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Der Meister und Margarita

Titel: Der Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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bildeten sich krachend Löcher mit sternartigen Rissen. Kalkstaub wallte, die verbrauchten Patronenhülsen prasselten zu Boden, die Fensterscheiben zerklirrten, aus dem durchschossenen Primuskocher spritzte Benzin. Jetzt konnte keine Rede mehr davon sein, den Kater lebendig zu fangen, und die Männer eröffneten mit ihren Mausern ein rasendes und treffsicheres Feuer auf Kopf, Bauch, Brust und Rücken der Bestie. Das Feuergefecht rief auf dem asphaltierten Hof eine Panik hervor. Aber das Feuergefecht dauerte nicht lange und hörte von selbst wieder auf. Es fügte närnlich weder dem Kater noch den Männern auch nur den geringsten Schaden zu. Niemand wurde verwundet, geschweige denn getötet. Alle, auch der Kater, blieben völlig unversehrt. Einer der Männer, um sich endgültig davon zu überzeugen, schoß fünf Kugeln auf den Kopf der verwunschenen Bestie ab, und als Antwort feuerte der Kater ein ganzes Magazin leer, doch es hatte keinerlei Wirkung. Der Kater schaukelte sich im Lüster, dessen Schwünge immer kleiner wurden, pustete in die Browningmündung und spuckte sich auf die Pfote. Auf den Gesichtern der Männer, die schweigend unten standen, lag ein Ausdruck völliger Verständnislosigkeit. Es war der einzige oder einer der ganz wenigen Fälle, wo eine Schießerei gänzlich wirkungslos blieb. Man durfte natürlich vermuten, daß der Browning des Katers ein Scherzartikel sei, doch von den Mausern der Kriminalisten konnte man das nun nicht sagen. Die erste Wunde des Katers, an der es keinen Zweifel gab, war nichts als ein Trick und gemeine Verstellung gewesen, ebenso das Benzintrinken.
    Es wurde noch ein Versuch gemacht, des Katers habhaft zu werden. Man warf die Fangleine, sie verhakte sich an einer der Kerzen, und der Leuchter riß ab. Sein Sturz schien das ganze Gebäude zu erschüttern, aber Nutzen brachte das mitnichten. Die Männer wurden mit Splittern überschüttet, der Kater flog durch die Luft und ließ sich dicht unter der Decke auf dem Goldrahmen des Kaminspiegels nieder. Er zeigte keine Absicht zu entweichen, saß im Gegenteil vergleichsweise sicher dort und hielt noch eine Ansprache:
    "Ich bin außerstande, zu begreifen, warum man derart brüsk mit mir umgeht..."
    Seine Rede wurde gleich zu Beginn von einer tiefen Baßstimme unterbrochen, die aus unbekannter Richtung sagte: "Was geht in der Wohnung vor? Man stört mich bei der Arbeit. .." Eine andere, unangenehme Näselstimme antwortete: "Das ist natürlich wieder Behemoth, daß ihn der Teufel hole!" Eine dritte Stimme sagte klirrend:
    "Messere, es ist Sonnabend. Die Sonne neigt sich. Für uns wird es Zeit."
    "Entschuldigen Sie mich, ich kann nicht länger mit Ihnen plauschen", sagte der Kater vom Spiegel herab, "für uns wird es Zeit." Er schleuderte seinen Browning und zerwarf mit ihm die Fensterscheiben. Dann ließ er etwas Benzin niederschwappen, das Benzin entzündete sich von selbst, und eine Flammenwoge stieg bis zur Decke.
    Die Flammen schlugen so schnell und so mächtig empor, wie es nicht einmal bei Benzin zu sein pflegt. Sofort qualmten die Tapeten, die herabgerissene Gardine am Fußboden loderte auf, und die Rahmen des zerschlagenen Fensters begannen zu glimmen. Der Kater krümmte sich federnd zusammen, miaute, setzte vom Spiegel hinüber aufs Fensterbrett und schlüpfte mitsamt seinem Primuskocher hinaus. Draußen krachten Schüsse. Der Mann, der in Höhe der Juwelierswitwenfenster auf der eisernen Feuerleiter hockte, nahm den Kater unter Beschuß, als dieser über die Fensterbretter zur Regenrinne in der Ecke des Hauses turnte, das, wie erwähnt, als offenes Rechteck gebaut war. An der Regenrinne klomm er zum Dach hinauf.
    Dort beschossen ihn, leider ebenfalls ergebnislos, die Männer, die die Schlote bewachten, und der Kater verschwand in der untergehenden Sonne, deren Licht die Stadt überflutete. In der Wohnung flammte unterdes das Parkett zu Füßen der Männer auf, und im Feuer erschien an der Stelle, wo der Kater mit der vorgetäuschten Wunde gelegen hatte, zuerst als undeutliches Gebilde, dann immer mehr sich verdichtend, der Leichnam des ehemaligen Barons Maigel mit hochgerecktem Kinn und gläsernen Augen. Ihn zu bergen war nicht mehr möglich. Über die brennenden Parkettäfelchen hüpfend und sich mit den Händen auf die qualmenden Schultern und auf die Brust schlagend, retirierten die Männer aus dem Salon ins Arbeitszimmer und in die Diele. Die im Eßzimmer und im Schlafzimmer gewesen waren, flüchteten durch den Korridor.

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