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Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)

Titel: Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes K. Soyener , Wolfram zu Mondfeld
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starken Engel predigen mit großer Stimme: Wer ist würdig, das Buch aufzuthun, und seine Siegel zu brechen?
    Das Gelübde der Väter, damit hatte er seine Macht an mir, dem Machtlosen auslassen dürfen. Ob das gegenseitige Versprechen der Männer jemals abgegeben worden ist? Ich werde meinen Vater erst im Jenseits darüber befragen können, ob mein Onkel mir die Wahrheit sagte.
    »Du bist von gutem Stamm«, höre ich heute noch Hans Christophs Stimme in meinen Ohren. »Dein Vater ist im Paradies, schaffe ihm ein Denkmal, damit ein jeder sehen kann, daß er auch dort angekommen ist!«
    Ich werde das Grabepitaph erschaffen, werde es in Erz gießen und in der Liebfrauenkirche zu Schwaz aufstellen!
    Ob Hans Christoph je das Rätsel der Symbole, die im Epitaph versteckt sind, lösen wird? Die Geheime Offenbarung, Gott Vater mit dem Buch der Sieben Siegel.
    Von Kindheit an hatte mich die Apokalypse, die Geheime Offenbarung des Johannes, mehr fasziniert als alle anderen Bücher der Bibel. Als ich dazu die visionären Holzschnitte Albrecht Dürers sah, fiel meine Wahl auf das vierte Kapitel dieses Buches.
    Alexander Colin, der große Hofbildhauer der Erzherzöge und Kaiser, hat das Epitaph entworfen, mit seiner triumphbogenartigen Rahmenarchitektur über dem hohen Sockel, bekrönt von Totenkopf und Stundenglas und fackeltragenden Engeln nach dem Vorbild der Papstgräber des Andrea Sansovino in St. Maria del Popolo, wie er mir erzählte.
    Alexander Colins blutunterlaufene Augen fixieren mich nun über den schwereichenen Wirtshaustisch in einer ruhigen Ecke des S CHWARZEN A DLERS hinweg:
    »Die sieben Siegel – sie haben es Euch angetan, Dreyling …«
    Ich zucke etwas zusammen. Mitunter hat Colin einen fast hellsichtigen Blick, scheint mir unausgesprochene Gedanken hinter der Stirn hervorzuziehen.
    Die Tischplatte, teilweise sogar der Fußboden sind übersät mit Papieren, Papierfetzen, voll von Entwürfen, von Skizzen: Anatomieteile, Architekturelemente, Brunnenfiguren, Ornamentik, Portraits, mitunter bis zur Karikatur vereinfacht, Grabmäler, Wappen, sakrale Geräte. Seine linke Hand mit einem Blei, einer Kohle, einer Kreide ist ständig in Bewegung, zeichnet, skizziert auf jeden freien Schnipsel Papier, notfalls auf die Tischplatte. Sie scheint ein eigenes Leben zu haben, diese linke Hand, wie auch seine Rechte ein eigenes Leben zu haben scheint, die unerschütterlich den Weinbecher umklammert und ihn mit der Regelmäßigkeit eines Schöpfrades zum Mund hebt.
    Alexander Colin ist gut 50 Jahre. Auch wenn im Augenblick sein graues Haar wirr in die Lüfte steht, der Bart um den großen, etwas weichen Mund struppig, das Gesicht von der Hitze des Wirtshauses gerötet, die Halskrause zerdrückt, sein Wams voller Weinflecken ist, so ist er doch ein Herr – mag er auch noch so betrunken sein. In den dreieinhalb Jahren, die ich nun im Hause Löffler arbeite, und wo wir uns kennenlernten, habe ich ihn noch nie nüchtern erlebt.
    »Die sieben Siegel …«, nuschelt er in seiner etwas schleppenden Sprechweise mit dem niederländischen Akzent seiner Heimatstadt Mecheln. »Ihr möchtet sie schon öffnen, die sieben Siegel, Dreyling.«
    Ich nicke langsam:
    »Ja, das möchte ich wohl …«
    »Welche?«
    Alexander Colins Stimme ist plötzlich klar, fast scharf. Er beugt sich über den Tisch, der Weindunst seines Atems schlägt mir ins Gesicht:
    »Welche Siegel, Dreyling? Welche? Die kleinen oder die großen?«
    »Alle!«
    Alexander Colin läßt sich zurück auf seine Bank fallen, lacht leise:
    »Jeder Mensch hat seine sieben Siegel! Eure Siegel, Dreyling, definiert Ihr derzeit wohl so: Gewinnung des Erzes – Schmelze – Form - Formbrand – Schmelzofen – Metallmischung – Guß. Ist es so?«
    Ich nicke wiederum.
    Die Linke Colins zeichnet einen Ofen, einen der schwarzen Riesen aus dem Gußhaus zu Büchsenhausen, verwandelt ihn in eine Kathedrale, deren Portal mit einem mächtigen Siegel verschlossen ist.
    Mit der Rechten schüttet er aus dem schweren Krug Wein in seinen Becher – es tröpfelt spärlich. Colin linst in den Krug, winkt der Schankmagd.
    Ich greife nach meiner Geldkatze.
    »Nein«, knurrt Alexander Colin. »Ich hab’ Euch angeboten, den Entwurf umsonst zu machen, und das hätte Euch tatsächlich nur ein paar Krüge Wein gekostet. Für das Geld, das ich Euch jetzt abnehme, hättet Ihr einen ganzen See Wein kaufen können, und bei Gott, schlechter wäre der Entwurf um kein Haar geworden, um kein Jota und kein

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