – glaube nicht, Ihr wärt unbemerkt geblieben. Nein, William, du brauchst nicht zu erschrecken, weder Adam noch die Södermanländer noch die Dorfbewohner ahnen etwas. Aber ich habe Euch entdeckt und den richtigen Schluß daraus gezogen.«
Die ruhigen, scheinbar leidenschaftslosen Feststellungen Ysabels verschlugen mir den Atem.
»Es ist doch so, wie ich es sage?« bohrte Ysabel nach.
Ich konnte nur stumm nicken.
»Und jetzt kommst du nicht weiter, kommst an Adam nicht heran, hoffst auf meinen Haß.«
Wieder nickte ich.
Ysabel starrte mich aus schmal zusammengekniffenen Augen an:
»Adam liebt mich. Und er wird mich nie verlassen.«
Ich hole tief Luft und spiele meine letzte Trumpfkarte aus.
»Und was ist mir dem Kind?«
»Welchem Kind?«
»Dem Kind, welches Klementyna Dreyling von ihrem Gatten erwartet.«
Ysabel wurde kreidebleich. Sie sank auf ihrem Stuhl zusammen, stützte sich mit den Händen auf dem Schreibtisch ab. Ihr Atem ging schwer.
»Du lügst.«
»Dann fahr doch selbst nach Krakau und schau dir ihren dicken Bauch an.«
Um Ysabels Mund zuckte es.
»Hole den Rest deiner Leute nach Krakau.«
Ich atmete ganz langsam durch. »Heißt das, du wirst mir helfen, ihn unschädlich zu machen?«
»Vielleicht werde ich Euch in den nächsten Tagen einen Wink geben. Vielleicht werde ich diese Gelegenheit sogar selbst herbeiführen. Vielleicht werde ich es auch nicht tun. Vielleicht werde ich sogar die Södermanländer oder den König auf Euch aufmerksam machen …«
»Und wovon hängt dieses vielleicht oder vielleicht oder vielleicht ab?« fragte ich.
»Von nichts, was deinem Einfluß unterworfen wäre, mein lieber William. Geh jetzt. Rufe deine Leute und halte dich bereit. Noch vor Weihnachten, das verspreche ich dir, ist Adam in deiner Gewalt – oder du in der Gewalt der Polen …«
23. Dezember 1589
Aus der Deckung einer Baumgruppe heraus beobachte ich das Holzhaus in Mogilany.
Am späten Vormittag war der Schlitten vorgefahren, der übliche Trupp Södermanländer mit Hauptmann Sven Larsson an der Spitze wartete aufgesessen. Dreyling erschien in einen dichten Fuchspelzmantel gehüllt, gefolgt von Ysabel unter der Tür. Ein paar Worte, ein plötzliches Abwenden Ysabels, dann schwang sich Dreyling in den Schlitten. Die Pferde trabten an, in elegantem Schwung bog die Kavalkade auf die Straße nach Krakau ein.
Dreyling drehte sich nochmals um.
Ysabel war nicht mehr da. Das Portal ihres Hauses war geschlossen …
23. Dezember 1589
Als der Schlitten mit den Reitern außer Sicht war, eilte ich zum Haus. Ich klopfte. Im Haus rührte sich nichts, obwohl ich das sichere Gefühl hatte, durch eines der Fenster im oberen Stock beobachtet zu werden.
Dann fiel mein Blick auf die Eingangsstufe.
Links neben der Tür lag ein kleiner, zusammengefalteter Zettel. In den blutroten Siegellack, der ihn verschloß, war der Buchstabe ›W‹ eingekratzt.
Ich steckte das Papier ein und kehrte zu meinem Beobachtungsposten zurück. Im Schutz der Bäume erbrach ich das Siegel. Die Nachricht bestand aus einem einzigen Satz:
Heute abend am Jüdischen Tor.
23. Dezember 1589
Schon am Nachmittag hatten wir uns rings um das Jüdische Tor, den Eingang zur Judenstadt Kazimierz, und zwischen den Häusern davor an der Straße bis zur Weichselbrücke nach Krakau unaufällig verteilt.
Findler und Bell hatten nahe der Brücke in einem öffentlichen Stall ein paar Boxen gemietet und beschäftigten sich nun mit den Pferden – das beste Mittel, um die beiden Männer und unsere Reittiere außer Sicht zu halten. Gael up Rhys und einer der Tiroler hatten sich in ein endloses Gefeilsche mit einem jüdischen Kleiderhändler vertieft,
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