Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Titel: Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes K. Soyener , Wolfram zu Mondfeld
Vom Netzwerk:
Leiter dort hinaufführen.
    Mit einem Male wirkt diese Umgebung bedrohlich auf mich - besonders abstoßend die zwei riesigen, rußverschmierten, fettig glänzenden Öfen im westlichen Teil der Halle, von denen der eine, so schätze ich, einen Durchmesser von mindestens 50, der andere einen Durchmesser von 30 Schuh aufweist. Beide Öfen reichen etwa 13 Schuh direkt bis zum Beginn der hölzernen Dachkonstruktion hinauf. Von dort ab beginnen die aufgemauerten Kamine. Wie zwei schwarze fettgefressene Riesen ohne Gesicht hocken sie da, wobei ich mir die Kamine, die noch zirka 18 Schuh über das Dachhinausreichen, als deren Hälse vorstelle. Der Umfang der Hälse entspricht sicher der Gefräßigkeit an Heizmaterial. Mindestens 20 Schuh mißt der große Riese in der Höhe und 17 der kleine Bruder.
    »Das ist das Herz der gesamten Gießerei, meine zwei Flammöfen!« höre ich die Stimme meines Stiefonkels, die mich aus meinen Gedanken zurückholt. Sie klingt fast zärtlich.
    Er zeigt auf einen Punkt knapp über dem Boden, direkt an der Stirnseite des großen Flammofens, eine Einkerbung, wie ich sehe. Ja, es ist ein Spundloch, ähnlich wie bei einem großen Weinfaß:
    »An dieser Stelle, an diesem Abstichloch, stand vor 40 Jahren Kaiser Maximilian I. mit meinem Vater Gregor, als er einen Abstich mit dieser langen Eisenstange dort vornahm.«
    Stolz deutet er an die Wand seitlich von uns, an denen verschiedene Arbeitsgeräte aus Eisen hängen. Unübersehbar in der Mitte der Mauer eine Eisenstange, die auf einem ebenso langen Holzbrett befestigt ist.
    »Der Ofen für sich ist schon ein Kunstwerk. Wir haben die wichtigsten Mauerteile vor fünf Wochen wieder erneuert. Nur wer ihn selbst gebaut hat, versteht seine Funktion bis in die letzte Fuge hinein. Mein Bruder Elias, mein Vater – Gott hab’ ihn selig – und ich, nur wir allein kennen die Bauweise und alle Feinheiten, die es uns ermöglichen, in diesem Flammofen 24 Tonnen Bronze und mehr zu schmelzen.«
    »Vierundzwanzig Tonnen Bronze?« frage ich nach.
    »Vierundzwanzig Tonnen!« bestätigt Hans Christoph. »An diesem Ort wurde die wirksamste Artillerie für Karl V und Ferdinand I. geschaffen. Die beste Artillerie in Europa!« Dabei schlägt er seine rechte Faust in die linke geöffnete Hand. »Das war ein wesentliches Ziel meines Vaters. Er hat seine Pflicht erfüllt! Kein Gießer auf dieser Welt reicht an seinen Ruhm heran. Auch Jörg Endorfer, unweit von hier im oberen Gußhaus zu Hötting, mußte das anerkennen.
    Es sind die besten Kanonen geworden. Der Feind weiß es! Seine Niederlagen führt er auf unsere Kartaunen, Schlangen und Falkonen zurück, die ihn die Schlacht verlieren und ob seiner vielen Niederlagen verzweifeln lassen. Geboren werden die Rohre aus diesen Öfen vor dir.
    Und dennoch, Adam, der Flammofen dort ist nur ein kleiner Teil dessen, was den Erfolg unserer Kunst ausmacht.«
    Seine Gesichtszüge verraten mir, daß er »Ich glaube nur an mich selbst!« zu seinem Bekenntnis erhoben hat.
    Hans Christoph tritt überraschend nah an mich heran, legt seinen Arm auf meine Schulter, und sein Gesicht hellt sich dabei auf, als er ungewöhnlich leise, dafür um so eindringlicher mir zuraunt:
    »Die von zahlreichen Feinden bedrohte Erhaltung und Sicherung des habsburgischen Weltreiches war ohne meinen Vater, ist nun ohne mich und insgesamt ohne Löffler-Geschütze nicht möglich!«
    Seine Körperhaltung, sein gerader Blick sowie der Ausdruck seiner Sprache brennen mir die Bedeutung seiner Worte ins Gedächtnis.
    Wir beobachten, wie ein Mann, dessen Kleider bestaubt, dazu halb vom Feuer verbrannt und von den scheußlichen rußigen Dämpfen geschwärzt sind, oberhalb des Ofens, aber seitlich vom Kamin, fünf Stufen erklimmt, einen flach aufliegenden Heizschieber zur Seite nimmt, um Holz in langen Scheiten einzuwerfen, die er mühsam hereingeschleppt hat.
    Eine Flamme von mehreren Schuh Länge, dazu ein Schwall an Qualm schlägt ihm entgegen. Sein Kopf wäre geröstet, wäre er nicht rechtzeitig zur Seite gewichen.
    »Bartlme!«, brüllt mein Stiefonkel hinauf, was dem Mann gleich den Schrecken in die Glieder fahren läßt. »Brenn ihn durch, aber gleichmäßig. Nicht zu scharf! Die Luft drosseln – hast du gehört!«
    Ein Kopf mit dunkel umrahmten, tiefliegenden Augen nickt zu uns herunter, begleitet mit einem furchtsamen »Ja, Meister«.
    »Wenn die Mauern des Schachtes oder gar des Herdes nur einen Riß durch deine Unachtsamkeit bekommen, schick’ ich dich als

Weitere Kostenlose Bücher