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Der Meister und Margarita

Titel: Der Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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herein. In dem riesigen altertümlichen Kamin brannten trotz des heißen Frühlingstages Holzscheite. Dennoch war es kein bißchen heiß im Zimmer, eher im Gegenteil, eine Art Kellerfeuchtigkeit wehte dem Besucher entgegen. Vor dem Kamin hockte auf einem Tigerfell ein schwarzer Riesenkater und blinzelte stillzufrieden ins Feuer. Ein Tisch stand da, bei dessen Anblick der gottesfürchtige Kantinenwirt zusammenzuckte: er war mit Kirchenbrokat bedeckt. Auf dem Brokattuch standen viele Flaschen, bauchig, voller Staub und Schimmel. Zwischen den Flaschen funkelte eine Schüssel und man sah sofort, daß sie aus purem Gold war. Vor dem Kamin stand ein kleiner rothaariger Mann mit einem Messer im Gürtel und briet an einem langen Stahldegen Fleischstücke, von denen Saft ins Feuer tropfte und Rauch in die Esse zog. Es roch nicht nur nach dem Gebratenen, sondern auch nach einem aufdringlichen Parfüm und nach Weihrauch, so daß dem Kantinenwirt, der aus der Zeitung die Umstände von Berlioz' Tod und dessen Adresse kannte, der Gedanke kam, ob man hier am Ende für ihn eine Totenmesse zelebriert habe, ein Gedanke, den er jedoch als absurd von sich wies. Plötzlich vernahm der verdatterte Kantinenwirt eine Baßstimme:
    "Nun, womit kann ich Ihnen dienen?"
    Im Schatten entdeckte der Kantinenwirt den Mann, den er suchte.
    Der Schwarze Magier lag auf einem ausladenden niedrigen Diwan voller Kissen. Der Kantinenwirt gewann den Eindruck, daß der Artist nur mit schwarzer Wäsche und spitzen schwarzen Schuhen bekleidet war.
    "Ich bin", begann der Kantinenwirt bitter, "der Leiter der Kantine im Varietetheater ..."
    Der Artist, als wolle er dem Kantinenwirt die Lippen verschließen, streckte die Hand aus, an der edle Steine funkelten, dann sagte er sehr energisch:
    "Nein, nein, nein! Kein Wort weiter! Unter keinen Umständen und niemals werde ich in Ihrer Kantine etwas in den Mund nehmen! Gestern, mein Verehrtester, bin ich an Ihrer Theke vorbeigegangen und sehe noch jetzt den Stör und den Schafkäse vor mir! Teurer Freund! Schafkäse darf nicht grün sein, da hat man Sie betrogen. Weiß muß er sein. Na, und der Tee? Das war doch Spülwasser! Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie eine Schlampe einen Eimer klares Wasser in Ihren riesigen Samowar gegossen hat, aber der Tee wurde weiterhin ausgeschenkt. Nein, mein Lieber, so geht das nicht!"
    "Entschuldigung", sagte der von dem plötzlichen Angriff überrumpelte Andrej Fokitsch, "ich bin nicht deshalb gekommen, und der Stör hat damit gar nichts zu tun ..." "Was heißt, er hat damit nichts zu tun, wenn er verdorben war!" "Der Stör wurde im zweiten Frischegrad geliefert", teilte der Kantinenwirt mit. "Das ist Blödsinn, Verehrtester!" "Was ist Blödsinn?"
    "Zweiter Frischegrad, das ist Blödsinn! Es gibt nur einen Frischegrad, den ersten, und der ist zugleich der letzte. Wenn der Stör von zweitem Frischegrad war, heißt das, er war verfault." "Entschuldigung", begann der Kantinenwirt, der nicht wußte, wie den Nörgeleien des Artisten zu entrinnen sei. "Ich kann es nicht entschuldigen", sagte der Magier fest. "Ich bin doch nicht deshalb gekommen", sagte der Kantinenwirt verstört.
    "Nicht deshalb?" wunderte sich der ausländische Magier. "Was kann Sie denn sonst zu mir geführt haben? Wenn mich meine Erinnerung nicht im Stich läßt, habe ich nie Menschen Ihres Berufs gekannt außer einer Marketenderin, aber das ist schon lange her, da waren Sie noch gar nicht auf der Welt. Im übrigen freue ich mich. Asasello! Einen Hocker für den Herrn Kantinenwirt!"
    Der Mann, der das Fleisch briet, drehte sich um, entsetzte den Kantinenwirt mit seinem Hauer und reichte ihm geschickt einen der dunklen Eichenhocker. Andere Sitzgelegenheiten gab es im Zimmer nicht.
    "Gehorsamsten Dank", brachte der Kantinenwirt heraus und ließ sich auf dem Hocker nieder. Da brach krachend das hintere Bein ab, der Kantinenwirt stieß einen Wehlaut aus und landete mit dem Hinterteil sehr unsanft auf dem Fußboden. Im Fallen riß er mit dem Fuß einen anderen Hocker um, der vor ihm stand, und eine volle Schale Rotwein ergoß sich über seine Hosen.
    "O weh! Haben Sie sich verletzt?" rief der Artist. Asasello half dem Kantinenwirt auf und reichte ihm einen anderen Sitz. Mit trauriger Stimme lehnte der Kantinenwirt den Vorschlag des Hausherrn ab, die Hosen auszuziehen und sie am Feuer zu trocknen. Vorsichtig setzte er sich auf den anderen Hocker und fühlte sich in seinen durchnäßten Sachen unsagbar unbehaglich.
    "Ich

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